Schwabmünchner Allgemeine

Immer wieder auf der Straße

Als Country-Rocker lohnt es sich, 85 zu werden. Weil Willie Nelsons Familie arm war, bekam er eine Gitarre und kein Pferd. „Trigger“wurde seine Liebe

- Rupert Huber

Keiner lächelt sich so schön in seine Lieder rein, wobei man nie genau weiß, ob seine Entspannth­eit vom Marihuana kommt, seiner Lust, mit den zahlreiche­n Spezln der Countrymus­ic auf der Bühne zu stehen oder mit zunehmende­m Alter musikalisc­h immer interessan­ter zu werden. Willie Nelson, der am Sonntag 85 Jahre alt wird, ist der letzte große Überlebend­e einer Veteranens­zene, in der die Songmuster ein für alle Mal feststehen: Der Westerner hängt über der Bar, philosophi­ert in sein Dünnbiergl­as, derweil das Cowgirl mitsamt seinem Truck verschwund­en ist.

So tröstet er sich beim Viehtreck und dem Spiel auf der Gitarre. Die heißt seit fast 50 Jahren „Trigger“, wie der sagenhafte Gaul des Western-Darsteller­s Roy Rogers halt auch. Heute kommt Willie Nelsons CD „Last Man Standing“auf den Markt. Schon kursieren Witze, ob es sich nun um Album Nummer 759 oder 968 handelt. Fakt ist, dass der „letzte Aufrechte“jede Menge Deutungen zulässt bis zur Vermutung, das sei ein Hinweis auf ein japanisch-italienisc­hes ActionSpek­takel mit Bruce Willis als Killer.

Dabei handelt es sich bei dem neuen Werk des liberalen Texaners eher um Liebeserkl­ärungen an Kollegen, die vor ihm den Weg in den Country-Himmel gefunden haben: Johnny Cash, June Carter, Glen Campbell und besonders Merle Haggard, mit dem ihn eine Freundscha­ft verband. Dass Nelson keine Zierde der Sangeszunf­t ist, weiß er wohl selbst. Seine Stimme bröselt, er näselt und klingt alles andere als geschmeidi­g. Aber der Nashville-Kritiker, der stetig die Lieder von begabteren Autoren nachgesung­en hat, überzeugt im Alter auch als Songschrei­ber. Beispielsw­eise mit dem Album „God’s Problem Child“und dem sogar in Deutschlan­d erfolgreic­hen „Band Of Brothers“. Fragt man allerdings in einer x-beliebigen Quizrunde nach dem Titel eines Willie-Nelson-Hits, kommt meist die Antwort „On The Road Again“, weil die Nummer genauso klingt wie sich Mäxchen Amerika vorstellt. Ohne daran zu denken, dass der Meister das Lied im Flieger auf der Spucktüte festgehalt­en hat. Der sinniert wenig hittauglic­h in „Last Man Standing“lieber über seine mögliche Wiedergebu­rt als Adler hoch in den Lüften.

Das geflochten­e Haar des viermal verheirate­ten Country-Hippies hatte ein Fan 2014 bei einer Auktion für umgerechne­t 31000 Euro erstanden. Nelsons Musik mag konvention­ell sein, hat aber nichts Zopfiges. Kurios ist die Story hinter der Klampfe „Trigger“. Wie in seiner Biografie zu lesen ist, war Willie Nelsons Familie zu arm, um dem damals Sechsjähri­gen das ersehnte Pferd kaufen zu können. Stattdesse­n gab es eine Gitarre, die auch als Nachfolgem­odell 1969 ihren Namen „Trigger“behielt.

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FFoototo: :ImImaaggoo

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