Er arbeitet am smarten Haus
Martin Schuster macht eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. Wie die Branche noch immer gegen einen alten Ruf kämpft und warum Schulbildung für Firmeninhaber Albert Kohl nicht alles ist
Bobingen Morgens um 6.45 Uhr beginnt Martin Schusters Arbeitstag. Wie üblich hat der Auszubildende zuerst eine Baubesprechung mit allen Monteuren, danach geht es zum Kunden. Am Nachmittag kommt Schuster von einem Einsatz in Königsbrunn zurück. „Wir mussten eine neue Gastherme bei einem Bäcker einbauen“, sagt der 19-Jährige. Ein Kessel mit 30 000 Liter Füllmenge. Dementsprechend schmutzig sind auch noch seine Hände.
Schuster macht aktuell eine Ausbildung zum Anlagen mechaniker der Sanitär -, H ei zungs-undK lima technik beimTradit ions unternehmen Kohl Wasser und Wärme in Bobingen. Er muss häufig im Keller arbeiten – um Heizungen bei Privatkunden zu installieren oder bei einem Industrieunternehmen einen Dampfer zeug er zu reparieren. Aber das stört ihn kaum. Die Vielseitigkeit des Berufs schätze er sehr, nachdem er in der siebten Klasse ein Praktikum in dem Unternehmen absolviert hatte.
Er schloss die Förderschule ab und machte den qualifizierenden Hauptschulabschluss. Inder Berufsschule hat er sich anfangs schwer getan. Die Noten der Zwischenprüfung hätten besser sein können, sagt Schuster. Doch durch Nachhilfe bekam er das in den Griff. Planung, Beratung, technisches Zeichnen oder Sozialkunde sind unter anderem die Fächer in der Berufsschule. Das Schulfach Wärmetechnik gefällt dem Azubi besonders.
Firmeninhaber Albert Kohl kann sich gut in Schuster hineinversetzen, wenn er sich an seine eigene Gesellenzeit zurückerinnert. „Ich war auch nicht der Beste in der Schule“, gesteht er. Das Zeugnis sei nicht alles, meint Kohl. Doch auf die Noten in naturwissenschaftlichen Fächern wie Physik und Chemie wirft der Inhaber schon einen Blick. Wichtig ist ihm, dass Lehrlinge in erster Linie Spaß an Technik mitbringen und Erfahrungen in der Praxis sammeln. Daher durchlaufen die Auszubildenden alle Bereiche des Unternehmens, die Auszubildenden nehmen zusätzlich neben Seminaren an der Berufsschule an firmeninternen Fortbildungen teil. Ein Keramik hersteller ode rein Werks besuch bei größeren Firmenpartnern stehen auch auf dem Programm.
In der Ausbildung soll Schuster herausfinden, welcher Bereich ihm am meisten liegt. Kohl sagt: „Jemand, der gerne mit Kunden im Kontakt ist, ist zum Beispiel im Service gut aufgehoben, jemand, der gerne draußen arbeitet, auf der Baustelle.“Ein weiterer Bereich, der in der Branche immer wichtiger wird, ist das Verstehen digitaler Prozesse. Das Programmieren von intelligenter Gebäudetechnik beschäftigt Kohl schon länger. „Vor 15 Jahren begann der Wandel in kleinen Schritten“, sagt Kohl. Früher hatte eine Heizung keine Intelligenz, heute könne man sie per App steuern. Die Badewanne per Sprachsteuerung befüllen? Kein Problem. Ein Backofen mit IP-Adresse? Auch nicht. Rollläden reagieren auf die Lichtverhältnisse, der Heizkörper auf den Wetterbericht. Es sei alles schon möglich, allerdings eine Frage des Geldes .„ Das Benutzer verhalten der Bewohner hat sich verändert“, betont Kohl. Die Branche müsse brutal aufholen. Durch die Digitalisierung hat sich vieles verändert. Der Beruf sei anspruchsvoller geworden, die Anlagen komplexer. Das Potenzial habe Kohl früh erkannt. Das autarke Haus ist nach Meinung des Inhabers keine abgedrehte Zukunftsvision mehr. In zehn Jahren, prophezeit Kohl, gehört das alles zum Standard.
Doch der Inhaber kennt auch die Schattenseite des Berufs. Ihn stört, dass es immer noch zu viele Betriebe gebe, die das Image des in der Toilette wühlenden Arbeiters verkörpern. Heute geht er offensiv damit um und ist bestrebt, dieses Bild geradezurücken. Kohl führt immer wieder Gespräche mit Eltern und versucht sie davon zu überzeugen, dass sich der Beruf gewandelt habe. Auch, weil „es viel zu wenige gibt, die ihn erlernen wollen“.
Das schlechte Image kannte Martin Schuster, der Auszubildende, auch und war skeptisch – bis er schließlich erste Erfahrungen gesammelt hat. Die Ausbildung wird sich Kohl zufolge verändern. „Sie wird sich aufspalten und in Richtung Spezialisierung gehen“, sagt er. Wo die Reise für Schuster nach der Ausbildung hinführen soll, hat er noch nicht entschieden. Doch wenn möglich, verrät er, möchte er draußen beim Kunden arbeiten. Lehrstellenoffensive Was man heute lernt, unterscheidet sich oft von den Vorstellungen, die viele von einem Beruf haben. Die Digitalisierung fließt zudem in die Lehre ein. In dieser Serie stellen wir zusammen mit der Handwerkskammer für Schwaben und der Industrie und Han delskammer Schwaben Lehrberufe, Azubis und ihren Werdegang vor.