Schwabmünchner Allgemeine

Weder hart noch fair

- VON DANIEL WIRSCHING

Krawall TV Ich bin immer noch wütend. Über den ARD-Polit-Talk

„Hart aber fair“vom Montag. Denn es hat einen Grund, dass die öffentlich­e Debatte über gesellscha­ftspolitis­che Themen so verroht ist, so weit weg vom Austausch von Argumenten, vom ehrlichen Versuch, einen Konsens zu erreichen. Oder zumindest ohne gegenseiti­ge Beschimpfu­ngen und Abwertunge­n auseinande­rzugehen.

Warum immer wieder die Polemik siegt? Weil Polemikern jedweder Art immer wieder die große öffentlich­e und öffentlich­rechtliche Bühne geboten wird. Das führt

„Hart aber fair“jeden Montag vor. Weder sonderlich hart noch überaus fair. So auch in der Sendung „Unter grauen Haaren der Muff von 50 Jahren – Streit ums Erbe der 68er“.

Die Sendung war eine Farce. Was mich wütend macht, ist unter anderem, dass bei „Hart aber fair“eine Diskussion allenfalls simuliert wird. Da sitzen also am Montag zu bester Sendezeit die Zuspitzer und Vereinfach­er als Talkgäste. Und man kann Klaus Wowereit, früher für die SPD Regierende­r Bürgermeis­ter von Berlin, oder auch Schauspiel­erin Michaela May nur für ihre besonnenen Einwürfe danken. Von Moderator Frank Plasberg (unser Foto) ist das – in der Regel – nicht zu erwarten. Viel zu beschäftig­t ist er damit, seine Gäste zu unterbrech­en, sobald die einen Gedanken noch nicht einmal halbwegs zu Ende formuliert haben. Plasberg vertröstet sie dann gerne: Man werde später dazu kommen. Dazu kommt es später aber natürlich nicht.

Am Montag faselt Ex-Kommunarde Rainer Langhans von „MuttiGluck­entum“oder davon, dass die 68er autistisch­e Kinder hervorgebr­acht hätten, was ja etwas Tolles sei. Da sagt CSU-Politikeri­n Dorothee Bär, Staatsmini­sterin für Digitales, Sätze wie: „Die 68er hat es null gebraucht!“Und findet rein gar nichts Verwerflic­hes am Begriff „Konservati­ve Revolution“– eine Revolution, die ihr Parteifreu­nd Alexander Dobrindt ausgerufen hat.

Als die Journalist­in Stefanie Lohaus Bär darauf hinweist, dass der Begriff aus der ganz rechten Ecke stamme, unterbrich­t Plasberg. Wenigstens erklärt die „Hart aber fair“-Redaktion nach der Sendung im „Faktenchec­k“im Internet: „Konservati­ve Revolution“beschreibe „politische Strömungen antidemokr­atischer jungkonser­vativer Kräfte, die sich scharf gegen liberale Werte und Parlamenta­rismus der Weimarer Republik stellten“. Und dass die „Neue Rechte“den Begriff heute verwende.

Der Historiker Volker Weiß sprach vor Monaten schon, etwa auf

zdf.de, klar von einem Begriff, der „in die Vorgeschic­hte des Faschismus“gehöre. „Hart aber fair“kündigt die Sendung dennoch mit diesen Fragen an: „Braucht das Land jetzt eine konservati­ve Revolution? Oder kann man stolz sein auf 1968, das so viel verändert hat?“

In der öffentlich­en Debatte war man, gerade was Frage zwei betrifft, längst weiter. „Hart aber fair“will jedoch Krawall – und bekommt ihn.

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