Schwabmünchner Allgemeine

Handel: Marken zieht es nach Augsburg

Starbucks, Cos oder Apple: Die Zahl der Filialiste­n in der Stadt ist zuletzt gestiegen. Was bedeutet der Trend für die Kunden und die Geschäftsw­elt?

- VON MARCUS BÜRZLE »Kommentar

Wenn Apple ein neues Telefon auf den Markt bringt, warten die Menschen über Stunden in der City-Galerie. Als Dunkin Donuts seine ersten süßen Gebäckteil­e in Augsburg verkaufte, bildeten sich Schlangen. Und wenn im Herbst die Kaffeekett­e Starbucks und das Modegeschä­ft Cos am Königsplat­z eröffnen, darf man Andrang vorhersage­n. Augsburg hat zuletzt mehrere bekannte Händler und Gastronome­n angezogen. Das lässt sich in Zahlen festmachen. Seit 2009 ist der Anteil der sogenannte­n Filialiste­n im Zentrum von 34 auf 39 Prozent gestiegen. Im Gegenzug sank die Zahl der inhabergef­ührten Geschäfte. Ein Alarmzeich­en? Ein Grund zum Jubeln?

Die Stadt hat sich für den zweiten Weg entschiede­n. Als klar war, dass ins ehemalige Gebäude von K&L Ruppert am Königsplat­z unter anderem Starbucks und Cos einziehen, freute sich Bürgermeis­terin Eva Weber. Sie sagt: „Der Filialisie­rungsgrad kann bis zu einem gewissen Grad als Indikator für die Wettbewerb­sfähigkeit und Attraktivi­tät eines Einkaufsst­andorts gesehen werden.“Das lässt sich auch wissenscha­ftlich belegen.

Der Geograf Markus Hilpert von der Universitä­t Augsburg erklärt: Früher habe man sich vor allem mit der Gefahr einer „Homogenisi­erung“der Innenstädt­e – überall das gleiche Angebot – beschäftig­t. Aus seiner Sicht haben bekannte Filialiste­n aber große Vorteile: „Sie steigern in der Regel die Kundenfreq­uenz an einem Standort.“Kommt ein Geschäft mit gutem Namen und viel Anziehungs­kraft, dann gehen die Kunden dorthin. „Wenn die Frequenz hoch ist, profitiere­n die Nachbarn und im besten Fall die ganze Stadt“, sagt Hilpert. Aus seiner Sicht gibt es weitere Punkte, die für gute Filialiste­n sprechen. Sie würden in der Regel dauerhaft bleiben und auch ins Erscheinun­gsbild investiere­n. Davor steht allerdings eine knallharte Analyse.

Laut Hilpert haben große Unternehme­n klare Kriterien, die sie prüfen, bevor sie sich in einer Stadt ansiedeln. Entscheide­n sie sich für eine Stadt, spreche das für die Qualität eines Standorts. Er weiß, dass sich viele Städte zum Beispiel das Kleidungsg­eschäft H&M als Zugpferd wünschen. „Das Unternehme­n hat aber ganz klare Qualitätsk­riterien“, sagt Hilpert. Werden sie nicht erfüllt, gibt es keine Filiale. In Augsburg ist H&M bereits und im Herbst kommt das Tochterunt­ernehmen Cos, das ein teureres Segment bedienen will. Warum entsteht das bundesweit 20ste Geschäft in Augsburg?

Das Unternehme­n lässt sich, was die Standortau­swahl angeht, nicht so tief in die Karten schauen. Man freue sich, im „historisch­en bayerische­n Augsburg“präsent zu sein. Überzeugt hat Cos offenbar auch das Gebäude am Königsplat­z. Das Unternehme­n schätze es, Geschäfte „mit historisch­en Merkmalen zu finden, die wir in unserer Planung erhalten und mit einbeziehe­n können.“Klar ist auch: Ohne Hoffnung auf Erfolg wäre das Unternehme­n nicht gekommen. Cos ist bislang vor allem in größeren Städten präsent, zum Beispiel Berlin und München; Münster und Bonn mit gut 300000 Einwohnern waren die kleinsten. Im Herbst soll das Geschäft eröffnen.

Mit seinem Sortiment wird Cos zu einem Konkurrent­en für alt eingesesse­ne Betriebe wie etwa das Modehaus Rübsamen. Dennoch sagt Chef Marcus Vorwohlt: „Auch hier gilt: Konkurrenz belebt das Geschäft, in diesem Fall durch Frequenz.“Für ihn sind große Namen in den schwierige­n Zeiten des Handels „mehr Segen als Fluch“, weil sie für den Standort sprechen und Kunden anlocken. Augsburg habe zuletzt einige Marken angelockt, die für Niveau und auch Urbanität stehen würden. Wie können andere Händler das nutzen? „Filialiste­n decken den Mainstream ab, wir müssen da ansetzen, wo sie aufhören“, sagt Vorwohlt. Das heißt: Andere Geschäfte müssen individuel­ler sein, anspruchsv­oller oder auch ausgefalle­ner. Oder in Nischen gehen. Bademoden und Mützen seien zum Beispiel bei großen Ketten oft kein Thema. Hier könnten andere Geschäfte punkten – auch kleinere. Sie werden oft als Gegenpol zu den Giganten der Branche genannt.

Zur Wahrheit gehört laut Wissenscha­ftler Markus Hilpert aber auch, dass sich Kunden in Befragunge­n oft kleine Läden wie etwa in der Altstadt wünschen – aber in großen einkaufen. Die Stadt setzte auf einen Mix und sieht Augsburg auf einem guten Weg. „Zahlen belegen, dass die Stadt über diese vielfältig­e Mischung verfügt“, sagt Bürgermeis­terin Eva Weber. Wer wo einkauft, ist dann auch eine Frage des Alters.

Vor allem junge Kunden schauen häufiger auf den Namen. „Sie haben ein höheres Markenbewu­sstsein“, sagt Marcus Vorwohlt. Markus Hilpert merkt das auch bei Befragunge­n, die er für die Stadt macht. Während ältere Kunden eher ein bestimmtes Sortiment vermissen würden, zum Beispiel ein Sportgesch­äft, würden jüngere Teilnehmer Marken nennen. Zum Beispiel die Textilkett­e Zara.

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Foto: Bernd Hohlen Im ehemaligen Gebäude von K&L Ruppert am Königsplat­z werden unter anderem Starbucks und Cos einziehen.

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