Viele Premieren und ein Wiedersehen
Zehn Bands sorgen beim urwüchsigen Rock&Loc-Festival in Markt Wald für beste Stimmung. Wie sich zwei Freundinnen nach 25 Jahren das erste Mal wieder treffen
Das „Wacken des Südens“lag – wieder einmal – in den Stauden. Genauer gesagt in Anhofen, einem Ortsteil von Markt Wald (Unterallgäu), das direkt an den Landkreis Augsburg grenzt. Dort befindet sich ein ausrangierter Bahnhof, der von Hubert Teichmann, Geschäftsführer der Staudenbahn, und seiner Crew zum Festivalgelände umfunktioniert wurde. Zehn Bands sorgten über zehn Stunden für beste Unterhaltung und Stimmung beim Rock&Loc-Festival. „Wir fühlen uns hier wie zu Hause“, gestand Michael Bormann, der mit seiner Band Jaded Hart kurz vor Mitternacht der Headliner war. Und in der Tat ist das Rock&Loc ein Festival, bei dem sich Fans und Musiker ziemlich nahe kommen. Da kann es durchaus vorkommen, dass man von einem Bassisten, der gerade noch auf der Bühne gestanden ist, an der Bar zu einem Drink eingeladen wird, oder man zusammen mit der am ganzen Körper geschminkten Sängerin Lydia Pane – man spricht auch von Bodypainting – um einen Burger ansteht. Der nennt sich hier „Funkenburger“, weil er von der Truppe der örtlichen Faschingsgesellschaft „Zusamfunken“gebraten wird, die für die Verpflegung der Gäste sorgt. Den Aufbau und sonstige Dienstleistungen übernimmt die „Junge Mannschaft“aus Markt Wald. Zu den Besonderheiten gehört auch der Backstage-Bereich, in dem sich die Künstler umziehen und vor und nach ihren Auftritten aufhalten. Eine Lokomotive hat dazu extra vier Waggons der Staudenbahn herangeschafft.
Während der sympathische Rock-Dino Michael Bormann oder die Balinger Gruppe Human Zoo um den extravaganten Sänger Thomas Seeburger, die gerade erst von einer Spanien-Tour zurückgekehrt sind, schon mehrfach in den Stauden waren, gab es während des Festivals auch zahlreiche Premieren. Zum Beispiel für Vice, die mit ihrem Party-Metal das Zelt zum Beben brachten. Der Schweizer Sänger der Münchner Band amüsierte sich köstlich über die Anreise zum Anhofer Bahnhof. Nicht weil es ein Ort ist, an dem sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, sondern weil die Fahrt durch eine herrliche Gegend führte – und durch einen Ort namens Tussenhausen.
Ihren ersten Auftritt auf deutschem Boden absolvierte die Symphonic-Metal-Band „Angelwings“, die für knapp 40 Minuten Spielzeit extra aus Gibraltar angereist war. Premiere feierte auch Dark Blue Inc., das neueste Projekt des aus Kaufbeuren stammenden Bonfire-Gitarristen Frank Pané. Er hatte nicht nur seine Ehefrau, sondern auch die prominenteste Besetzung mitgebracht. Göran Edman (früher Talismann und Ingwiee Malmsteen) oder Hal Patino, der schon bei den Pretty Maids und King Diamond den Bass gezupft hat, sind Koryphäen der Szene.
Die weite Anreise aus Leipzig hat die Band Canterra angetreten, die im Gothic-Metal zu Hause ist. Besonders aufgeregt war deren Sängerin Korinna König. Nicht auf den Auftritt, den die mit einer Opernstimme ausgestattete Frontfrau zu harten Klängen souverän absolvierte, sondern auf das Wiedersehen mit ihrer Freundin Claudia Geier. Die beiden Frauen hatten sich seit der gemeinsamen Schulzeit in Leipzig, also seit 25 Jahren, nicht mehr gesehen. „In der fünften Klasse, zu Zeiten der Wende, sind wir auseinandergerissen worden“, erzählt Claudia Geier, die damals mit ihren Eltern in den Westen gegangen ist und seit 2000 in Oberrieden lebt, das nur 15 Kilometer von Markt Wald entfernt ist. „Ich habe auf Facebook gesehen, dass sie mit ihrer Band hierher kommt, und hab’ sie einfach angeschrieben“, erzählt die 38-Jährige. „Entweder sie antwortet, oder sie antwortet nicht“, habe sie sich gedacht. Korinna König, die in Leipzig neben der Musik auch noch einem Beruf im Sync-Management eines Filmverlages nachgeht, antwortete sofort: „Das war doch klar. Ich habe mich sofort an sie erinnert. Schließlich haben wir beide sogar am selben Tag Geburtstag.“Und sie hatten sich viel zu erzählen an diesem Abend. Claudia Geier versorgte ihre Freundin mit einer „Goißenmaß“und wurde dafür von Korinna König mit dem neuesten BandMerchandise ausgestattet. Und immer, wenn es wieder laut wurde, mischten sich die beiden Frauen unter das Publikum. Es hätten zwar ein paar Besucher mehr sein dürfen, doch die, die da waren, hatten auf jeden Fall ihren Spaß. Und ganz am Ende durften sogar noch die Organisatoren Hubert Teichmann und Albert Fink mit den Stars von Axeperience rocken.