Für mehr Zusammenhalt im Unterricht
Am Therapiezentrum Ziegelhof in Stadtbergen startet ein Projekt für Inklusionsklassen. Betreut wird das Vorhaben von der Stiftung Bunter Kreis und der Universität Augsburg. Wie es den Kindern im Unterricht helfen soll
Mit geschlossenen Augen tastet sich ein Mädchen barfuß über Kieselsteine, Rindenmulch und Moos. Es überquert den Barfußpfad am Therapiezentrum Ziegelhof in Stadtbergen und klammert sich dabei mit der rechten Hand fest an seinen Mitschüler, der es den Pfad entlangführt. Die beiden Kinder gehören zu einer Inklusionsklasse, die am Dienstag einen besonderen Schultag erlebte. Denn es war der erste Tag des Förderprojektes „Inklusion Klasse erlebt“.
Das Projekt ist ein Modellvorhaben der Stiftung Bunter Kreis und des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Augsburg. Horst Erhardt, Geschäftsführer der Stiftung, erklärt das Konzept: „Wir wollen prüfen, wie man Inklusion besser umsetzen kann und unsere Ergebnisse an die Lehrer weitergeben.“Aus der Stadt Augsburg machen zehn Klassen bei „Inklusion Klasse erlebt“mit. Das Projekt ist für drei Jahre angelegt, im Mai startet die Ausschreibung fürs nächste Schuljahr. Dann sollen auch die Landkreisschulen teilnehmen können.
Jede Klasse verbringt drei Praxistage am Ziegelhof. Das Programm gestalten Lehramtsstudenten, die als Didaktikfach Sport belegen. Martin Scholz ist an der Uni Augsburg Studiengangleiter für Sport im Lehramt und betreut das begleitende Seminar zu dem Projekt. „Die Praxiserfah- rung ist sehr wichtig für die Studierenden. Sie können viele nützliche Erfahrungen für später mitnehmen.“
Den ersten Projekttag der Klasse 2B der Grundschule Augsburg-Inningen leiten die Studentinnen Rebekka Engel, Sabrina Lang und Deborah Metzlaff. Sie studieren Lehramt für Grundschule und Mittelschule. Deborah Metzlaff sagt: „Ge- rade im Fach Sport ist es wichtig für uns, zu lernen, wie wir Kinder mit Handicap in den Unterricht besser einbeziehen können. Wir haben gemerkt, dass man so vieles machen kann, an das man im ersten Moment gar nicht denkt.“Die drei Studentinnen haben sich für den ersten Tag ein Motto überlegt: Fühlen und Tasten. Dazu gehen sie mit den Kindern über den Barfußpfad und durchsuchen mit ihnen den angrenzenden Wald nach Gegenständen aus der Natur. Es ist eine Win-winSituation. Sowohl die Studenten als auch die Kinder der Inklusionsklassen profitieren von dem Projekt.
Für die Praxistage mit der 2B haben die Studentinnen zuerst in ihrem Seminar ein pädagogisches Konzept ausgearbeitet. Anschließend haben sie sich an die Lehrerin der 2B, Concetta Crestani, gewandt. Die Lehrkräfte sollen für die Vorbereitungen eng miteinbezogen werden und bestimmte Ziele vorgeben, die ihre Klassen im laufenden Schuljahr noch erreichen sollen. Concetta Crestani hat sich für die 2B vorgenommen, die Klassengemeinschaft und die Konzentrationsfähigkeit ihrer Schüler zu stärken. „Die Kinder meiner Inklusionsklasse sollen im Zuge der Projekttage noch mehr verstehen, dass jeder, der anders ist, so sein darf, wie er ist. Und auch für die Schüler mit Handicap ist es eine gute Möglichkeit, außerhalb des Unterrichts zu zeigen, wer sie sind und was sie können.“
Nicht nur für die Lehrerin Concetta Crestani ist Inklusion in ihrer Klasse wichtig, auch den drei Augsburger Studentinnen liegt das Thema am Herzen. Rebekka Engel sagt: „An der Universität gibt es nicht so viele Seminare dazu. Doch wir wollen schon jetzt Erfahrungen für den Beruf sammeln, um für die Situation nach dem Studium vorbereitet zu sein.“Denn für die Lehrkräfte ist der Unterricht in den Inklusionsklassen nicht einfach. Sie müssen einerseits die Kinder ohne Behinderung gezielt fördern, andererseits die Schüler mit Handicap möglichst gut einbinden. Martin Scholz ist sich dessen bewusst und sagt: „Wir wollen für die Lehrkräfte langfristig deshalb einen Methodenplan entwickeln, der ihnen in schwierigen Situationen im Klassenzimmer helfen kann.“