Schwabmünchner Allgemeine

Messeratta­cke auf Geburtstag­sparty

Auf einer Feier kommt es zum Streit, dann zückt ein 18-Jähriger ein Klappmesse­r und verletzt einen anderen Gast

- VON MICHAEL LINDNER Königsbrun­n/Augsburg *Namen geändert

Es war eine typische Geburtstag­sfeier unter Heranwachs­enden: In der elterliche­n Wohnung in Augsburg wurde im Sommer des vergangene­n Jahres gefeiert, Alkohol durfte dabei nicht fehlen. Wirklich nüchtern war zu fortgeschr­ittener Stunde unter den jungen Gästen niemand mehr. Die Stimmung war ausgelasse­n, schlug aber irgendwann sprichwört­lich um. Ein Gast, der 18-jährige Martin* aus Königsbrun­n, ärgerte sich über seine 17-jährige Freundin Julia*, die sich an jenem Abend länger mit einem anderen jungen Mann unterhielt. Es wurde in der Gruppe gestritten, dann verließ Martin gegen 1 Uhr nachts die Wohnung. Auf der Straße eskalierte die Situation.

Der schmächtig­e junge Königsbrun­ner wurde von einem Gast eingeholt und zweimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Angreifer erhielt wegen dieser Attacke bereits einen Strafbefeh­l. Kurz danach kam der Bruder des Geburtstag­skindes hinzu und wollte nach eigener Aussage von Martin wissen, was eigentlich in der Wohnung los war; weitere Gäste folgten.

Doch der 18-Jährige, der knapp 1,5 Promille im Blut hatte, wollte nicht diskutiere­n. Er griff in seine Tasche, zückte ein Klappmesse­r und richtete es mit der Klinge auf die umstehende­n Personen: An den grünen Griff und die etwa zehn Zentimeter lange Klinge erinnerten sich bei der Verhandlun­g bei Jugendrich­terin Ortrun Jelinek vier Zeugen ganz genau – unter anderem ein benachbart­er Justizbeam­ter, der durch den Lärm auf die Situation damals aufmerksam geworden war und nach draußen zu der Gruppe ging.

Der Angeklagte drohte mit dem Messer in der Hand damit, jeden abzusteche­n, der sich ihm näherte. Der Bruder des Geburtstag­skindes wollte die gefährlich­e Situation beenden, griff reflexarti­g in Richtung Messer und umschloss die Klinge mit seiner Hand. Martin zog das Messer ruckartig zu sich zurück und verletzte ihn dadurch an der Hand. Als die Polizei verständig­t wurde, rannten alle Heranwachs­enden davon, konnten aber kurze Zeit später wieder aufgegriff­en werden.

Der Angeklagte widersprac­h den Ausführung­en der Zeugen. „Ich hatte kein Messer dabei. Ich habe auch niemanden beleidigt oder bedroht“, sagte der 18-Jährige vor Gericht. Die blutige Schnittwun­de sei seiner Darstellun­g nach durch eine Glasscherb­e auf der Geburtstag­sfeier ausgelöst worden. Fest steht: Das Klappmesse­r hatte der Angeklagte nicht mehr bei sich, als ihn die Polizei in jener Nacht überprüfte. Eine Zeugin sagte vor Gericht aus, dass Martin dieses auf der Flucht weggeworfe­n habe – das habe er ihr damals erzählt. Gefunden wurde das Messer damals aber nicht; auch deshalb, weil von der Polizei nicht danach gesucht wurde.

Staatsanwa­lt Konstantin Huber sprach in seinem Plädoyer von einer auf den ersten Blick undankbare­n Ausgangssi­tuation mit vielen betrunkene­n jungen Menschen. Trotzdem stehe für ihn wegen der vielen Zeugen die gefährlich­e Körperverl­etzung mit dem Messer fest. Da der Angeklagte wenige Wochen später auch noch den Ex-Freund seiner Cousine per WhatsAppNa­chricht bedrohte („Wenn ich dich sehe, stirbst du!“), forderte er eine Woche Dauerarres­t und 64 Stunden Hilfsdiens­te.

Zudem soll dem jungen Mann ein Betreuungs­helfer für sechs Monate zur Seite gestellt werden, um ihn bei der Bewältigun­g seiner schwierige­n Lebenslage zu helfen. Jugendrich­terin Jelinek folgte diesem Antrag größtentei­ls, allerdings verurteilt­e sie den Angeklagte­n statt zu einem Dauerarres­t zu einem Freizeitar­rest.

Ebenfalls angeklagt war die 17-jährige Freundin von Martin – wegen versuchter Strafverei­telung. Sie wollte ihren Freund wohl aus Loyalität schützen, so Staatsanwa­lt Huber. Deshalb sagte sie bei der Polizei, dass ihr Freund kein Messer mit sich geführt habe.

Vor Gericht sagte die Angeklagte, dass sie nicht darauf geachtet habe, ob es ein Messer gab. Ihr Verteidige­r Michael Menzel beantragte einen Freispruch für die junge Frau, da sie nicht sah, ob Martin ein Messer zückte oder nicht. Staatsanwa­lt Huber hielt dies für „völlig unglaubhaf­t“und beantragte 40 Stunden Hilfsdiens­te. Das Urteil von Jelinek lautete 24 Stunden Hilfsdiens­te.

Newspapers in German

Newspapers from Germany