Viele Stolperschwellen für den Bahnverkehr
Obwohl in den Regionalzügen mehr Fahrgäste Platz nehmen als früher, bleiben im Schienennetz im Augsburger Land viele Baustellen. Eine ist die fehlende Barrierefreiheit an Bahnsteigen. Das ärgert die Kreisräte
Die Regionalzüge im Landkreis werden immer voller. Auf der Strecke zwischen Augsburg und Ulm stiegen die Fahrgastzahlen innerhalb eines Jahrzehnts um zwölf Prozent, zwischen Augsburg und Donauwörth waren es sogar 24 Prozent. Nach Bobingen waren es dagegen nur sechs Prozent mehr, während zwischen Augsburg und München eine Zunahme von 50 Prozent zu verbuchen war.
Diese Zahlen nannte Klaus Wywiol von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die in Bayern im Auftrag des Freistaats den Nahverkehr auf der Schiene organisiert, am Montag vor dem Kreistag. Dort stellte Wywiol eine Reihe von Verbesserungen vor, auf die sich Bahnfahrer in den kommenden Jahren freuen können. So soll es bereits kommendes Jahr eine Verdichtung der Züge nach Bobingen geben, um dort dem Ziel eines Viertelstundentakts näher zu kommen.
Auf vielen Linien spürbare Verbesserungen sollen ab 2021 eintreten, wenn neue Regionalzüge zum Einsatz kommen, die mehr Sitzplätze bieten, und eine verbesserte Fahrgastinformation an den Bahnsteigen.
Im Augsburger Land wird zudem eine komplett neue Bahnlinie hinzukommen. Ab Dezember 2021 wird die Staudenbahn werktäglich mit 20 Zugpaaren zwischen Langenneufnach und Augsburg verkehren. Elf davon werden durchfahren, nur bei neun Zugpaaren müssen Fahrgäste in Gessertshausen umsteigen. Staudenbahn-Geschäftsführer Hubert Teichmann hätte sich zwar noch mehr direkte Verbindungen gewünscht, spricht aber nichtsdestotrotz von einem „Stück Zukunft für diese Region“.
Bei aller Freude über die Wiederbelebung der Staudenbahn, an vielen anderen Punkten sehen die Landkreispolitiker auf der Schiene gewaltigen Nachholbedarf. Lorenz Müller (CSU) sprach die fehlende Elektrifizierung der Strecke nach Schwabmünchen an, die letztlich dazu führt, dass dort nicht mehr Züge halten. Landrat Martin Sailer erinnerte an die bislang vergeblichen Bemühungen, in Schwabmünchen, Bobingen oder Neusäß barrierefreie Bahnsteige zu schaffen. „Da tun wir uns schwer.“
„Ernüchternd“sei, dass zwei Drittel aller bayerischen Bahnhöfe nicht barrierefrei seien, so der Landtagsabgeordnete Johann Häusler (FW), sein SPD-Kollege Harald Güller findet: „Das ist für die Region nicht tragbar.“Man müsse in München weiter Druck machen, „da muss sich etwas tun“. Auch Silvia Daßler (Grüne) verwies auf die Verantwortung der Staatsregierung und nannte das Beispiel dritte Gleise. Richtung Norden steht der Ausbau der Schienennetze in den kommenden Jahrzehnten nicht auf der Tagesordnung und im Westen drängt die Zeit. Weil nach dem Bau von Stuttgart 21 mehr Fernverkehrszüge zwischen Stuttgart und München erwartet werden, droht der Nahverkehr ab Dinkelscherben mangels Gleiskapazitäten unter die Räder zu kommen. Daßler: „Der Freistaat muss Druck machen.“
Unzufrieden war auch Franz Neher (SPD): „So kriegen wir die Autos nicht von der Straße.“Er erwarte sich mehr abgestimmte Konzepte, aber: „Überall wird nur rumgefummelt.“Eine ähnliche Kritik äußerte später Fabian Mehring (Freie Wäh- ler), als es um die Straßenbauprojekte des staatlichen Bauamtes im Landkreis ging. Es werde nur der Stand einzelner Vorhaben aufgezählt, während die Bürger auf den Straßen ständig im Stau stünden. Gefragt seien größere Lösungen. Mehring: „Das reicht heute nicht. Wir brauchen einen größeren Aufschlag.“
Diese Wortmeldung rief Landrat Sailer auf den Plan, der in Sitzungen derzeit regelmäßig mit dem FWFraktionssprecher aneinandergerät. Er habe für Angriffe auf die Referenten „null Verständnis“, murrte Sailer. Diese hätten den Auftrag gehabt, über ihre Fachbereiche zu berichten. „Ein Konzept für die Gesamtmobilität kann da nicht heraus kommen.“Wenn der Kreistag das wolle, müsse er ein Institut beauftragten und das koste dann eine halbe Million Euro. Auf dieser Grundlage könne man diskutieren. Für Sailers Widerpart Mehring ist klar, dass die Debatte in diese Richtung gehen muss. „Uns fehlt nach wie vor jede Vision, wie diese Herausforderung gemeistert werden kann.“
Die Forderung: Der Freistaat soll mehr Druck machen