Mehr Poesie im Alltag
Mit dem Literaturprojekt „1 Million Poems for Bobingen“liefert das Kulturamt der Stadt zusammen mit einigen Helfern einen ansprechenden Beitrag zum Festival „kunst&gesund“
Es sind wohl nicht wirklich eine Million Gedichte, Lebensweisheiten oder Zitate, aber doch Tausende, die zur Zeit an vielen Orten in Bobingen ausliegen. In Geschäften, in Apotheken, Schulen, Pflegeeinrichtungen und Restaurants, in den Kirchen, in Arztpraxen und der Wertachklinik stehen kleine ansprechend gestaltete Stoffsäckchen, gefüllt mit grünen, blauen, gelben oder rosa Kärtchen, auf denen kurze Texte stehen. Nicht immer fallen sie auf. Wo aber auf sie hingewiesen wird, greifen Besucher auch zu, lesen und amüsieren sich. Manche nehmen sich ein Kärtchen mit – was durchaus erlaubt ist – andere trauen sich nicht.
Wer ein solches Säckchen entdeckt, ist eingeladen, ein Kärtchen zu ziehen, sich an dem „Poem“zu erfreuen oder sich zum Nachdenken anregen zu lassen. So der eigentliche Gedanke.
Im Café Kanapee erlebten dies Angelika und Michael Geider. Er war von seinem Poem so begeistert, dass er es im Geldbeutel bei sich trägt. „Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß, wie Wolken schmecken“, lautet der Text. Der Bobinger findet:
„Das ist eine sehr gute, ansprechende Aktion.“Auch andere Zitate bergen gute Ratschläge: „Warte nicht auf große Wunder, sonst verpaßt du die kleinen“, so ein unbekannter Autor. „Glück findest du nicht, wenn du es suchst, sondern wenn du zulässt, dass es dich findet.“Auch hier ist der Autor unbekannt.
Georg Siemens sagte: „Das Kunststück ist nicht, dass man mit dem Kopf durch die Wand rennt, sondern dass man mit den Augen eine Tür findet.“
Der Lieblingsspruch von Kulturamtsleiterin Elisabeth Morhard stammt von Che Guevara: „Seien wir realistisch; versuchen wir das Unmögliche.“
Dieses Literaturprojekt ist Teil des Programms der Stadt Bobingen zum bayernweiten Festival „kunst&gesund“, das noch bis 30. Juni von Stadtkultur, dem Netzwerk bayerischer Städte veranstaltet wird. Es wurde nach einer Idee von Kulturamtsleiterin Elisabeth Morhard in Kooperation von Kulturamt, dem Helferkreis Asyl, dem Bravo Bildungsrat, dem Verein Bobingen ist bunt und dem Quartiersmanagement realisiert. „Es sind auch Zitate von Schülern darunter, die Mitglieder des Bravo Bildungsrates an Bobinger Schulen gesammelt haben, außerdem Zitate von Geflüchteten, die hier Asyl fanden“, berichtet Elisabeth Morhard. Während das Kärtchen von Michael Geider einen eher träumerischen Tenor hat, sind andere lustig oder philosophisch. Man kann sie als Orakel nutzen oder Ermutigung erhalten. Wie etwa, das Kärtchen, das seine Mutter Angelika gezogen hat. Auf dem steht: „Nach dem letzten Schritt beginnt eine neue Reise.“
Das ist auch die Intention des Projekts. „Zum Mitnehmen sind die Kärtchen gemacht, denn alle Poems wollen das Gleiche: Ein paar Augenblicke des Innehaltens bewirken, zum Nachdenken anregen, Freude schenken, ein Lächeln aufs Gesicht zaubern“, erklärt die Kulturamtsleiterin.
Nachdem das Literaturprojekt bereits seit gut zwei Wochen läuft, kann man feststellen, dass die Zahl der Kärtchen in den Säckchen doch abgenommen hat. Besonders da, wo besonders darauf aufmerksam gemacht wird, werden die Karten nicht übersehen und Kunden und Besucher nehmen das poetische Angebot gerne an.
ONoch bis zum Ende des Festivals am 30. Juni liegen die Kärtchen in Bobingen aus und warten auf ihre Leser.