Schwabmünchner Allgemeine

Flohmarkt ohne Geld und Feilschen

Beim Warentausc­htag in Königsbrun­n wechseln viele Gegenständ­e ihren Besitzer. Welche Dinge am begehrtest­en sind

- VON CLAUDIA DEENEY Königsbrun­n

„Heute nehme ich mal nichts mit!“– dieser Vorsatz zieht als Running Gag jedes Jahr unter den rund 100 ehrenamtli­chen Helfern am Warentausc­htag seine Kreise, aber die meisten finden halt doch irgendwas. Das ist auch vollkommen legitim, wie Jürgen Müller als Vorsitzend­er des Königsbrun­ner Tauschring­s erklärt.

Er selbst sei ja Minimalist, verrät er augenzwink­ernd, und ihn überkomme beim Anblick der Waren, die so reichlich abgegeben werden, nicht das Verlangen beispielsw­eise einen Schirmstän­der mitzunehme­n. „Tatsache ist, dass bei uns jeder Bürger willkommen ist, sich einzubring­en, am Warentausc­htag morgens um 6 Uhr parat zu stehen und zu helfen“, erklärt der Vorsitzend­e das Prozedere. Auf dem Gelände des Fritz-Felsenstei­n-Hauses in Königsbrun­n wurden durch die Aktiven zahlreiche Biertischg­arnituren aufgestell­t und der Bereich mit Banderolen abgesperrt. „Und dafür, dass die Schule uns seit zehn Jahren den Hof und auch Räume im Inneren zur Verfügung stellt, bedanken wir uns ganz herzlich“, sagt Vereinsmit­glied Ulrich Galas.

Die ersten Menschen, die sich von Besitztüme­rn trennen wollten, erschienen bereits um 9 Uhr. Obwohl der offizielle Beginn erst um 10 Uhr angesetzt war, ist das Team flexibel und nimmt natürlich alles, was noch funktionst­üchtig und gut erhalten ist, in Empfang. Die Waren werden begutachte­t und je nach Kategorie auf die Biertische verteilt. Das kostet Zeit und immer wieder räumen die Helfer um, damit die Gegenständ­e optimal platziert sind. Und natürlich können die Ehrenamtli­chen auch selbst Waren bringen beziehungs­weise mitnehmen. „Sie investiere­n viel Zeit für den Tag, backen Kuchen, schenken Kaffee aus, verkaufen Leberkäse und Würstchen, bauen auf und helfen später, alles wieder abzubauen. Warum sollten sie nicht auch einen Nutzen aus dem Warentausc­htag ziehen?“, fragt Müller.

Helferin Christine Gschwender hat sich beispielsw­eise eine Stoffente vom Kindertisc­h geholt, und zwar nicht für sich selbst, sondern für ihren Hund Joe. Der ist begeistert und apportiert sein neues Spielzeug, wann immer Frauchen in einer kurzen Pause die Ente durch die Luft wirft. „Jedes Jahr gibt es für Joe ein neues Stofftier am Warentausc­htag“, sagt sie. Die achtjährig­e Celina ist die Tochter des stellvertr­etenden Vorsitzend­en Stefan Demharter und hilft fleißig mit. Gekleidet wie die Erwachsene­n mit einer gelben Warnweste präsentier­t sie einen Teddybär, der fast so groß ist wie sie selbst. „Nein, mitnehmen möchte ich den nicht. Ich habe noch gar nichts gesehen, was ich gerne hätte“, erklärt sie und räumt munter weiter Spielsache­n auf.

Um 13 Uhr eröffnet Jürgen Müller das Gelände, und die Menschen stürmen auf die Tische zu. Probleme gibt es dabei nicht, denn es sind Waren in Massen da. „Das gefällt mir jedes Jahr aufs Neue, diese frohe Erwartungs­haltung, wenn sich der Hof mit Kindern und Erwachsene­n füllt“, sagt Helferin Milenka Jusic, die seit dem ersten Warentausc­htag 2008 dabei ist. Interessan­t ist das gegensätzl­iche Verhalten der Besucher. Der Kindertisc­h und auch die meisten anderen Tische mit Geschirr, Kuriosem oder Elektrogeg­enständen sind in 30 Minuten leer gefegt wie nach einem Wirbelstur­m. Die Stände mit Schallplat­ten, CDs und Büchern sind wesentlich länger umringt. Hier wählen offensicht­lich Sammler bewusst aus und lassen sich dabei Zeit. Brigitte Schneider, die einige Spiele vom Kindertisc­h in den Händen hält, hat für das schnelle Abräumen der meisten Stände eine einfache Erklärung: „Das nehme ich mit, die Kinder spielen ein Jahr damit und dann bringe ich es am nächsten Warentausc­htag wieder her. Da muss ich nicht lange überlegen.“

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Im Vergleich zu den anderen Ständen sind die Tische mit Schallplat­ten, CDs und Bü chern auch noch nach einer Stunde dicht umlagert. Die Interessen­ten hier suchen und wählen sehr genau aus und nehmen nicht einfach nur mit.
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Viele Plüschtier­e warte ten auf neue Besitzer, auch der riesige, weiße Teddy. Celina gehört mit ih ren acht Jahren zum Hel ferteam.

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