Franz Josef Pschierer und der kleine Unterschied
Über die ersten Tage des Mindelheimers als Wirtschaftsminister und was sein Aufstieg mit Rot und Grün zu tun hat
Den Dienstag, als er um 21.30 Uhr zum bayerischen Ministerpräsidenten gerufen wurde, wird Franz Josef Pschierer (CSU) nicht mehr vergessen. „Heuern oder feuern“– beides hätte eintreffen können. Doch bekanntlich hat sich Markus Söder für „heuern“entschieden und seinem früheren Staatssekretär das Amt des Wirtschaftsministers angeboten. Pschierer hat zugesagt – und sich als Vollblutmusiker sofort in die Arbeit gestürzt. Im Gespräch mit unserer Zeitung gibt er sich gelassen – und weiht auch in den feinen Unterschied zwischen Staatssekretär und Minister ein: Ein Staatssekretär unterzeichnet oder merkt mit einem roten Stift an, der Minister verwendet dafür einen grünen.
Dass Pschierer nun den roten gegen einen grünen Stift tauschen durfte, ist der Höhepunkt eines langen Weges, der 1994 mit der Wahl in den Landtag begonnen hat. Zuvor war er neben seiner Tätigkeit als Pressesprecher der Handwerkskammer beziehungsweise stellvertretender Chefredakteur der
als CSU-Ortsvorsitzender sowie Stadt- und Kreisrat in der Lokalpolitik aktiv. Weil wirtschaftspolitische Themen schon immer seine Leidenschaft waren, engagierte er sich da von Beginn. So wurde er schließlich 2003 Vorsitzender des Ausschusses für Wirt-
Handwerkszeitung
schaft, Infrastruktur, Verkehr und Technik. Danach erfolgte 2008 die Berufung zum Staatssekretär im Finanzministerium und zugleich zum IT-Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung. 2013 wechselte er als Staatssekretär ins Wirtschaftsministerium unter Ministerin Ilse Aigner. Und jetzt ist er ihr Nachfolger: bayerischer Wirtschaftsminister. Der erste Mindelheimer, der so weit aufgestiegen ist. Jetzt als Minister werde die Sache nicht einfacher, sagte der 61-Jährige.
Zumal er ohne Staatssekretär auskommen muss und deshalb die gesamte Last der Termine auf ihm allein lastet. Dennoch solle die Familie, also Ehefrau Marlies und die beiden Kinder, nicht noch mehr darunter leiden. „Unsere Zusammentreffen werden wir aber zwangsläufig auch des Öfteren nach München verlagern“, meinte Pschierer weiter. Dies könne gelingen, da die beiden Kinder in München studieren und wohnen. Man werde sich, wenn es sich machen lasse, dann eben mit der ganzen Familie in der Landeshauptstadt treffen. Und noch zwei Dinge will er auf keinen Fall aufgeben: Da ist einmal sein Ehrenamt als Präsident des Allgäu-Schwäbischen Musikbundes (ASM). Denn mit der Blasmusik ist er seit der Jugendzeit in Bedernau verbunden. Doch Franz Josef Pschierer belässt es nicht nur bei der Theorie. Wenn es irgendwie geht, will er beim Bobo (Bezirksoldieblasorchester) mitspielen. So saß er zuletzt am Ostermontag bei einem Konzert dieses Orchesters in Bad Wörishofen auf der Bühne und spielte Posaune. Das ist die Zeit zum Abschalten und um neue Kraft zu tanken.
Ebenfalls nicht missen will er die geliebten Schafkopfnachmittage am Samstag im Mindelheimer Feuerwehrhaus. Und eines will er sich auch nicht nachsagen lassen: dass Politiker abgehoben sind. Eisern zog er nach der Bundestagswahl und dem Erstarken der AfD sogenannte Bürgersprechstunden durch, damit die Bürger sich auch trauen, ihre Meinung kundzutun. Diese Veranstaltungsreihe will er fortsetzen.
Aus diesen Gesprächen wisse er, wie sehr das Thema bezahlbare Mieten den Menschen auf den Nägeln brenne. Deshalb müsse man sich fragen, ob alle in den vergangenen Jahren entstandenen Vorschriften zum Thema Bauen notwendig waren – und nicht nur verteuernd.
Auf den Einwand, Bayern brauche doch eigentlich mit diesen Arbeitslosenzahlen gar keinen Wirtschaftsminister, lachte Pschierer und wurde dann ernst: Deutschland dürfe sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen.
In der Region wolle er sich für den Tourismus als weiteres Standbein einsetzen. Aus seiner Sicht sollte sich der Freistaat am Allgäu Airport als Gesellschafter beteiligen. Schließlich sei Memmingen dritter bayerischer Verkehrsflughafen.