So stehen die Chancen für einen Plärrer Frühstart
Festwirte und Schausteller wünschen sich schon lange eine Eröffnung am Karsamstag. Bislang hieß es, dass die Kirchen strikt dagegen seien. Das stimmt nur teilweise, doch es gibt trotzdem einige Hürden
Die Aussichten sind gut für die letzten beiden Tage des Osterplärrers. Sonne und Temperaturen von jeweils an die 20 Grad sind für Augsburg vorhergesagt. Ein Wetter, wie es sich Schausteller wünschen. Ob ein anderer Wunsch in Erfüllung gehen wird, ist dagegen noch unklar. Die Schausteller und Festwirte sprechen sich dafür aus, den Beginn des Frühjahrsplärrers künftig vorzuverlegen – vom Ostersonntag auf den Nachmittag des Karsamstags.
Die Debatte um einen früheren Beginn des Volksfestes flammt zwar im Abstand von einigen Jahren immer wieder auf. Bislang wollte man sich bei der Stadt aber in der Regel nicht einmal auf eine Diskussion darüber einlassen. Hinter vorgehaltener Hand hieß es stets, beide Kirchen seien strikt dagegen. Doch dieses Mal könnte es sich etwas anders entwickeln. Denn auf Anfrage unserer Redaktion äußert sich das katholische Bistum nicht grundsätzlich ablehnend. Bistumssprecher KarlGeorg Michel sagt: „Gerne sind wir zu einem Gespräch mit den kommunalen Entscheidungsträgern oder auch mit den Schaustellern bereit, sollte es in dieser Frage irgendeinen Klärungsbedarf geben.“Allerdings sei die Diözese nicht für die Öffnungszeiten von Volksfesten zuständig. Die Entscheidung darüber liege bei der Kommune. Der Sprecher sagt, ihm sei keine offizielle Anfrage zu diesem Thema in den vergangenen Jahren bekannt.
Schausteller und Wirte argumentieren, dass am Karsamstag wohl viele Besucher das Angebot annehmen würden, wenn der Plärrer am Nachmittag öffnen würde. Da die Zelte vor allem an den Wochenenden ausgebucht seien und viele Interessierte nicht zum Zug kämen, sei auch deshalb ein zusätzlicher Tag sinnvoll, sagt „Schaller“-Wirt Dieter Held. Entscheiden müsste darüber wohl letztlich der Stadtrat.
Und politisch bewegt sich inzwischen etwas. Der CSU-Stadtrat und Marktpfleger Günter Göttling unterstützt die Idee, die Eröffnung auf den Karsamstag vorzuverlegen. Er sagt: „Wenn es in vielen anderen Städten, auch in Bayern, kein Problem ist, müsste das bei uns in Augsburg doch auch gehen.“Göttling kündigt an, er werde das Thema in der nächsten Sitzung des Allgemeinen Ausschusses des Stadtrats ansprechen. Während die katholische Kirche sich einem Plärrerstart am wohl nicht widersetzen würde, ist die Haltung der evangelischen Kirche dazu deutlich skeptischer. Die Tage von Karfreitag bis Ostern seien die höchsten christlichen Feiertage. Nach dem Karfreitag, an dem an das Sterben und Leiden Jesu gedacht wird, sei am Karsamstag „Raum für Abschiednehmen und Trauern“, teilt das evangelische Dekanat Augsburg auf Anfrage mit. Es gehe dabei um das Gedenken in Stille, „auch an die, die uns in unserem Leben fehlen“.
Dekanats-Sprecherin Irmgard Hoffmann sagt: „Unserer Auffassung nach tut es unserer Gesellschaft gut, wenn im öffentlichen Leben das ganze Spektrum des Menschseins sichtbar wird.“Deswegen setze sich die evangelische Kirche dafür ein, dass der Karsamstag ein stiller Tag bleibe und der Plärrer mit seiner Fröhlichkeit und Lebensfreude am Ostersonntag eröffnet werde. Auf Bedenken der Kirche würden die Schausteller eingehen, sichern sie zu. Josef Diebold, der Chef des schwäbischen Schaustellerverbands, sagt, er könne sich einen ruhigeren Plärrerstart am Karsamstag vorstellen, etwa mit gedämpfter Musik an den Attraktionen. Er sagt das wohl auch mit Blick auf die Gesetzeslage. Das Feiertagsgesetz erlaubt „öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen“nur dann, wenn der „entsprechende ernste Charakter“gewahrt werde. Ausnahmen sind möglich, aber nur aus „wichtigem Grund“– näher erläutert wird das nicht.
Leo Dietz ist Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands und sitzt für die CSU im Stadtrat. Auch er lehnt eine frühere PlärrerEröffnung nicht generell ab. Mit Blick auf die aktuelle Gesetzeslage sei das aber nicht ganz so einfach, meint er. Schließlich gelte in Klubs und Diskotheken am Karsamstag ein strenges Tanzverbot. Man müsse da zunächst zu einer „klaren Linie“finden, so Dietz. In Nürnberg ist allerdings auch das kein größeres Problem. Dort wird seit vielen Jahrzehnten am Karsamstag nachmittags das Volksfest eröffnet, mit einem Umzug. Später spielt im Festzelt eine Band. Die Diskotheken sind dagegen auch in Nürnberg dem Tanzverbot unterworfen.
Ein Argument von Schaustellern und Wirten ist auch, dass bei der Eröffnung des Osterplärrers am SonnKarsamstag tagmorgen stets nur wenige Besucher da sind. Sie gehen davon aus, dass der Zuspruch am Samstagnachmittag deutlich größer wäre. Üblicherweise übernimmt Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) den Fassanstich, dieses Jahr sprang Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD) für ihn ein. Ob der OB mit der Aussicht auf ein größeres Publikum zu locken wäre? Bislang scheint er, so ist zu hören, jedenfalls kein Freund einer Vorverlegung zu sein.
Einmal übrigens durfte der Plärrer schon an einem Karsamstag öffnen. Das war im Jahr 2003, zum 125. Jubiläum des Volksfestes. Damals spendeten die Schausteller Einnahmen in Höhe von 10000 Euro für den Wiederaufbau einer zerstörten Kinderklinik im Irak.
Ein Debattenstück zur Sicherheit auf dem Volksfest steht auf Was die Tracht mit Tradition zu tun hat, erklärt eine Kulturwissenschaftlerin im Interview auf
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