VW spaltet Traditionskonzern MAN auf
Möglicher Börsengang der Lkw-Sparte ohne Diesel & Turbo
Der Traditionskonzern MAN steht vor einer Zäsur. Das Unternehmen wird aufgespalten. Wenn Volkswagen die Lkw-Sparte mit Marken wie MAN und Scania in den nächsten Monaten fit für einen möglichen Börsengang macht, wird MAN Diesel & Turbo nicht dazugehören. Das berichtete der Chef der Lkw-Sparte, Andreas Renschler, am Montag. Für MAN Diesel & Turbo arbeiten rund 4000 Beschäftigte in Augsburg, die Kraftwerksund Schiffsmotoren herstellen.
Die Lkw-Sparte soll binnen zwölf Monaten „kapitalmarktfähig“sein, sagte Renschler. Und fügte an: „Diesel & Turbo wird nicht Teil der Kapitalmarktfähigkeit sein.“Gleiches gelte für die Augsburger Tochter Renk, die Getriebe zum Beispiel für Schiffe oder Panzerfahrzeuge herstellt. „Wir werden uns auf Lkw konzentrieren“, betonte Renschler.
MAN Diesel & Turbo soll künftig VW unterstellt werden, sagte Renschler weiter. Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer (CSU) berichtete, ihm sei versichert worden, dass es „keine aktuellen Verkaufsabsichten für die Maschinenbaubereiche“gebe. Das sagte eine Sprecherin unserer Zeitung.
Weshalb MAN aufgespalten werden soll und wie man in Augsburg auf die Entscheidung reagiert, lesen Sie auf der
In der Vergangenheit erschien der MAN-Konzern Beobachtern von außen häufig als schwer zu fassen. Denn die Bereiche, in denen MAN aktiv ist, sind vielfältig. Zum einen produziert die Tochter „Truck & Bus“in München Lastwagen. Zum anderen stellt MAN mit dem Unternehmen „Diesel & Turbo“in Augsburg und an anderen Standorten Schiffs- und Kraftwerksmotoren her. Dazu gibt es die Tochter Renk, die ebenfalls in Augsburg Großgetriebe fertigt, welche in Schiffen oder Panzerfahrzeugen zum Beispiel der Bundeswehr eingesetzt werden. Passt dies alles unter ein Dach? Und vor allem passt dies zu Volkswagen, zu dessen Konzern MAN gehört? Diese Fragen haben Fachleute häufig diskutiert. Jetzt steht tatsächlich ein großer Umbau vor der Tür. Überraschend hat VW eben erst den Wechsel an der Konzernspitze bekannt gegeben. Auf Matthias Müller folgt Herbert Diess. Nun soll der Konzern umgebaut werden. Dies trifft auch MAN. Und damit die Sparte Diesel & Turbo, bei der konzernweit rund 14300 Mitarbeiter beschäftigt sind, davon rund 4000 in Augsburg.
Andreas Renschler war am Montag voller Energie, als er die Pläne im Hotel „Vier Jahreszeiten“in der Münchner Maximilianstraße vorstellte. Renschler leitet die LkwSparte von Volkswagen. Das erst 2015 geschaffene Unternehmen „Volkswagen Truck & Bus“bündelt die Lkw-Marken MAN, Scania und die Tochter in Lateinamerika. Eine der Hauptnachrichten von Renschler an diesem Tag: Die LkwSparte soll binnen zwölf Monaten „kapitalmarktfähig“sein, wie er sagte. Das heißt, dass sie zum Beispiel fit für einen möglichen Börsengang gemacht wird.
Ob die Lkw-Sparte am Ende wirklich an die Börse geht, ließ Renschler ein Stück weit offen. „Ein Börsengang ist nur eine Option, man kann auch eine Anleihe ausgeben oder zu einer Bank gehen“, erklärte er. Sicher aber ist, wie von Renschler auf Nachfrage zu erfahren war, dass die Schiffs- und Kraftwerksmotoren-Sparte Diesel & Turbo wie auch der Getriebehersteller Renk nicht zu dem Prozess gehören werden.
