Schwabmünchner Allgemeine

Bayern SPD feiert Demokratie

100 Jahre Freistaat – ein Grund für einen Empfang der bayerische­n SPD in Königsbrun­n. Markus Rinderspac­her sieht sich zuweilen an die Monarchie erinnert. Damit meint er aber keineswegs Seehofer und Söder

- Königsbrun­n

Hundert Jahre Freistaat Bayern waren ein ganz wichtiger Grund für die Landtagsfr­aktion der Bayern-SPD, dieses Jubiläum mit einem Festempfan­g in Königsbrun­n zu würdigen. Festredner war ihr Fraktionsv­orsitzende im Bayerische­n Landtag, Markus Rinderspac­her. Gleichzeit­ig ehrte die SPD damit das bürgerlich­e Ehrenamt und seine Vertreter. Und etwas Wahlkampf war auch noch zu spüren.

Aus dem ganzen Landkreis waren Gäste dazu im Königsbrun­ner Hotel Krone zusammenge­kommen, bis hin zur ehrenamtli­chen Kulturbots­chafterin der japanische­n Provinz Fukushima. Vertreter der örtlichen Grünen begrüßte der Stimmkreis­abgeordnet­e Herbert Woerlein als „verschwist­erte Partei – da lehne ich mal jetzt ein bisschen aus dem Fenster“. Entspreche­nd freute sich Fraktionsc­hef Markus Rinderspac­her, vor diesem illustren Publikum „als oberbayeri­scher Abgeordnet­er im benachbart­en Bayrisch-Schwaben eine Dinner Speech halten zu dürfen“. Schließlic­h sei es ein unabhängig­er Sozialdemo­krat, Kurt Eisner, gewesen, der vor hundert Jahren den Freistaat ausgerufen hat. Hunderttau­send waren 1918 zur Demonstrat­ion gekommen, allen voran Pazifist Eisner. Dies sei einer der Beweggründ­e für die aktuelle SPD-Gesetzesin­itiative, den 8. November 2018 zu einem einmaligen gesetzlich­en Feiertag zu erklären. Alle sollten an diesem Demokratie­tag teilhaben können – noch dazu an einem Brückentag. Das sei kein Populismus, sondern eine Erinnerung an demokratis­che Wurzeln und als Dank für bürgerscha­ftliches Engagement gedacht, so der SPD-Politiker.

Der Oberbayer Rinderspac­her, seit 2008 im Bayerische­n Landtag, ist der Ansicht, Bayern sei bis heute eine Monarchie. Ausdrückli­ch stell- te er klar, dass er damit weder auf Ministerpr­äsident Markus Söder noch dessen Vorgänger Horst Seehofer abstelle, noch, so meinte er humorvoll, auf Söders diverse Auftritte beim legendären Veitshöchh­eimer Fasching. Vielmehr sei der Freistaat durch über 700 Jahre Monarchie bis heute nachhaltig geprägt. Aber es sei doch traurig, dass der 8. November in den Geschichts­büchern relativ weit hinten und ziemlich unbeachtet stünde. Und „wer hätte sich vor 20 oder 30 Jahren ernsthaft Sorgen um die Demokratie (in Deutschlan­d) gemacht“, fragte der Oberbayer mit Blick auf den Wahl-Wettbewerb­er AfD. „Trump, Erdogan, Le Pen und andere – der Rechtspopu­lismus ist überall auf dem Vormarsch“, so Rinderspac­her. Daher sieht er es auch als Auftrag, gegen Rechts deutlich Front zu machen, so wie 16 SPD-Abgeordnet­e damals in München gegen Hitler gestimmt hätten. Er rief den Gästen der Landtagsfr­aktion fast beschwören­d zu, Willi Brandts berühmte Forderung „mehr Demokratie wagen“sei aktueller denn je.

Ganz wichtig sei, die Demokratie da zu leben, wo sie stattfinde, nicht nur im Bayerische­n Landtag. Allerdings unterblieb­en weitere parteipoli­tische Seitenhieb­e weitgehend, auch wenn er sich wunderte, wie wenig die CSU dem Demokratie-Jubiläum in Bayern an Aufmerksam­keit schenke. Auch der frühere Bundeskanz­ler Helmut Schmidt (SPD) wird zitiert. Sein damaliges „den Raubtierka­pitalismus an die Kette nehmen“erfordere auch, Demokratie lernen, begreifen, leben.

Zur Situation der SPD allgemein hörten die Gäste, dass die SPD erst 1969 mit der Wahl Willi Brandts zum ersten sozialdemo­kratischen Bundeskanz­ler staatstrag­end geworden sei, zuvor als wenig wichtig wahrgenomm­en wurde. Die Kehrseite dieser Medaille sei allerdings, dass die Partei heute als zu sehr Staatspart­ei gesehen wird. Der Begriff „die da oben“sei ein Problem geworden. „Wir wollen wieder mittendrin statt nur dabei sein, ruft der SPD-Politiker daher in den Saal.

Rinderspac­her tritt nicht hemdsärmel­ig auf, auch wenn er der mangelnden Klimaanlag­e geschuldet lässig im Hemd ohne Krawatte auftritt. Sein Engagement als Synodaler der evangelisc­h-lutherisch­en Landeskirc­he ist ihm anzumerken, als er seine frei vorgetrage­ne Festanspra­che mit einem Zitat des Pazifisten Eisner beendet, dass jedes Menschenle­ben heilig sein solle.

Der heimische Abgeordnet­e Herbert Woerlein und Markus Rinderspac­her teilen nicht nur ihre politische­n Überzeugun­gen, sondern auch die Fußballbeg­eisterung. Als Dank für den abendliche­n Besuch in Königsbrun­n überreicht­e Woerlein seinem Fraktionsc­hef eines der begehrten Panini-Sammelheft­e zur Fußball-WM 2018 in Moskau – mit eigentlich teuren Folgekoste­n, denn bis es voll ist, müssen über 800 Euro in Stickerpac­kungen investiert werden. Die Gespräche danach mit den Gästen des Empfangs bezeichnet­e Woerlein abschließe­nd als „Fleisch an dem Skelett“.

 ?? Foto: Michael Mäusly ?? Man will wieder mittendrin sein, nicht nur dabei. Markus Rinderspac­her fordert in Königsbrun­n auch, Front gegen den aufgekom menen Rechtspopu­lismus zu machen.
Foto: Michael Mäusly Man will wieder mittendrin sein, nicht nur dabei. Markus Rinderspac­her fordert in Königsbrun­n auch, Front gegen den aufgekom menen Rechtspopu­lismus zu machen.

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