Spezialeinsatz im Reich der Mitte
Bernhard Linder aus Bad Wörishofen leistet eine ungewöhnliche Art der Entwicklungshilfe. Denn es geht um professionellen Wintersport und die nächsten olympischen Spiele
Der Start war ein wenig stotternd. „Zunächst wäre ich wohl nicht unglücklich gewesen, wenn die Reise nicht stattgefunden hätte“, sagt Bernhard Linder. Es lief nicht alles nach Wunsch. „So habe ich mein Visum erst am Freitagabend in Balderschwang erhalten“, am Samstag ging es dann schon los – in Richtung China. „Letztlich war es aber ein unglaubliches Erlebnis“, sagt Linder nach seinem Einsatz für Entwicklungshilfe der etwas anderen Art. Es ging darum, in der Stadt Yan’an mit ihren etwa 2,5 Millionen Einwohnern einen Langlauf-Wettkampf in der Innenstadt aufzuziehen. „Der Ort wurde von dem Organisator ausgesucht, weil es sich um den Ausgangsort der chinesischen Revolution von Mao handelt und daher einen hohen symbolischen Wert genießt“, sagt Linder. Yan’an werde derzeit von Chinas Regierung sehr gefördert. „Es werden unglaublich viele Wohnungen und Hochhäuser gebaut, um dort weitere Menschen anzusiedeln“, berichtet der Wörishofer. Mitten drin steht ein Theater, drum herum sollte der Wettkampf stattfinden.
Da die Organisatoren allerdings wenig Kenntnis von Langlauf und Langlaufrennen haben, engagierten sie kurzerhand Georg Zipfel. Dieser wiederum setzte auf seine bewährte Mannschaft, Bernhard Linder durfte da nicht fehlen. Kürzlich erst war Linder bei den Olympischen Winterspielen in Südkorea im Einsatz. Nun ging es also schon wieder nach Asien. Über allem schweben dabei die olympischen Spiele 2022 in Peking.
Mit Allgäuer Hilfe sollte nun gesichert werden, dass es „läuft“. Und es lief. „Hut ab vor der Leistung, die das Team um Georg erbracht hat, um solch geniale Verhältnisse im Park zu schaffen.“Dieses Lob kam von Sieger Frederico Pelegrino, einer der besten Langläufer der Welt. Eigentlich hatte der Italiener für den Wettkampf in Fernost eher exotische Verhältnisse erwartet. Umso erstaunter war er, als er an der Strecke ein paar vertraute Gesichter entdeckte, eben das „Team Europa“mit Zipfel, Linder und Co.
Bis Peking 2022 wollen die Chinesen noch eine Menge in Sachen lernen. „Es war beeindruckend und alle waren begierig Neues zu erfahren“, berichtet Linder. Als Zipfel gefragt wurde, ob er die Organisation übernimmt, war für ihn klar: „Ich wollte es ja gut machen, und da habe ich gleich an meine Topleute gedacht“, berichtet der Mann vom Deutschen Skiverband.
Bernhard Linder fungierte dabei als Rennsekretär. „Die Chinesen haWintersport ben eine ganz tolle Infrastruktur, sind absolut freundlich, haben aber leider noch sehr wenig Ahnung von der Austragung eines Langlaufwettbewerbs“, umschreibt Fidel Joas seine Beobachtungen.
Das „Team Europa“setzte alles daran, möglichst viel Wissen und Erfahrung weiterzugeben und den Chinesen ihre „Schneephilosophie“zu vermitteln. Bemerkenswert sei der Wille gewesen, von den Profis aus Europa möglichst viel zu lernen. Man hörte aufmerksam zu und steuerte über ein Casting an der Universität freundliche Freiwillige zum guten Gelingen bei. Die übersetzten nicht nur, sondern gingen auch mit an die Strecke und halfen bis spät in die Nacht, erzählt Zipfel beeindruckt.
Echte Herausforderungen warteten auf die Oberallgäuer. So wurden 7000 Kubikmeter Maschinenschnee von 50 Lastwagen auf den 1,5 Kilometer langen Rundkurs gebracht. Mit viel Salz musste die Strecke letztlich präpariert werden, denn beim Wettkampf herrschten sommerliche Temperaturen von 26 Grad Celsius.
„Das war ein echter Hammer mit einem tollen Team und einem TopSportwettbewerb“, resümiert Zipfel. Die Zusammenarbeit schätzt der DSV-Experte als „historisch“ein. „Wenn bis zu den Olympischen Spielen in Peking der Langlauf in China einen ordentlichen Stellenwert erhält“, seien die Allgäuer maßgeblich daran beteiligt.
Allgäuer Hilfe soll dafür sorgen, dass alles läuft