„Wir wollen uns voll auf das Lkw-Geschäft konzentrieren“, führte Renschler aus. Die LkwMarken aus dem VW-Konzern sollen ihre Kräfte bündeln. Die Kooperation der Lkw-Hersteller MAN und Scania, die lange Jahre nicht immer reibungslos funktionierte, soll vorangetrieben werden. Zum Beispiel entwickelt die Gruppe einen neuen, gemeinsamen Antriebsstrang. Ziel sei es, wie Renschler in München betonte, ein „globaler Champion“in der Branche zu werden. Bereits heute sei die VW Truck & Bus-Gruppe führend in ihren Kernmärkten. Der Marktanteil in Deutschland betrage über 35 Prozent, in Europa sind es fast 30 Prozent. Seit der Bündelung der LkwMarken MAN und Scania unter dem Dach von VW Truck & Bus 2015 sei zudem der Umsatz um 16,8 Prozent gestiegen und das betriebliche Ergebnis vor Sondereinflüssen um 61,5 Prozent. Diese Entwicklung will Renschler nun stärken, indem er VW Truck & Bus fit für zum Beispiel die Börse macht. Dazu soll die derzeitige GmbH erst in eine Aktiengesellschaft (AG), dann in eine europäische Aktiengesellschaft (SE) umgewandelt werden.
Die Lkw-Sparte soll also gestärkt und mit neuen Ideen in die Zukunft preschen. Das ist die Nachricht für den Kapitalmarkt. Nur: Die Großmotoren von Diesel & Turbo „passen nicht in diese Story“, wie Renschler selbst sagte. Was aber passiert dann?
„Diesel & Turbo wird außerhalb unserer Gruppe sein“, erklärte Renschler. „Wir unterstellen es Volkswagen“, fügte er an. Nun könnte man weiter überlegen, wie gut die Maschinenbau-Sparte zum Autobauer VW passt. Käme auch hier ein Verkauf oder ein Börsengang ist Spiel? Dies alles ist natürlich erst einmal Spekulation. Renschler winkte am Montag jedenfalls ab: „Diesel & Turbo wird nicht verkauft“, sagte er.
Dies deckt sich mit den Erkenntnissen von Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer: Ihm sei versichert worden, dass es „keine aktuellen Verkaufsabsichten für die Maschinenbaubereiche“gebe, sagte eine Sprecherin des Ministeriums unserer Zeitung. Unabhängig davon wolle der CSU-Politiker mit den Verantwortlichen von MAN und VW Gespräche suchen, um neben dem Nutzfahrzeugbereich auch die Zukunftsfähigkeit des Maschinenbaubereichs sicherzustellen.
Beruhigt reagierte gestern auch Michael Leppek, Chef der IG Metall Augsburg – auch mit Blick auf die Zukunft von MAN Diesel & Turbo. „Wir begrüßen die Entscheidung“, sagte er. „Wir fühlen uns wohl bei VW und es gibt keinen Grund, daran zu rütteln“, fügte Leppek an, der auch Aufsichtsrat bei Diesel & Turbo ist. Seiner Ansicht nach könnte Diesel & Turbo gerade in
Vorerst wohl kein Verkauf von Diesel & Turbo
der Kraftwerks- und Hybridtechnologie Lösungen bieten, die auch für Volkswagen interessant sind – zum Beispiel, wenn es um Batterietechnologie, die Energiespeicherung oder die Energieversorgung neuer Fabriken gehe. „Wir wollen ein aktiver Teil von VW sein und nicht als bloße Finanzbeteiligung gesehen werden“, betonte Leppek. Er forderte deshalb für MAN Diesel & Turbo „eine aktive Unterstützung durch die VW-Geschäftsführung“. Als Vorteil sieht er es, dass sowohl Lkw-Spartenchef Andreas Renschler als auch der neue VW-Personalchef Gunnar Kilian im Aufsichtsrat von Diesel & Turbo sitzen.
Ähnlich sieht die Einschätzung zum Getriebehersteller Renk mit rund 1100 Mitarbeitern in Augsburg aus. „Wir fühlen uns gut aufgehoben im VW-Konzern, es gibt nichts, was uns Sorgen machte müsste“, sagte Renk-Aufsichtsrat und IGMetall-Geschäftsführer Roberto Armellini. Er baut darauf, dass es von der Arbeitnehmerseite im VWAufsichtsrat keine Zustimmung zu einem Verkauf von Renk gebe.