Das kleine Geheimnis an der Maibaumspitze
Die Feuerwehrjugend von Langenneufnach weiß, wie aus einer Fichte ein Schmuck für die ganze Gemeinde wird. Dazu gehört auch eine versteckte Botschaft, die nur Fußballfans entschlüsseln können
Für den Laien mögen sich die Maibäume ja gleichen – tun sie aber nicht. Nehme man mal nur den prächtigen Stamm von Langenneufnach. Bis dieser als Schmuck der Gemeinde in den Himmel ragt, ist einiges zu leisten und am Ende ein heimlicher Wettkampf zu klären. Welches Farbband am Ende die oberste Spitze erreicht, hat nämlich in Langenneufnach auch etwas mit Fußball zu tun.
Vor allem geht es um ein Gemeinschaftswerk und einigen Spaß, den sich die Feuerwehrjugend dafür gönnt. Vor der Schule in Langenneufnach liegt eine 38 Meter hohe Fichte. Mit Spanngurten ist sie auf Halteböcken fixiert. Acht junge Männer der Feuerwehr schnitzen Muster in den Baum. Eine Seite ist schon fast fertig. Dazu gehört Geschick, Erfahrung und das richtige Werkzeug: Schlageisen, Hammer, Stemmeisen, Fällheber und Messer. Doch das wichtigste „Werkzeug“ist für sie das Radio. „Das wird gleich eingeschaltet, sobald wir mit der Arbeit beginnen“, heißt es schmunzelnd. Einen Spaß machen sich die jungen Männer auch aus der Frage, wer die bessere Motorsäge hat.
Doch Konzentration gehört ebenso dazu. Christoph Joder weiß, wie es geht. Er macht hier schon seit fünf Jahren mit. Zunächst geht es darum, das Rautenmuster in die Rinde zu setzen. Dazu setzen er und seine Freunde das Schlageisen vorsichtig an den Stamm. Dann ein, zwei Schläge, und die Rinde springt zur Seite. Die Feinarbeit folgt durch die Schnitzer in Einzelarbeit oder im Team. So entsteht ein Rautenfeld nach dem anderen.
Doch was wäre ein Maibaum ohne Zunfttafeln? Auch hierbei hilft Erfahrung. Ein Maßblatt gibt an, wo die Schilder anzubringen sind. Darauf achtet Klaus Bronner, Vorsitzender der Feuerwehr: „Dieser Plan mit allen Maßen und Abständen ist wichtig, damit wir nicht immer wieder jedes Jahr aufs Neue alles ausmessen müssen.“Insgesamt 18 Schilder werden an den Baum angebracht. Sie sind schon weit über 60 Jahre alt und zeigen Handwerksberufe, die es in Langenneufnach gab oder noch heute gibt.
Für die Jahreszahl und das Gemeindewappen am Baum haben die Burschen jeweils eine Vorlage ausgedruckt, die mit Nägeln am Stamm befestigt wird und nach der in die Rinde geschnitzt wird.
Es herrscht eine gute Stimmung unter den jungen Männern. Obwohl sie schon seit dem Morgengrauen auf den Beinen sind, scheint ihnen die Arbeit noch immer Spaß zu ma- chen. Mit zwei Traktoren und einem Wagen sind sie bereits in aller Früh losgezogen, um die Fichte aus dem Gemeindewald zu holen. „Aufgrund der Baustelle in der Rathausstraße mussten wir heuer querfeldein über die Wiese fahren. Daher haben wir ziemlich nasse Füße bekommen, meint Joder und zeigt stolz seine neuen Spanngurte, die extra für den Maibaum angeschafft wurden. Mit diesen Bändern wird Baum auf zwei Achsen befestigt. Dann müssen die Helfer jeweils rechts und links neben dem Maibaum laufen, um das ganze Gespann zu lenken und sicher zum Schnitzort zu fahren.
Die schwere Arbeit ist schnell wieder vergessen. Es wird wieder gefeixt und lockere Sprüche werden geklopft. Wer allerdings die größte Klappe hat, der bekommt am Ende die unbeliebte Aufgabe, am Schluss die Befestigungsschlaufe ganz oben am Maibaum zu entfernen, nachdem der Maibaum mit dem Autokran aufgestellt wurde. „Heuer werden wir Schnipp-Schnapp spielen und so bestimmen, wer in schwindelerregender Höhe die Schlaufe entfernen muss“, sagt Joder augenzwinkernd.
Schnelligkeit ist allerdings kurz vor dem Aufstellen noch gefragt, sobald die vielen Bändel aus Krepppader pier in den Gemeindefarben Rot, Weiß und Blau am Baum angebracht werden. Diese Farben sehen die Schnitzer nämlich heimlich auch als Symbol für ihre Lieblingsfußballvereine. Rot steht also für FC Bayern und Blau für TSV 1860. Jeder der Schnitzer versucht dann geschickt, dass die Farbe seines Lieblingsvereins ganz oben an der Spitze hängt. Klaus Bronner kennt das Spiel: „Da ist es schon öfter vorgekommen, dass der eine oder andere den obersten Ast des Wipfels mit dem Konkurrenzbändel abgeschnitten hat, nur damit sein eigener Bändel ganz oben hängt. Das Ganze ist natürlich nur ein Spaß unter den Burschen, und die Fußballfans, deren Farbe ganz oben hängt, sind natürlich mächtig stolz.“
Doch so weit ist es noch lange nicht. Mittlerweile sind die filigranen Schnitzarbeiten erst auf einer Seite des Baumes fertig. Mit geübten Handgriffen und einem Wagenheber drehen die Schnitzer den Baum auf die andere Seite. Kraft und Können sind gefragt und vor allem auch Teamarbeit. Geschafft. Jetzt muss die andere Seite des Baumes ebenso mit dem Rautenmuster verziert werden. Zwischen sechs und sieben Stunden sind die jungen Männer beschäftigt, bis der Baum rundum schön verziert ist.
Mittlerweile ist ein Traktor mit Hänger vorgefahren, auf dem die Kränze für den Maibaum liegen. Die wurden von den Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins gebunden und müssen am Schluss dann ebenso am Baum befestigt werden.
Schließlich beginnt für die Schnitzer die Maibaumwache. Bis der Maibaum am Abend vom Autokran aufgestellt wird, lassen ihn die Burschen nicht mehr aus den Augen, damit er nicht gestohlen wird. „Das ist uns zum Glück schon seit gut 20 Jahren nicht mehr passiert, meint Bronner stolz.
Froh ist er auch darüber, dass alle Arbeiten rund um den Maibaum und des Maifestes als Gemeinschaftsprojekt von allen Vereinen im Ort ausgeführt wird. Die Einnahmen aus dem Maifest kommen auch jedes Jahr Kindern zugute und werden entweder an den Kindergarten, die Schule oder das Ferienprogramm weitergegeben. Stehen wird der Maibaum dann bis Herbst, wenn er während des Oktoberfests des Musikvereins verlost wird.
Obeginnt in Langenneufnach am heutigen Samstag um 17 Uhr an der Schule. Musikverein, Kinderhaus, Jugendrotkreuz und
CSU Ortsverband sind an der Programm gestaltung und Organisation beteiligt.