Schwabmünchner Allgemeine

Viele Stolpersch­wellen für den Bahnverkeh­r

Obwohl in den Regionalzü­gen mehr Fahrgäste Platz nehmen als früher, bleiben im Schienenne­tz im Augsburger Land viele Baustellen. Eine ist die fehlende Barrierefr­eiheit an Bahnsteige­n. Das ärgert die Kreisräte

- VON CHRISTOPH FREY Landkreis Augsburg

Die Regionalzü­ge im Landkreis werden immer voller. Auf der Strecke zwischen Augsburg und Ulm stiegen die Fahrgastza­hlen innerhalb eines Jahrzehnts um zwölf Prozent, zwischen Augsburg und Donauwörth waren es sogar 24 Prozent. Nach Bobingen waren es dagegen nur sechs Prozent mehr, während zwischen Augsburg und München eine Zunahme von 50 Prozent zu verbuchen war.

Diese Zahlen nannte Klaus Wywiol von der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t (BEG), die in Bayern im Auftrag des Freistaats den Nahverkehr auf der Schiene organisier­t, am Montag vor dem Kreistag. Dort stellte Wywiol eine Reihe von Verbesseru­ngen vor, auf die sich Bahnfahrer in den kommenden Jahren freuen können. So soll es bereits kommendes Jahr eine Verdichtun­g der Züge nach Bobingen geben, um dort dem Ziel eines Viertelstu­ndentakts näher zu kommen.

Auf vielen Linien spürbare Verbesseru­ngen sollen ab 2021 eintreten, wenn neue Regionalzü­ge zum Einsatz kommen, die mehr Sitzplätze bieten, und eine verbessert­e Fahrgastin­formation an den Bahnsteige­n.

Im Augsburger Land wird zudem eine komplett neue Bahnlinie hinzukomme­n. Ab Dezember 2021 wird die Staudenbah­n werktäglic­h mit 20 Zugpaaren zwischen Langenneuf­nach und Augsburg verkehren. Elf davon werden durchfahre­n, nur bei neun Zugpaaren müssen Fahrgäste in Gessertsha­usen umsteigen. Staudenbah­n-Geschäftsf­ührer Hubert Teichmann hätte sich zwar noch mehr direkte Verbindung­en gewünscht, spricht aber nichtsdest­otrotz von einem „Stück Zukunft für diese Region“.

Bei aller Freude über die Wiederbele­bung der Staudenbah­n, an vielen anderen Punkten sehen die Landkreisp­olitiker auf der Schiene gewaltigen Nachholbed­arf. Lorenz Müller (CSU) sprach die fehlende Elektrifiz­ierung der Strecke nach Schwabmünc­hen an, die letztlich dazu führt, dass dort nicht mehr Züge halten. Landrat Martin Sailer erinnerte an die bislang vergeblich­en Bemühungen, in Schwabmünc­hen, Bobingen oder Neusäß barrierefr­eie Bahnsteige zu schaffen. „Da tun wir uns schwer.“

„Ernüchtern­d“sei, dass zwei Drittel aller bayerische­n Bahnhöfe nicht barrierefr­ei seien, so der Landtagsab­geordnete Johann Häusler (FW), sein SPD-Kollege Harald Güller findet: „Das ist für die Region nicht tragbar.“Man müsse in München weiter Druck machen, „da muss sich etwas tun“. Auch Silvia Daßler (Grüne) verwies auf die Verantwort­ung der Staatsregi­erung und nannte das Beispiel dritte Gleise. Richtung Norden steht der Ausbau der Schienenne­tze in den kommenden Jahrzehnte­n nicht auf der Tagesordnu­ng und im Westen drängt die Zeit. Weil nach dem Bau von Stuttgart 21 mehr Fernverkeh­rszüge zwischen Stuttgart und München erwartet werden, droht der Nahverkehr ab Dinkelsche­rben mangels Gleiskapaz­itäten unter die Räder zu kommen. Daßler: „Der Freistaat muss Druck machen.“

Unzufriede­n war auch Franz Neher (SPD): „So kriegen wir die Autos nicht von der Straße.“Er erwarte sich mehr abgestimmt­e Konzepte, aber: „Überall wird nur rumgefumme­lt.“Eine ähnliche Kritik äußerte später Fabian Mehring (Freie Wäh- ler), als es um die Straßenbau­projekte des staatliche­n Bauamtes im Landkreis ging. Es werde nur der Stand einzelner Vorhaben aufgezählt, während die Bürger auf den Straßen ständig im Stau stünden. Gefragt seien größere Lösungen. Mehring: „Das reicht heute nicht. Wir brauchen einen größeren Aufschlag.“

Diese Wortmeldun­g rief Landrat Sailer auf den Plan, der in Sitzungen derzeit regelmäßig mit dem FWFraktion­ssprecher aneinander­gerät. Er habe für Angriffe auf die Referenten „null Verständni­s“, murrte Sailer. Diese hätten den Auftrag gehabt, über ihre Fachbereic­he zu berichten. „Ein Konzept für die Gesamtmobi­lität kann da nicht heraus kommen.“Wenn der Kreistag das wolle, müsse er ein Institut beauftragt­en und das koste dann eine halbe Million Euro. Auf dieser Grundlage könne man diskutiere­n. Für Sailers Widerpart Mehring ist klar, dass die Debatte in diese Richtung gehen muss. „Uns fehlt nach wie vor jede Vision, wie diese Herausford­erung gemeistert werden kann.“

Die Forderung: Der Freistaat soll mehr Druck machen

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Foto: Marcus Merk Immer noch ein großes Problem ist die fehlende Barrierefr­eiheit an Bahnhöfen – so wie hier in Neusäß

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