Das Geheimnis hinter der Zaunlatte
Hof-Flohmärkte liegen im Trend: Es geht um Nachbarschaft, verborgene Orte und das ganz besondere Schnäppchen
Ein Flohmarkt ist wie ein kleines Abenteuer. Denn mit welcher Beute der Besucher am Ende nach Hause geht, ist ungewiss. Nur eines ist sicher: Das Ende ist oft anders als gedacht. Mal sucht der willige Käufer eine Vase im Oma-Stil und findet eine günstige Stehlampe, mal soll es ein Kleid sein und es wird dann doch wieder ein Paar Schuhe. Wer Glück hat, findet, was er schon immer gesucht hat und trägt es stolz in seiner Hand. Wer Pech hat, findet nichts.
Groß im Kommen sind HofFlohmärkte, auch in Augsburg. Bereits zum dritten Mal organisiert Lea Demirbas mit ihren Freundinnen den Hinterhof-Flohmarkt im Bismarckviertel. Für sie hat der Verkauf vor der eigenen Haustür einen besonderen Reiz. Denn wer auf einem „normalen Flohmarkt“, der meist auf großen Plätzen stattfindet, Anziehsachen, Bücher und Nippes verkauft, der kennt seinen Standnachbarn oft gar nicht. Im eigenen Hof ist das anders, betont auch Andreas Sauerlacher, Mit-Organisator des Hof-Flohmarkts im Beethovenviertel. Zusammen mit Nachbarn und Freunden erleben die Verkäufer unterhaltsame Stunden, die Besucher gehören innerhalb kürzerster Zeit dazu. „Die sitzen dann mit einem Stück selbst gebackenen Kuchen neben dem Blumenkübel der Hausbesitzerin“, erzählt er.
Ein Nachbar grillt, der andere bäckt, die Kinder des Viertels bemalen die Straßenzüge mit Kreide und leiten so die potenziellen Käufer durch ihr Quartier. Im vergangenen Jahr hat Sauerlacher 30 Halsketten seiner Mutter an eine ältere Dame verkauft. „Wenn wir uns heute auf der Straßen treffen, dann unterhalten wir uns immer ein bisschen und sie zeigt mir die Kette, wenn sie eine von meiner Mutter trägt.“Für ihn ist es auch eine Möglichkeit, Anwohner aus seinem Viertel kennenzulernen. Bewohner aus anderen Gegenden können ihre Stadt besser kennenlernen. „Da werden Geheimnisse gelüftet, die einem sonst verwehrt bleiben. So können die Besucher einmal ihre Nase durch die Zaunlatten strecken und normalerweise verschlossene Höfe betreten.“
Rund 80 Höfe beteiligten sich im vergangenen Jahr am HinterhofFlohmarkt im Bismarckviertel – in Straßenzügen wie der Bismarckoder Neidhartstraße blieb kein einziger Hof den Besuchern verschlossen. Obwohl noch niemand von den Veranstaltern angesprochen wurde, liegen schon etliche Anmeldungen vor. Demirbas: „Zu uns kommen Besucher, die sonst auf keinen Flohmarkt gehen. Es bieten aber auch Bewohner etwas an, die den Aufwand eines normalen Flohmarkts gar nicht auf sich nehmen würden. So gibt es hier Schätze, die schon ewig auf dem Speicher lagen.“
Für René Götz ist das Phänomen der Hof-Flohmärkte nicht neu. In München veranstaltet er seit 15 Jahren den Straßenverkauf, inzwischen an 30 Orten. „Aber natürlich habe ich es nicht erfunden. Der HofFlohmarkt kommt aus Amerika, wo Familien schon in den 80ern Kleidung und Gegenstände, die nicht mehr benötigt wurden, aus ihrer Garage heraus verkauft haben“, sagt er. In Augsburg organisiert er seit 2015 einen Verkauf im Stadtjägerviertel – weitere Stadtteile und Quartiere sind dazugekommen. „Ich habe viele Freunde, die hier wohnen oder aus Augsburg kommen, da war das naheliegend. Inzwischen biete ich mein Konzept in vielen Städten an, wie Stuttgart, Köln oder Mannheim.“Er glaubt, dass gerade im digitalen Zeitalter die Menschen wieder mehr Lust auf den direkten Kontakt zueinander verspürten, weg von der Anonymisierung, hin zum Gemeinschaftsgefühl. „Daneben gibt es den Nachhaltigkeitsgedanken. Viele Bürger werfen weniger weg und geben ihr Hab und Gut lieber in gute Hände weiter.“