Schwabmünchner Allgemeine

Tier schwer verletzt, aber Landwirt holt keinen Arzt

Ein Rind hat wochenlang eine tiefe Wunde, doch einen Tierarzt ruft der Bauer nicht. Jetzt wurde er verurteilt

- VON MICHAEL LINDNER Landkreis Bahnhofstr­aße 17, 86830 Schwabmünc­hen Telefon 08232/9677 65 abo@schwabmuen­chner allgemeine.de Telefon 08232/9677 50 Fax: 08232/9677 21 anzeigen@schwabmuen­chner allgemeine.de

Von einer relativ heftigen Geschichte sprach Richter Thomas Kirschner. Keine 20 Minuten dauerte die Verhandlun­g am Augsburger Amtsgerich­t, das Leid des Tieres dagegen war deutlich länger. Mindestens vier Wochen lang sollen diese massiven Schmerzen, so Kirschner, angedauert haben, das wurde bei einer Kontrolle des Betriebs zu Beginn dieses Jahres festgestel­lt.

Das männliche Rind hatte eine mehrere Zentimeter tiefe und 15 Zentimeter breite Wunde mit Blutkruste­n und Eiter am Nacken. Die Verletzung wurde Wochen zuvor durch den Angeklagte­n hervorgeru­fen. Da die Anbindeket­te eingewachs­en war, riss der Landwirt aus dem südlichen Landkreis Augsburg diese gewaltsam heraus. Gegen einen Strafbefeh­l in Höhe von 3600 Euro (90 Tagessätze zu je 40 Euro) legte der Mann Einspruch ein.

Zu der Verhandlun­g erschien der Angeklagte jedoch nicht, da er es wegen der vielen Stallarbei­t zeitlich nicht einrichten konnte, sagte sein Verteidige­r Achim von Lucke. Sein Mandant sei sein Leben lang in der Landwirtsc­haft tätig und führe die Rinderhalt­ung mit etwa 35 Tieren allein. „Er versucht, den Hof nach bestem Wissen und Gewissen zu führen, ist aber leider völlig überforder­t“, sagte von Lucke. Sein Mandant gebe zu, dass er das Tier nicht hat ärztlich versorgen lassen. Stattdesse­n wollte er die Verletzung­en selbst unter Kontrolle bringen, leider erfolglos. Der Landwirt habe aus rein finanziell­en Gründen keinen Tierarzt verständig­t, so von Lucke.

Ein Blick auf den Einkommens­bescheid zeigt: Der Landwirt ist finanziell alles andere als auf Rosen gebettet. Der Mittfünfzi­ger lebt vom Milchgeld, sein Nettoeinko­mmen beträgt monatlich weniger als 600 Euro. Trotzdem dürfe der Landwirt seine wirtschaft­lichen Interessen nicht über die des Tieres stellen, sagte der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer. Er gehe davon aus, dass es in nicht allzu ferner Zukunft auf ein Tierhaltev­erbot hinauslauf­en werde, da der Landwirt nicht das erste Mal mit den einschlägi­gen Behörden in Kontakt gekommen ist.

Tatsächlic­h gab es in der Vergangenh­eit bereits Bescheide vom Landratsam­t, dass der Angeklagte seine Rinder mindestens einmal täglich auf Verletzung­en kontrollie­ren muss. Hintergrun­d dieser Maßnahme: Ein Jungrind hatte durch eine Anbindeket­te Verletzung­en am Hals. Zudem musste der Landwirt bereits eine Geldbuße zahlen, da eines seiner Rinder wegen überlanger Klauen Entzündung­en hatte. Aus diesem Grund forderte der Staatsanwa­lt eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätze­n zu je 30 Euro.

Verteidige­r von Lucke erachtete eine Geldstrafe von 1400 Euro (70 Tagessätze zu je 20 Euro) für angemessen. Richter Thomas Kirschner verurteilt­e den Mann zu einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro (80 Tagessätze zu je 25 Euro). Der Landwirt hätte die notwendige tierärztli­che Behandlung des Rindes durchführe­n lassen müssen, wirtschaft­liche Gründe gelten laut Kirschner nicht als Ausrede. Notfalls müsse der Angeklagte die Landwirtsc­haft aufgeben. SCHWABMÜNC­HNER ALLGEMEINE

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