Papierkrieg bremst Vereinsfeste
Mit einer Online-Petition wollen Vereine die Auflagen der Landratsämter für Jubiläumsfeiern und Vereinsfeste reduzieren. Auch im Augsburger Land umfasst ein entsprechender Antrag sechs DIN-A4-Seiten
Mit einer Online-Petition versuchen Vereine, die Auflagen der Landratsämter für Vereinsfeste zu reduzieren.
Rund 77500 Mitglieder zählen allein die 196 Sportvereine im Augsburger Land. Hinzu kommen die vielen Obst- und Gartenbauvereine, Gesangsvereine, Feuerwehren, Trachten- und Theatervereine, Musikkapellen, Soldatenkameradschaften und viele mehr. Kurz gesagt: Fast jeder Bewohner ist in irgendeiner Form in irgendeinen Verein eingebunden. Und neben den unterschiedlichen Zielen wird vor allem die Geselligkeit großgeschrieben. Feste und Jubiläen sind oft die Höhepunkte im Vereinsjahr. Doch dafür sind umfangreiche Auflagen zu erfüllen. Gegen diese umfassenden Anordnungen hat ein Schützenmeister nun eine Petition gestartet.
Exakt 2670 Vereine und Personen unterstützen bereits die Petition, Stand Montagmittag. Losgetreten hat die Lawine Kurt Huber, ein Schützenmeister aus Babensham im Landkreis Rosenheim. Ihn stören vor allem die strengen Brandschutzauflagen. Und auch im Augsburger Land sind die Auflagen für Feste mit mehr als 200 Besuchern und einem Festzelt enorm. „Im vergangenen Jahr hatten wir für den Landkreis knapp 60 Anträge zu bearbeiten“, sagt Pressesprecherin Kerstin Zoch. Anträge, die unter anderem Angaben über die Art des Festraums beinhalten müssen, für welchen Zweck das Bauwerk genehmigt wurde und unter welchem Aktenzeichen die Genehmigung erteilt wurde.
Des Weiteren ist ein Lageplan im Maßstab 1:1000 erforderlich, eine Skizze der Zufahrten und ein Grundriss im Maßstab 1:100 beziehungsweise 1:200 mit Angaben zur Bestuhlung, den Tischen, Lage und Abmessung von Tanzflächen und vieles mehr. Einen besonderen Schwerpunkt setzt auch das Augsburger Landratsamt auf den Brandschutz. So müssen die Rettungswege beschrieben werden sowie die Breite der Ausgänge, Treppen und Flure. Wichtig ist auch, die Brennbarkeit der Dekorationen zu klassifizieren, wie hoch sich diese über dem Boden befinden und welche Form der Veranstaltungstechnik eingesetzt wird.
Sollten mehrere Räume für eine Veranstaltung genutzt werden, sind die Angaben für jeden einzelnen Raum zu machen. Kompliziert wird es jedoch, wenn die Veranstalter Pyrotechnik einsetzen wollen, also beispielsweise ein kleines Feuerwerk zum Abschluss. Hier gilt es, zuvor sogenannte Gefährdungsanalyse durchzuführen.
Andreas Thoma, Vorsitzender des Musikvereins Fischach, kennt die Probleme aus eigener Erfahrung. „Das Aufgabengebiet eines Vorstands besteht immer zunehmender aus einer Welle von Bürokratiearbeit. Wie werden von einer Flut an Vorschriften überschüttet.“Als Beispiel nennt er das von seinem Verein veranstaltete Fischacher Volksfest. „Jeder Helfer muss gründlich über den aktuellen Jugendschutz, die Hygienevorschriften und vieles mehr aufgeklärt werden.“Hinzu kämen unzählige Genehmigungen bei Ämtern zu Themen wie Sperrzeit, Ausschank, verkehrsrechtliche Anordnung, Anzeige einer Veranstaltung, Zeltabnahme, GEMA-Rechte und Versicherungen. Zum Schutz der Festbesucher müssen darüber hinaus ausgebildete Fachsicherheitskräften eingesetzt werden. Das alles mache Veranstaltung zu einer großen finanziellen Belastung. „Dabei wird vergessen, dass gerade diese Einnahmen äußerst wichtig sind, um einen Verein aufrechtzuerhalten.“Viele Finanzdinge im Verein seien ohne Steuerberater absolut nicht mehr zu bewältigen.
„Da rollt ein Tsunami auf uns zu“, sagt Thoma und verweist auf das nächste Thema: die Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung. „Die Vereine stehen hier vor einem neuerlichen, scheinbar unlösbaren Problem.“Sein Fazit: Durch die Bürokratieflut bleibe oft nur wenig Zeit für die eigentliche Vereinsarbeit, nämlich Kinder, Jugendliche und Erwachsene für ein Musikinstrument zu begeistern und gemeinsam zu musizieren.
Nicht so schlimm sieht es der Vorsitzende des FSV Wehringen. Norbert Mak und sein Team haben im vergangenen Jahr das 70. Vereinsjueine biläum ausgerichtet. „Bei uns in Wehringen läuft das mit den Festen und der Bürokratie sehr gut“, erzählt er. „Die Gemeindeverwaltung arbeitet in dieser Zeit ganz eng mit dem Verein zusammen, weist auch auf eventuelle Versäumnisse hin.“Zudem könne der FSV mit allen Fragen an die Kommune kommen. „Wir werden mit allem, was die Gemeinde hat, unterstützt.“Genauso gehe es unter den Vereinen vor Ort zu. „Man hilft sich gegenseitig.“
Eine Nummer kleiner feiert die Freiwillige Feuerwehr in Hirblingen ihr 140. Jubiläum. „Wir halten nur einen Familientag am Feuerwehrhaus ab ohne Festzelt“, sagt Vorsitzender Alois Pfiffner. Er sieht das Problem, dass die Auflagen und der Bürokratismus so manche Vereine davon abhalten, ein größeres Fest zu organisieren.
Das Landratsamt betrachtet die amtlichen Forderungen oder Auflaeine gen mehr als Hilfestellung für die Veranstalter. „Die Anträge werden von uns stets lösungsorientiert bearbeitet“, sagt Pressesprecherin Zoch. Und das scheint zu funktionieren. „Absagen von Veranstaltungen aufgrund unserer Bearbeitung sind uns nicht bekannt“, betont sie.
https://weact.campact.de/petitions/feste feiern aber die vereine bald nicht mehr