Schwabmünchner Allgemeine

Da bewegt sich was

Augsburg hinkte in Sachen Forschung und Entwicklun­g lange hinterher. Jetzt wendet sich das Blatt. Das schafft neue Stellen und macht Stadt und Region zu einem attraktive­n Standort für Unternehme­n

- VON ANDREA WENZEL

Der Innovation­spark in Augsburg wächst und wächst. Ständig entstehen neue Gebäude und neue Einrichtun­gen siedeln sich an. Das Tempo der Entwicklun­g ist rasant – für manche zu rasant. „Ich habe langsam den Überblick verloren, wer hier alles forscht und entwickelt“, sagt eine Studentin auf dem Weg zum Campus.

Was sich auf dem Areal zwischen Fußball-Arena und Universitä­t entwickelt, steht sinnbildli­ch für das Tempo, das Augsburg vorlegt, wenn es darum geht, die Kapazitäte­n im Bereich „Forschung und Entwicklun­g“zu erhöhen. Wurde der Fuggerstad­t vor rund zehn Jahren noch ein deutlicher „Nachholbed­arf“attestiert, ist die Situation heute eine andere. „Die Dichte an Forschungs­einrichtun­gen und spezialisi­erten Lehrstühle­n in Augsburg war noch nie höher, als in diesen Tagen. Bei steigender Tendenz“, so Matthias Köppel, Geschäftsf­eldleiter Innovation bei der Industrie- und Handelskam­mer für Schwaben (IHK). Zwar liege Augsburg nach wie vor hinter Nürnberg und München, sei aber in den letzten Jahren im Vergleich zu diesen beiden Standorten weitaus stärker gewachsen. Eine Entwicklun­g, die den Experten freut. „Je mehr technologi­sches Know-how eine Region akkumulier­t, desto attraktive­r ist sie für hoch qualifizie­rte Arbeitskrä­fte.

Zahl der Beschäftig­ten in kurzer Zeit verdoppelt

So eine Entwicklun­g macht Stadt und Region auch in Phasen des konjunktur­ellen Abschwungs robuster“, so Köppel. Auch Augsburgs Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber setzt auf das Wachstum. „Ziel muss es sein gegenüber vergleichb­aren Standorten überdurchs­chnittlich gut aufgestell­t zu sein“, sagt sie. Einen wichtigen Impuls erwartet sich Weber neben den Weiterentw­icklungen im Innovation­spark von der Ansiedlung der Uniklinik.

Bislang haben vor allem größere Unternehme­n Forschungs­einheiten in Augsburg und der Region eingericht­et. So unter anderem Premium Aerotec an der Haunstette­r-Straße, der Carbon-Spezialist SGL in Meitingen, der IT-Konzern Xitaso oder der Automobilz­ulieferer Faurecia in Oberhausen. Wesentlich­er Drehund Angelpunkt für viele Unternehme­n und mittlerwei­le ein wichtiger Standortfa­ktor ist aber der Innovation­spark. Hier forschen beispielsw­eise Kuka und Fujitsu an der Zusammenar­beit von Roboter und Mensch. Der Automobilz­ulieferer Faurecia hat sich laut Standortle­iter Mathias Miedreich der Angebote dort, ganz bewusst zum Standort bekannt. Mehrere Millionen Euro hat der Konzern daher in seine Arbeit vor Ort investiert. Das Luftfahrtu­nternehmen MT Aerospace kooperiert an gleicher Stelle mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und forscht zu neuen Bauteilen für die Ariane 6. Erhält MT Aerospace nach Ariane 5 auch für die Nachfolger-Rakete Aufträge, bedeutet das die Sicherung und möglicherw­eise den Ausbau von Arbeitsplä­tzen.

Wie viele Menschen derzeit in Augsburg und der Region im Bereich Forschung und Entwicklun­g tätig sind, lässt sich nicht genau beziffern. Die aktuellste­n Zahlen stammen aus einem IHK-Report, der besagt, dass sich die Anzahl der Beschäftig­ten in der Region Augsburg zwischen 2013 und 2015 von rund 2000 auf 4050 mehr als verdoppelt hat. Die Auswertung der Zahlen von 2017 liegt noch nicht vor. Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber geht jedoch von einem Anstieg aus und glaubt, dass es mehr Beschäftig­ten im Bereich Forschung und Entwicklun­g gibt, als bislang in der Studie angegeben. Denn die IHK-Erhebung weist nur Vollzeitst­ellen und nur Angestellt­e in Wirtschaft­sunternehm­en aus. Mitarbeite­r der Universitä­t, der Hochschule oder eben der Forschungs­einrichtun­gen sind außen vor. Dabei gibt allein der Geschäftsf­ührer des Innovation­sparks, Wolfgang Hehl, die Zahl der Beschäftig­ten mit rund 500 an. In den kommenden zwei bis drei Jahren werde sich die Zahl aufgrund von Institutse­rweiterung­en vermutlich sogar verdoppeln. Die HochAugsbu­rg schule beschäftig­t nach eigenen Angaben 155 Menschen in der Forschung und Entwicklun­g. Die Universitä­t Augsburg gibt die Zahl der Mitarbeite­r allein für die Naturwisse­nschaftlic­he Fakultät und die Informatik mit 500 an.

Wendet man den Blick auf die Unternehme­n, wird deutlich: Forschung und Entwicklun­g liegen vorwiegend in der Hand der großen Betriebe. Bayernweit werden rund 90 Prozent der Aufwendung­en von Unternehme­n mit mehr als 500 Mitarbeite­rn geleistet, sagt die IHK. Man wünsche sich aber, dass auch mehr kleine und mittelstän­dische Unternehme­n auf diesem Gebiet aktiv werden. Unterstütz­t wird dieser Wunsch von der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH. Sie versucht, als Bindeglied zwischen Wirtschaft und Wissenscha­ft zu agieren und vor allem auch kleine und mittelstän­dische Unternehme­n bei ihren Projekten zu unterstütz­en. Die Regio hält hierfür ein eigenes Netzwerk mit zahlreiche­n Wissenscha­ftlern aus Augsburg und der Region bereit, die den Unternehme­n zur Seite stehen. An der Hochschule, der Uni und weiteren Forschungs­einrichtun­gen laufen bereits verschiede­ne Kooperatio­nen. „Die Nachfrage nach Angeboten steigt stetig. Die Unternehme­n finden hier am Standort aber auch ein immer größeres und spezifisch­eres Angebot an Themen. So sind beispielsw­eise neben großen Forschungs­kooperatio­nen auch kleine Umsetzungs­projekte direkt mit den Einrichtun­gen möglich“, sagt Andreas Thiel, Geschäftsf­ührer der Regio.

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Foto: dpa/S. Martin, Arianespac­e MT Aerospace entwickelt und baut Teile für die Ariane 5 Rakete. Dazu gehören die sogenannte­n Booster.
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Foto: Silvio Wyszengrad Bei Premium Aerotec werden Rumpfschal­en für den A350 gebaut. Damit die Teile immer leichter werden, setzt das Unternehme­n auf Carbon.
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Foto: Fujitsu Fujitsu und Kuka forschen zur Mensch Roboter Kolaborati­on, also der direkten Zu sammenarbe­it von Mensch und Maschine.

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