Wenn es Tag wird auf der Partymeile
Zwischen Moritzplatz und Ulrichskirche wird nachts kräftig gefeiert. Tagsüber kehrt Ruhe ein – zu viel für den Geschmack der Händler. Sie haben Ideen, wie das Viertel belebt werden könnte
Zwischen Rathaus- und Moritzplatz zeigt sich die Augsburger Maximilianstraße von ihrer besten Seite. Sie ist belebt, Busse und Straßenbahnen fahren im kurzen Minutentakt, die Geschäfte und Cafés sind gut besucht. An schönen Tagen ist an den Tischen der Außengastronomie kaum ein freier Platz zu bekommen. Großstadt eben.
Doch bereits zwischen Moritzplatz und Herkulesbrunnen geht es deutlich ruhiger zu. Der öffentliche Nahverkehr, mit einem Knotenpunkt am Moritzplatz, orientiert sich Richtung Rathausplatz. Im mittleren Bereich der Maximilianstraße rund um das Steigenberger Hotel Drei Mohren haben sich zwar hochwertige Geschäfte angesiedelt und das Restaurant Picnic hat noch einmal zur Belebung beigetragen, doch ab dem Herkulesbrunnen bis zum Ulrichsplatz ist es tagsüber auffallend ruhig. Die obere Maximilianstraße, einschließlich Ulrichsplatz, wirkt wie ein sehr schöner, aber ruhiger „Nebenarm“des großstädtischen Teils.
Der öffentliche Nahverkehr findet hier kaum noch statt. Am Ulrichsplatz halten lediglich die Buslinien 32 und 94. Ein paar Leute steigen aus und ein. In der Pause sind Schüler der Berufsschule 3 und des Holbein-Gymnasiums unterwegs, um sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Autofahrer rumpeln über das Kopfsteinpflaster und wissen nichts von Tempo 20, die Parkplatzsuche ist zeitaufwendig, und eine leere Straßenbahn rückt ein in das Depot. Die kleine Touristengruppe aus Asien fotografiert, lacht, fremdelt aber mit dem gastronomischen Angebot.
Doch nachts fremdelt hier niemand mehr. Dann bietet sich ein anderes Bild in der oberen Maximilianstraße. Wenn die Clubs öffnen und die Tagesgeschäfte geschlossen sind, gerät auch dieser Teil der Maximilianstraße in den Fokus der Öffentlichkeit. Meist negativ: Polizeieinsätze wegen Schlägereien, Alkoholexzesse und unangenehme Hinterlassenschaften der Nachtschwärmer, die von den Geschäftsinhabern morgens beseitigt werden müssen.
„Das macht viel Arbeit, bringt aber nichts ein, sagt Rada Bugheanu von der Bar Sevenfive, dem ehemaligen Corso, das 1986 eröffnet wurde. Wenn das Nachtleben beginnt, schließt er seine Bar. Dann ist sozusagen Schichtwechsel in der Maxstraße. „Die Wochenenden sind geschäftlich gut, aber von Montag bis Donnerstag hat hier jeder Gastronom zu kämpfen. Wir gehören ja zur Innenstadt und wir haben den gleichen Satz bei der Besteuerung wie die Cafés vorn am Rathausplatz“, sagt Rada Bugheanu.
Auffällig ist auch eine unterschiedliche Außenbestuhlung in der Maximilianstraße. Während im Picnic die Stühle an der Hauswand stehen, muss die Außenbewirtung im Sevenfive und selbst im Steigenberger Hotel vier Meter von der Wand entfernt stehen. Das Einzelhandelsentwicklungskonzept der Stadt Augsburg aus dem Jahr 2016 erwähnt die Maximilianstraße nur in ihrer Zentrallage, Passantenfrequenzzahlen zu den verschiedenen Abschnitten der Maximilianstraße fehlen. Stephan Mayr von der Wirtschaftsförderung Augsburg teilte aber auf Nachfrage mit, dass diese Zählungen in den nächsten Jahren nachgeholt werden sollen.
1989 eröffnete Thomas Pohl seine Schmuckgalerie in der Maximilianstraße 83. Sein Geschäft hat sich bis heute gehalten, auch, weil er viele von außen bekommt. So ist er nicht allein auf das Ladengeschäft angewiesen. Er beklagt ebenfalls die Nachtszene in der Maximilianstraße. „Das ist kein Leben und auch kein Feiern, sondern ein sinnloses Durcheinander in der Stadt.“
Cafés und Restaurants mit Außenbewirtung, sagt er, würden zur Tagesbelebung beitragen, so wie man es zwischen Moritzplatz und Herkulesbrunnen sehen kann. „Die Stadt hat ja mit den neuen Bürgersteigen und der veränderten Parksituation einiges angeschoben und es ist einladender geworden. Auch sind mehr Touristen hier zu sehen. Vielleicht ist es ein langfristiger Prozess?“Dass die wirtschaftlichen Zahlen etwas rückläufig sind, hat eher etwas mit seinem Metier zu tun, in dem er arbeitet, weniger mit der Lage. Schmuck ist zurzeit nicht so nachgefragt, sagt Thomas Pohl.
Karin Dichtl vom Toto-LottoGeschäft weiß Ähnliches über den Zeitschriften- und Zeitungsverkauf zu erzählen, der stark rückläufig ist. „Die Leute lesen mehr im Internet“, sagt sie. Sie steht seit 42 Jahren in ihrem kleinen Laden und hat Generationen kommen und gehen sehen. Auch sie würde sich mehr Cafés mit Außenbewirtung wünschen. „Es sind aber mehr Touristen in der Straße unterwegs“, stellt auch sie fest. Antiquitätenhändler Christoph Gabler ist seit 1973 in der Maximilianstraße ansässig. Er bietet seine Antiquitäten in drei Räumen an. Als Händler alter Möbel ist er bestens vernetzt, um seine Geschäfte abzuwickeln. Laufkundschaft betritt sein Geschäft eher selten. Zudem machen ihm die Parkraumüberwacher zu schaffen, die seine Kunden immer wieder aufschreiben.
Nach der Neugestaltung der Maximilianstraße ist das Parken in seiner Einfahrt nicht mehr möglich. Damit seine Kunden nicht verärgert sind, gibt er ihnen schon einmal das Geld für die Knöllchen. So macht es auch Ahmad Miandji, der das TepAufträge pichgeschäft Miandji betreibt. Parken und reibungsloser Geschäftsbetrieb scheinen in der Maximilianstraße nicht selbstverständlich zu sein. Auch Miandji, der sein Geschäft 1987 eröffnete, könnte von der Laufkundschaft nicht leben. Er ist Schwabens einziger von der Handelskammer anerkannter Restaurator für Teppiche, wie er sagt.
Auch bei Teppichen ist der Kunde heute anders orientiert als noch vor zehn Jahren. Doch die obere Maximilianstraße wird trendiger. Mittlerweile gibt es einen Pop-UpStore, ein Tattoo-Studio, das Moms-Table-Restaurant bietet veganes Essen und das „Wohnzimmer“hat Möbel im Angebot. Die kleine Bäckerei Jakob ist über die Jahre Treffpunkt und Informationsbörse vieler Menschen geworden, die in der oberen Maximilianstraße tagsüber zu tun haben. Vielleicht hat Thomas Pohl recht und die Belebung der oberen Maximilianstraße ist einfach ein langfristiger Prozess.