Messerstecher bleibt im Gefängnis
Jugendkammer verurteilt 19-Jährigen nach blutiger Attacke im Juni 2017 in einer Gersthofer Disco zu einer Strafe von über fünf Jahren. Ein Opfer erhält Schmerzensgeld
Der 19-jährige Messerstecher, der im Juni 2017 drei Männer in einer Disco in Gersthofen schwer verletzt hatte, bleibt hinter Gittern: Gestern verurteilte ihn die Jugendkammer am Landgericht Augsburg zu fünf Jahren und drei Monaten. Die Richter um Lenart Hoesch blieben damit unter der Strafe, die Staatsanwältin Martina Neuhierl gefordert hatte: Sie hielt sechs Jahre wegen des Angriffs für angemessen – allerdings wegen versuchten Totschlags und nicht wie ursprünglich angeklagt wegen versuchten Mordes. Davon war die Kammer am letzten Prozesstag abgerückt. Schließlich sei nicht ganz klar geworden, was sich tatsächlich in der Disco abgespielt hatte.
Dort war es nachts zunächst zu einem Wortwechsel zwischen dem späteren Angeklagten und einem Gast gekommen. Es ging offenbar um eine junge Frau. Die Situation schaukelte sich hoch und endete mit der blutigen Auseinandersetzung. Für Staatsanwältin Martina Neu- war klar, dass der 19-Jährige gezielt mit einer Waffe auf einen 29-Jährigen losgegangen war. Er habe sich provoziert gefühlt und sei dann in Rage geraten. Nach dem Angriff habe er laut Martin Neuhierl mit der Waffe „herumgefuchtelt, um sich die anderen Gäste vom Leib zu halten“. Dabei wurden zwei weitere Männer verletzt. In Richtung des Angeklagten sagte sie: „Sie können froh und dankbar sein, dass es schnelle Hilfe gab, sonst hätten sie jetzt ein Menschenleben auf dem Gewissen.“Der 29-jährige Gast erlitt eine tiefe Schnittverletzung an der Wange, ein Arterienast wurde getroffen. In der Folge verlor der Mann bis zu drei Liter Blut, war kurzzeitig ohnmächtig und schwebte in Lebensgefahr. Er musste mehrere Tage im Krankenhaus bleiben. Eine Narbe im Gesicht bleibt ihm wohl, genauso die Schmerzen am Kiefer. Er traue sich außerdem nicht mehr zu größeren Menschenansammlungen, erklärte Rechtsanwalt Felix Dimpfl, der den 29-Jährigen als Nebenkläger vertrat. Er forderte unter anderem ein Schmerzensgeld von 5000 Euro. Dimpfl sah das Mordmerkmal der Arg- und Wehrlosigkeit als erfüllt. Schließlich habe sein Mandant weder die Waffe erkannt, noch habe er sich wehren können. Dimpfl kritisiert außerdem: Der Angeklagte habe sich keine ordentliche Kleidung für den Prozess besorgt. Und: „Er lügt uns an und verkauft uns für dumm.“Der Anwalt bezog sich auf die Erklärung des 19-Jährigen, woher er die Tatwaffe hatte. Am ersten und zweiten Verhandlungstag hatte er angegeben, das Jagdmesser an „irgendeinem Kiosk“in Metzingen gekauft zu haben. Er wollte es angeblich seinem Vater schenken. Dann habe er es in der Hosentasche vergessen, als es in die Disco ging. Eine Strafe von sechs Jahren, wie von Staatsanwältin Martina Neuhierl gefordert, hielt Nebenklagevertreter Dimpfl für nicht angemessen. Er wurde deutlich: In der Regel müsse er nur die Hälfte absitzen und werde dann abgeschoben.
Drei Jahre hielt Pflichtverteidiger Moritz Bode für angemessen. Er plädierte auf gefährliche Körperverhierl letzung. Der junge Mann habe niemanden töten wollen. Er habe den ersten Gast „unglücklich“getroffen. Bode sagte gleichzeitig, dass der Messerstich „hochgefährlich“war. Er erinnerte auch daran, wie der 19-Jährige nach der Attacke zugerichtet wurde – „das war brutalst“. Darauf ging in der Urteilsbegründung der Vorsitzende Richter Hoesch ein. „Er wurde in ganz erheblichen Maße Opfer, wurde massiv geschlagen und getreten.“Selbst als die Polizei bereits vor Ort war, seien noch Verletzte angelaufen gekommen, um zu sehen, ob „noch einmal nachgesetzt“werden könne. Die Kammer habe dem jungen Mann angerechnet, dass er zu Prozessbeginn ein Geständnis abgelegt hatte und er keine Versuche unternommen habe, die Attacke als Notwehr zu rechtfertigen.
Neben der Jugendstrafe von fünf Jahren und drei Monaten wegen des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung muss der 19-Jährige ein Schmerzensgeld in Höhe von 2500 Euro zahlen.