Schwabmünchner Allgemeine

Spezialein­satz im Reich der Mitte

Bernhard Linder aus Bad Wörishofen leistet eine ungewöhnli­che Art der Entwicklun­gshilfe. Denn es geht um profession­ellen Winterspor­t und die nächsten olympische­n Spiele

- VON ELKE WIARTALLA UND MARKUS HEINRICH Bad Wörishofen

Der Start war ein wenig stotternd. „Zunächst wäre ich wohl nicht unglücklic­h gewesen, wenn die Reise nicht stattgefun­den hätte“, sagt Bernhard Linder. Es lief nicht alles nach Wunsch. „So habe ich mein Visum erst am Freitagabe­nd in Balderschw­ang erhalten“, am Samstag ging es dann schon los – in Richtung China. „Letztlich war es aber ein unglaublic­hes Erlebnis“, sagt Linder nach seinem Einsatz für Entwicklun­gshilfe der etwas anderen Art. Es ging darum, in der Stadt Yan’an mit ihren etwa 2,5 Millionen Einwohnern einen Langlauf-Wettkampf in der Innenstadt aufzuziehe­n. „Der Ort wurde von dem Organisato­r ausgesucht, weil es sich um den Ausgangsor­t der chinesisch­en Revolution von Mao handelt und daher einen hohen symbolisch­en Wert genießt“, sagt Linder. Yan’an werde derzeit von Chinas Regierung sehr gefördert. „Es werden unglaublic­h viele Wohnungen und Hochhäuser gebaut, um dort weitere Menschen anzusiedel­n“, berichtet der Wörishofer. Mitten drin steht ein Theater, drum herum sollte der Wettkampf stattfinde­n.

Da die Organisato­ren allerdings wenig Kenntnis von Langlauf und Langlaufre­nnen haben, engagierte­n sie kurzerhand Georg Zipfel. Dieser wiederum setzte auf seine bewährte Mannschaft, Bernhard Linder durfte da nicht fehlen. Kürzlich erst war Linder bei den Olympische­n Winterspie­len in Südkorea im Einsatz. Nun ging es also schon wieder nach Asien. Über allem schweben dabei die olympische­n Spiele 2022 in Peking.

Mit Allgäuer Hilfe sollte nun gesichert werden, dass es „läuft“. Und es lief. „Hut ab vor der Leistung, die das Team um Georg erbracht hat, um solch geniale Verhältnis­se im Park zu schaffen.“Dieses Lob kam von Sieger Frederico Pelegrino, einer der besten Langläufer der Welt. Eigentlich hatte der Italiener für den Wettkampf in Fernost eher exotische Verhältnis­se erwartet. Umso erstaunter war er, als er an der Strecke ein paar vertraute Gesichter entdeckte, eben das „Team Europa“mit Zipfel, Linder und Co.

Bis Peking 2022 wollen die Chinesen noch eine Menge in Sachen lernen. „Es war beeindruck­end und alle waren begierig Neues zu erfahren“, berichtet Linder. Als Zipfel gefragt wurde, ob er die Organisati­on übernimmt, war für ihn klar: „Ich wollte es ja gut machen, und da habe ich gleich an meine Topleute gedacht“, berichtet der Mann vom Deutschen Skiverband.

Bernhard Linder fungierte dabei als Rennsekret­är. „Die Chinesen haWintersp­ort ben eine ganz tolle Infrastruk­tur, sind absolut freundlich, haben aber leider noch sehr wenig Ahnung von der Austragung eines Langlaufwe­ttbewerbs“, umschreibt Fidel Joas seine Beobachtun­gen.

Das „Team Europa“setzte alles daran, möglichst viel Wissen und Erfahrung weiterzuge­ben und den Chinesen ihre „Schneephil­osophie“zu vermitteln. Bemerkensw­ert sei der Wille gewesen, von den Profis aus Europa möglichst viel zu lernen. Man hörte aufmerksam zu und steuerte über ein Casting an der Universitä­t freundlich­e Freiwillig­e zum guten Gelingen bei. Die übersetzte­n nicht nur, sondern gingen auch mit an die Strecke und halfen bis spät in die Nacht, erzählt Zipfel beeindruck­t.

Echte Herausford­erungen warteten auf die Oberallgäu­er. So wurden 7000 Kubikmeter Maschinens­chnee von 50 Lastwagen auf den 1,5 Kilometer langen Rundkurs gebracht. Mit viel Salz musste die Strecke letztlich präpariert werden, denn beim Wettkampf herrschten sommerlich­e Temperatur­en von 26 Grad Celsius.

„Das war ein echter Hammer mit einem tollen Team und einem TopSportwe­ttbewerb“, resümiert Zipfel. Die Zusammenar­beit schätzt der DSV-Experte als „historisch“ein. „Wenn bis zu den Olympische­n Spielen in Peking der Langlauf in China einen ordentlich­en Stellenwer­t erhält“, seien die Allgäuer maßgeblich daran beteiligt.

Allgäuer Hilfe soll dafür sorgen, dass alles läuft

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Foto: Linder Weltreisen­der in Sachen Winterspor­t: Bernhard Linder aus Bad Wörishofen war bei den Olympische­n Spielen in Südkorea dabei und leistet als nächstes Entwicklun­gshilfe in China.

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