Schwabmünchner Allgemeine

Schönste Insel der Welt geschlosse­n

Philippini­scher Präsident empörte sich über Umweltvers­chmutzung auf Boracay. Seit Donnerstag dürfen Urlauber das Eiland nicht mehr betreten

- Boracay

Die letzten Stunden war es an den weißen Stränden von Boracay noch einmal wie immer. Ein warmer Sommeraben­d, ein Bad im Pazifik, Abendessen unter Palmen, dazu laute Musik, ein großes Feuerwerk sogar. Doch nun ist es mit der Party vorbei. Wegen massiver Probleme mit dem Umweltschu­tz ist Boracay, das Top-Reiseziel unter den mehr als 17 500 Inseln der Philippine­n, seit Donnerstag für alle Urlauber geschlosse­n. Das Besuchsver­bot gilt zunächst einmal bis November.

Statt der Touristen haben nun Hundertsch­aften Polizei und Armee das Kommando übernommen. An den Anlegestel­len der Fähren darf nur noch an Land, wer nachweisen kann, dass er dort seinen Wohnsitz hat. 2017 wurde Boracay vom Reisemagaz­in „Condé Nest Traveler“noch zur „schönsten Insel der Welt“gekürt. Jetzt ist es eine No-go-Area. Die Schließung der Insel wurde vom philippini­schen Präsidente­n Rodri- go Duterte persönlich angeordnet, der internatio­nal bislang eher durch einen brutalen Anti-Drogen-Krieg als durch Umweltschu­tz bekannt wurde. Duterte empörte sich über ein Video vom Bolabog Beach, einem der drei wichtigste­n Strände. Darauf war zu sehen, wie schwarze Brühe aus einem Abwasserro­hr direkt ins Meer geleitet wurde. Dahinter konnte man Kite-Surfer übers Wasser rasen sehen. Duterte nannte die Insel öffentlich eine „Kloake“. „Aus der Ferne ist Boracay sehr schön. Aber wenn man ins Wasser geht, stinkt es. Und nach was? Nach Scheiße“, sagte er.

So drastisch würde das von den 40 000 Inselbewoh­nern, die hauptsächl­ich vom Tourismus leben, wahrschein­lich nicht jeder ausdrücken. Aber insgeheim geben viele dem Präsidente­n recht. Boracay – 300 Kilometer im Süden der Hauptstadt Manila – hat in den vergangene­n Jahren eine Entwicklun­g durchgemac­ht, wie sie in Südostasie­n auch viele andere Inseln hinter sich haben. Anfang der 1980er Jahre war das gerade einmal zehn Quadratkil­ometer große Eiland noch ein Geheimtipp für Rucksack-Urlauber aus aller Welt. Die Hütten wurden noch aus Bambus gebaut, mit Kokospalmb­lättern als Dach. Wer eine Pause vom Strand wollte, konnte Flughunde und Fruchtfled­ermäuse beobachten.

Heute gibt es mehr als 4500 Hotels, Gaststätte­n und sonstige Geschäfte, die vom Tourismus leben. 2017 wurden mehr als zwei Millionen Besucher gezählt. Viele Bauten wurden illegal errichtet, schnell hochgezoge­n aus Beton. Auf den Straßen staut sich der Verkehr, am Rand liegt haufenweis­e Plastikmül­l. Im Meereswass­er finden sich extrem viele E.coli-Bakterien, die Infektione­n auslösen können. So etwas wie eine funktionie­rende Kanalisati­on gibt es nicht. Inzwischen verdienen die allermeist­en Leute ihr Geld mit Urlaubern.

„Hier sind leider viele gierig geworden“, sagt Djila Winebrenne­r, die selbst ein kleines Hotel besitzt. „Dass die Insel jetzt geschlosse­n und aufgeräumt wird, ist letztlich eine gute Sache.“Die gemeinnütz­ige Boracay-Stiftung findet ebenfalls, dass die Schließung nicht mehr zu vermeiden war. „Die maximale Aufnahmefä­higkeit war einfach erreicht“, sagt ihre Chefin Nenette Graf. Andere halten Dutertes Dekret für übertriebe­n. Wie Rashdee Sultan, der seine siebenköpf­ige Familie mit dem Verkauf von Sonnenbril­len und Schmuck über Wasser hält. Was er die nächsten Monate machen wird, weiß er noch nicht. Vielleicht muss er wegziehen. Manche meinen, dass genügt hätte, statt eines totalen Besuchsver­bots die Probleme nach und nach zu lösen. Geschätzt wird, dass den Insulanern mindestens 400 Millionen Euro an Einnahmen entgehen. Die Regierung hat etwa 40 Millionen Euro Finanzhilf­en versproche­n.

 ?? Foto: Girlie Linao. dpa ?? Herrliche Sonnenunte­rgänge gibt es auf der philippini­schen Insel Boracay. Doch Touristen können das Naturschau­spiel dort nicht mehr miterleben. Boracay ist jetzt für Ur lauber gesperrt. Mindestens bis November.
Foto: Girlie Linao. dpa Herrliche Sonnenunte­rgänge gibt es auf der philippini­schen Insel Boracay. Doch Touristen können das Naturschau­spiel dort nicht mehr miterleben. Boracay ist jetzt für Ur lauber gesperrt. Mindestens bis November.

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