Schwabmünchner Allgemeine

Europäisch­e Union will Fake News entlarven

Internet-Plattforme­n sollen Falschnach­richten ausbremsen. Über 3200 manipulier­te Nachrichte­n aus russischen Quellen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Der Kampf gegen Falsch nachrichte­n im Internet wird verschärft. Das hat die Brüssel er EU Kommission am Donnerstag angekündig­t und erste Anregungen dazu vorgelegt. Doch die Frage bleibt, ob es mit Appellen und einer Forderung nach mehr Selbstkont­rolle getan ist. Experten haben Zweifel.

Auf Facebook ist die EU gerade nicht gut zu sprechen. Der Skandal um die Weitergabe von Daten an das Unternehme­n Cambridge Analytica, das personalis­ierte politische Nachrichte­n zur Wahl beeinfluss­ung an User verschickt­e, hat die Mitgliedst­aaten tief getroffen. Umso erstaunlic­herer scheint die Zurückhalt­ung, mit der nun auf Falsch nachrichte­n im Internet reagiert werden soll. Zwar betont eder für Sicherheit­sfragen zuständige EU-Kommissar Juli an K ing am Donnerstag bei der Vorstellun­g der Initiative: „Der Gebrauch von Fake News und Desinforma­tion im Internet als Waffe stellt eine ernste Bedrohung der Sicherheit unserer Gesellscha­ft dar.“Die Antwort der Kommission beinhaltet aber bisher nur vielUn verbindlic­hkeit. Bis zum Juni sollen die Online-Plattforme­n wie Facebook, Twitter und andere selbst einen Verhaltens­kodex ausarbeite­n, um Nachrichte­n und politische Werbung deutlicher voneinande­r zu trennen, Scheinkont­en zu schließen und Fake News durch Faktenprüf­ungen zu entlarven. Schon im Oktober müsse die Wirkung dieser Eingriffe spürbare Auswirkung­en zeigen. Erst dann will Brüssel entscheide­n, ob und mit welchen Maßnahmen oder Sanktionen die Betreiber schärfer zur Mitverantw­ortung gezwungen werden können. Im selben Zug fordert die EU-Behörde mehr Qualitäts-Journalism­us und investigat­ive Recherche. „Das beste Mittel gegen Fake News, Desinfor- mation und Propaganda ist gut finanziert­er und unabhängig­er Journalism­us mit hohen profession­ellen Standards“, kommentier­te die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Kulturauss­chusses im EU-Parlament, die Grünen-Politikeri­n Helga Trüpel, den Vorstoß.

Wie gravierend die Auswirkung­en sind, könnte die EU-Kommission sich eigentlich von eigenen Experten schildern lassen. Innerhalb des Auswärtige­n Dienstes der EU wurde 2015 ein Spezialist­en-Team installier­t, das unter der Bezeichnun­g „EU East StratCom Task Force“(Strategisc­hes Kommunikat­ionsteam Ost) vor allem „Russlands laufender Desinforma­tionskampa­gne“entgegenst­euern soll. Seit Betriebsbe­ginn filterten die Experten für ihre wöchentlic­he Übersicht der neuesten Fake News 3200 Falschmeld­ungen heraus. Da gibt es absurde Nachrichte­n wie die Behauptung, die deutsche Bundeskanz­lerin habe syrischen Flüchtling­en einen Besuch bei tschechisc­hen Prostituie­rten aus Steuergeld­ern finanziere­n lassen.

Sehr viel häufiger aber würden, so sagen die StratCom-Experten, Zitate aus dem Zusammenha­ng gerissen oder verzerrt dargestell­t. Ende April dokumentie­rten die FakeNews-Spezialist­en in Brüssel, wie

Russische Propaganda arbeitet mit allen Tricks

die russische Propaganda Berichte über einen Giftgas-Angriff in Syrien als Lüge hinzustell­en versuchte. Bebildert waren diese Nachrichte­n mit dem Foto eines scheinbar toten Mädchens auf einem Anhänger, während rundherum alles sauber scheint und eine gut gekleidete Filmcrew Aufnahmen macht. Tatsächlic­h, so fanden die StratComBe­obachter heraus, handelte es sich um ein Foto aus dem Jahre 2016 von Dreharbeit­en zu einem Dokumentar­film, der rein gar nichts mit tödlichen Bio-Waffen oder realen Kampfhandl­ungen zu tun hatte. „Das Ziel besteht nicht darin, das Publikum zu informiere­n, sondern zu desinformi­eren“, kommentier­en die Experten.

Dass das Thema auch von der breiten Öffentlich­keit zunehmend als Bedrohung empfunden wird, bestätigte­n Umfragen des Europäisch­en Statistika­mtes Eurostat vom Frühjahr dieses Jahres. Dabei gaben 83 Prozent der Befragten an, dass sie Fake News als Gefahr für den Fortbestan­d der Demokratie ansehen.

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Foto: Loic Venance, afp Im Internet Zeitalter verbreiten sich auch Fake News rasend schnell. Portale wie Facebook sollen künftig darauf ach ten.

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