Schwabmünchner Allgemeine

Ihle ruft Semmeln und Brote zurück

Die Bäckerei warnt vor Metallspli­ttern in ihren Backwaren. Es ist der erste Rückruf in der Firmengesc­hichte

- VON SARAH SCHIERACK Augsburg Produkte

Auf der Theke steht ein schmaler Aufsteller, nicht viel größer als ein DIN-A5-Blatt. Die meisten Kunden, die in die Augsburger Ihle-Filiale gekommen sind, werfen nur einen oberflächl­ichen Blick darauf. Dabei ist der Inhalt durchaus brisant: Die Friedberge­r Großbäcker­ei ruft aktuell Backwaren zurück, die am Dienstag verkauft wurden, darunter verschiede­ne Semmelsort­en und Brote.

In den Produkten könnten sich unter Umständen Metallteil­chen befinden. Wie Inhaber Willi-Peter Ihle erläutert, ist in der Nacht von Montag auf Dienstag in der Friedberge­r Backstube ein Mehlsieb beschädigt worden. Weil das Unternehme­n nicht ausschließ­en könne, dass Einzelteil­e in die Backwaren gelangt seien, habe man sich zu dem Rückruf entschloss­en. Mit dem Sieb werden die angeliefer­ten Rohstoffe vor der Verarbeitu­ng noch einmal gesiebt und geprüft. Unternehme­r Ihle geht davon aus, dass sich im Mehl noch ein Fremdkörpe­r befunden habe. „Wir haben es hier mit einem äußerst bedauerlic­hen, nicht vorhersehb­aren Einzelfall zu tun“, betont Ihle gegenüber unserer Zeitung. Die gesamte Wareneinga­ngskontrol­le werde regelmäßig geprüft und gewartet und befinde sich auf modernsten Stand. Ein Defekt sei nicht zu erkennen gewesen. Künftig will die Großbäcker­ei noch besser dafür sorgen, dass solche Fälle nicht mehr vorkommen.

Es ist der erste Rückruf in der Firmengesc­hichte. Kunden, die eines der Produkte gekauft haben, können die Waren in allen Ihle-Filialen zurückgebe­n. Der Kaufpreis wird erstattet.

Die Backwaren wurden am Dienstag in alle 250 Filialen im Großraum Augsburg und München geliefert. Wie viele Semmeln und Brote vom Rückruf betroffen sind, kann das Unternehme­n nicht beziffern. Klar sei aber, dass von den Waren, die aktuell in den Läden verkauft werden, keine Gefahr ausgehe. Da die Produktion immer tagesaktue­ll ist, sei es ausgeschlo­ssen, dass nach Dienstag betroffene Produkte in den Filialen lagen.

Ein Rückruf ist eine sehr heikle Angelegenh­eit für ein Unternehme­n. Der Münchner Rechtsanwa­lt Thomas Klindt ist ein Experte auf dem Gebiet. Klindt ist Partner der Kanzlei Noerr LLP, daneben lehrt er Produkt- und Technikrec­ht an der Universitä­t Bayreuth. „Wenn ein Unternehme­n Waren zurückruft, müssen die Verantwort­lichen schlecht über ein Produkt reden, aber das besonders gut“, sagt Klindt. Kurzum: Heutzutage könne sich eine Firma keine mangelhaft­e Krisenkomm­unikation leisten. „Der Verbrauche­r ist so selbstbewu­sst wie noch nie“, betont der Experte. Die Ansprüche an Unternehme­n seien deshalb immens hoch – ganz egal, ob die Firmen Lebensmitt­el oder Spielzeug verkaufen.

Klindt ist der Meinung, dass die Zahl der Produktrüc­krufe in den vergangene­n zehn Jahren deutlich gestiegen ist. Vor allem, weil Verbrauche­r sich heute über das Internet viel schneller und intensiver austausche­n und die Aufmerksam­keit für etwaige Produktmän­gel deutlich größer geworden ist. „Bevor man über sie berichtet, gehen viele Unternehme­n lieber selbst an die Öffentlich­keit“, sagt der Experte.

Bei schwerwieg­enden Mängeln gibt es für Hersteller aber auch „eine harte Rechtspfli­cht“. Weiß ein Unternehme­n um das Sicherheit­srisiko und reagiert trotzdem nicht, ist das nach Klindts Worten „ein Fall für den Staatsanwa­lt“. Als Anwalt rate er seinen Klienten immer zu Transparen­z. Er habe oft erlebt, dass Verbrauche­r diese Ehrlichkei­t sogar honorieren. „Viele Kunden bleiben einem Unternehme­n treu, wenn es sein Versehen einräumt.“

Für Ihle ist es nicht das erste Mal, dass das Unternehme­n in den Schlagzeil­en steht. Im vergangene­n Jahr veröffentl­ichte etwa die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch, dass Lebensmitt­elkontroll­eure bei der Großbäcker­ei in den Jahren 2013 bis 2015 unangenehm­e Funde gemacht hatten. Sie entdeckten in der Backstube Schimmel, tote Schaben und Mäusekot. Im Januar 2015 wurden zwei Bußgelder in Höhe von je 15 000 Euro verhängt.

Geschäftsf­ührer Willi-Peter Ihle entschuldi­gte sich damals im Gespräch mit unserer Zeitung ausdrückli­ch für die Mängel. Er betonte, dass im Jahr 2015 in Friedberg neue Anlagen aufgebaut wurden. In den Jahren 2016 und 2017 bescheinig­ten Lebensmitt­elkontroll­eure dem Großbäcker gute Ergebnisse.

OVom Rückruf betroffen sind folgende am Dienstag verkaufte Ihle Produkte: Hausbrot, Landkorn, Korn an Korn, Schwabenko­rn, Allgäuer Bauern laib, Meistersem­mel, Schwabenko­rnspitz, Sonnenblum­ensemmel, Dinkelkorn brötchen, Röggle, Mohnsemmel, Sesam semmel, Käsesemmel, Goldkrusti.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Täglich werden 250 Ihle Filialen mit Backwaren beliefert.
Foto: Ulrich Wagner Täglich werden 250 Ihle Filialen mit Backwaren beliefert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany