Hier ist Langsamkeit Trumpf
Beim Qigong ist die bewusste Ausführung der Übung wichtig
Es ist ein schöner, wenn auch kalter Freitagmorgen im April. Die Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch das Geäst der Bäume, bleiben an einer kleinen Gruppe von Menschen hängen und werfen – quasi als Spiegel ihrer Bewegungen – ein langsam sich veränderndes Schattenspiel auf die Wiese. Was ist das nur für eine Gruppe, die so langsame, fließend anmutende Bewegungen macht? Was auf den ersten Blick allenfalls Ähnlichkeiten mit Gymnastik im Zeitlupentempo aufweist, ist in Wirklichkeit Qigong.
Bei der Gruppe handelt es sich um Senioren, die sich immer freitags um 9.30 Uhr am Parkplatz beim Sportzentrum treffen. Meist sind es zehn ältere Herrschaften. Heute sind es nur fünf. Aber das macht nichts. Sie treffen sich fast bei jedem Wetter. Freudige Erwartung ist in ihren Gesichtern zu lesen. Für rund 45 Minuten heißt es dann wieder: Langsamkeit ist Trumpf. Denn beim Qigong kommt es nicht auf die Schnelligkeit der Bewegung an, sondern vielmehr auf die bewusste und genaue Ausführung.
Irene Kosanke leitet diesen Übungskurs schon so lange, dass sie gar nicht mehr genau sagen kann, wie lange. Helmut Glatz ist von Beginn an dabei und kann sich noch gut an die Anfänge erinnern: „Es müssen mehr als zehn Jahre sein, denn damals hat Irene ihre Ausbildung bei der Sebastian-KneippAkademie begonnen. Zum Üben be- nötigte sie einige ,Versuchskaninchen‘. Tja, und seitdem bin ich mit meiner Frau hier dabei.“
Erika Berger erzählt: „Es tut mir einfach gut, mich so zu bewegen.“Genau dieses Wohlbefinden ist auch das Ziel von Qigong. Für Kosanke bedeutet Qigong zudem, „mehr auf sich und seinen Körper zu achten“.
Diese Achtsamkeit wird durch die langsame Bewegungsausführung erleichtert und gefördert. Sie macht die Übungen vor und erläutert diese auch. Los geht es mit dem „Warmmachen“. Dabei werden die Arme seitlich ausgestreckt und nach vorne und hinten geschlenkert. Etwas später kommt eine der wichtigsten Bewegungen beim Qigong: das Heben und Senken der Arme und Hände.
Dabei wird zu Beginn der Übunneun, gen die im Körper vorhandene Energie aktiviert, gesammelt und später, am Ende der Qigong-Stunde, in den Energiezentren des Körpers, den sogenannten Dantian, gespeichert.
Der Effekt dieser Übungen: Man fühlt sich energetisch aufgeladen. Die Harmonie, die diese Bewegungen ausstrahlen, hat zudem eine meditativ beruhigende Wirkung. Oft haben die Übungsbestandteile blumige Namen wie den „Regenbogen schwingen“oder die „Welle schieben“: Arme und Hände werden hierbei sanft nach vorne und wieder zurückbewegt, als ob man einen Kahn im Wasser anschieben möchte.
Der Freitagskurs kostenlos. Marianne ist übrigens Frühschütz findet das sehr positiv. „Es muss ja nicht immer alles etwas kosten.“
Immer wieder kommt es vor, dass Spaziergänger kurz innehalten und fragen, ob sie mitmachen dürfen. Natürlich! Jeder ist willkommen, ob Jung oder Alt, sagt Kursleiterin Kosanke.
Auch wenn sie mal nicht dabei ist, funktioniert es: Die anderen Teilnehmer sind mittlerweile durch jahrelanges Training so gut geübt, dass sie auch allein zurechtkommen. Wer Lust hat mitzumachen, schaut einfach freitags um 9.30 Uhr am Parkplatz an der Frieseneggerstraße in Landsberg vorbei.
Alternativ hierzu werden unter anderem auch von Vereinen und Fitnessklubs im Landkreis QigongKurse und -Stunden angeboten.