Donalds Trumps verhängnisvolle Affäre
Wegen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar wird gegen den Anwalt des Präsidenten ermittelt. Eine FBI-Razzia zeigt: Die Lage ist ernst
Washington Donald Trumps Wutausbruch liefert Stoff für die Geschichtsbücher. Zehn Minuten lang wetterte der US-Präsident vor laufenden Kameras über die morgendliche Razzia des FBI in den Räumlichkeiten seines persönlichen Anwalts Michael Cohen. Das richterlich abgesegnete Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Cohen sei ein „Einbruch“und „ein Anschlag auf unser Land“. Neben ihm blickten im Kabinettssaal des Weißen Hauses mehrere Generäle betreten vor sich hin, die zu einer Dringlichkeitssitzung über die Reaktion auf den Chemiewaffenangriff in Syrien gekommen waren. Während Trump nicht ein einziges Mal Syrien erwähnte, gebrauchte er mit Blick auf das FBI sieben Mal den Begriff der „Schande“. Generalbundesanwalt Jeff Sessions und Sonderermittler Robert Mueller veranstalteten eine „Hexenjagd“gegen ihn, klagte der Präsident.
Als ein Reporter gezielt nachhakt, ob er daran denke, Mueller zu feuern, antwortet Trump in gewohnter Manier. Viele hätten ihm dazu geraten. „Wir werden sehen, was passiert.“Dass die Razzia den Präsidenten mehr als eine Reaktion auf die Zuspitzung des Konflikts in Syrien beschäftigt, können manche Beobachter durchaus nachvollziehen: „Dieser Durchsuchungsbefehl ist ungefähr so, als hätte jemand eine Bombe auf seine Veranda geworfen“, erklärt die frühere Bundesanwältin Joyce White Vance in der
Washington Post. Denn kaum jemand weiß mehr über Trump als Michael Cohen, der sein Büro lange Jahre direkt neben dem seines Chefs im Trump-Tower hatte. Cohen ist so etwas wie ein Tresor aus Fleisch und Blut, dem Trump seine Geheimnisse anvertraut. Von den Geschäftsabschlüssen über seine persönlichen Affären bis hin zu den politischen Ambitionen.
Wegen seiner Nähe zu Trump wird der 51-jährige Anwalt mal als „Aufräumer“, mal als sein „Pitbull“oder auch als „sechstes Kind“bezeichnet. Er gilt als loyal bis zur Selbstverleugnung. „Wenn jemand etwas macht, das Herrn Trump nicht gefällt“, erläuterte er vor Jahren einmal sein Selbstverständnis, „dann unternehme ich alles Erdenkliche, die Angelegenheit zugunsten von Herrn Trump zu lösen.“
Alles Erdenkliche sind notfalls Einschüchterungen gegen die freie Presse, Schweigegeld-Zahlungen wie im Fall des Pornostars Stormy Daniels oder geheime Treffen und Arrangements in den Graubereichen von Politik und Geschäft. Einige dieser Methoden haben Cohen nun selber massive Probleme eingetragen. In jedem Fall müssen die Vorwürfe erheblich sein, sonst hätten die New Yorker Staatsanwälte nach Ansicht von Experten niemals einen richterlichen Durchsuchungsbefehl für das New Yorker Büro des Anwalts im Rockefeller Center und sein Hotelzimmer an der Park Avenue erhalten. Weil es sich um den Anwalt des Präsidenten handelte, bedurfte es darüber hinaus ausdrücklich der Zustimmung des Jus- tizministeriums und eines von Trump eingesetzten Bundesanwalts für den Bezirk Manhattan.
Sonderermittler Mueller hat mit den Durchsuchungen zwar direkt nichts zu tun, kann aber später auf die Ergebnisse der Kollegen zugreifen. Unmittelbarer Auslöser dürfte die 130000 Dollar SchweigegeldZahlung auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs an Stormy Daniels gewesen sein. Die Justiz hat offenbar nicht nur den Verdacht, dass es sich um eine unzulässige Wahlkampfspende handelt, obwohl schon dies in den USA schwer wiegt. Die Washington Post berichtet unter Berufung auf drei Quellen, die Ermittlungen gingen deutlich darüber hinaus. Gegen Cohen werde nicht nur wegen illegaler Wahlkampffinanzierung, sondern auch des Verdachts auf Steuer- und Bankbetrugs ermittelt. So sehen es auch andere Analysten. „Stormy war nur die Spitze des Eisbergs“, sagte ein Insider.
Cohen nahm im Wahlkampf an jeder wichtigen internen Besprechung teil, soll sich im Sommer des Wahljahres in Prag mit russischen Agenten getroffen haben – was er bestreitet – und spielte eine Rolle bei dem Versuch des Geschäftsmanns Felix Sater, im November 2015 einen Trump Tower in Moskau zu vermitteln. Cohen wandte sich im Januar 2016 mit einem Hilfsgesuch direkt an das Büro Wladimir Putins. „Wenn Anwälte einen Anwalt brauchen, sieht es gewöhnlich nicht gut aus“, betonte der JuraProfessor Randall Eliason, ein ausgewiesener Experte für derlei Verfahren. Wenn dies auch noch mit einer Razzia verbunden sei, „ist das ein wirklich schlechtes Zeichen“.
Ein bizarrer Wutausbruch im Weißen Haus