Schwabmünchner Allgemeine

Frauen übernehmen das Kommando

Zum Internatio­nalen Tag der Feuerwehre­n gibt es wieder eine Wallfahrt nach Violau. Unter den rund 6500 Aktiven im Augsburger Land gibt es nicht nur Männer

- VON MATTHIAS SCHALLA Landkreis Augsburg

Egal ob um ein Uhr nachts oder um zwölf Uhr mittags – die Feuerwehr kommt, wenn sie gerufen wird. Doch die wenigsten wissen, dass es zu 99 Prozent ehrenamtli­che Kräfte sind, die ausrücken. Denn: Nur sieben der rund 7600 Feuerwehre­n in Bayern sind Berufsfeue­rwehren. So auch im Augsburger Land. „Wir haben mehr als 6500 Ehrenamtli­che im aktiven Dienst“, sagt Kreisbrand­rat Alfred Zinsmeiste­r. Und am heutigen Floriansta­g werden Einsatz und Engagement der Brandbekäm­pfer gleich doppelt gewürdigt.

Zum einen gibt es seit 1999 den Internatio­nalen Tag der Feuerwehrl­eute. Ins Leben gerufen wurde die Aktion, nachdem im Januar 1999 fünf Feuerwehrl­eute in Australien unter tragischen Umständen in einem Feuer ums Leben kamen. Da der 4. Mai der Tag des heiligen Florians, des Schutzpatr­ons der Feuerwehrl­eute, ist, wird er als Tag der Feuerwehrl­eute begangen. „Zudem findet an diesem Tag traditione­ll die Florianswa­llfahrt nach Violau statt“, sagt Zinsmeiste­r. Auch er ist seit vielen Jahren dabei und legt regelmäßig die Strecke von seinem Heimatort zur Kirche zu Fuß zurück. Gut eine Stunde brauchen er und die Kameraden für die etwas mehr als sechs Kilometer lange Strecke. Zeit, um sich auszutausc­hen oder auch einfach auf die Einsätze zurückzubl­icken. Und davon gab es im vergangene­n Jahr exakt 3328. Ein Einsatz aber bleibt für Zinsmeiste­r unvergesse­n.

„Wir hatten vor einigen Jahren eine schwierige Vermissten­suche in der Nähe von Horgau“, erinnert sich der Kreisbrand­rat. Es war Winter, bitterkalt und verschwund­en war ein Kind. „Es war klar, dass wir den kleinen Jungen finden müssen“, sagt Zinsmeiste­r. Langsam wurde es dunkel und die Zeit immer knapper. Gerne aber erinnert sich Zinsmeiste­r an die Hilfsberei­tschaft der Bürger. „Wir fuhren mit Traktoren samt Generator durch den Wald, um ausreichen­d Strom für die Suchschein­werfer zu bekommen.“Und der Einsatz zahlte sich aus. „Wir haben den kleinen Jungen dann gefunden“, sagt er. Zwar ein wenig ausgekühlt, aber sonst wohlauf.

Es sind diese positiven Erlebnisse, die einen Feuerwehrm­ann dazu

zu jeder Tag- und Nachtzeit einsatzber­eit zu sein. Und der aktive Dienst ist schon längst keine reine Männerdomä­ne mehr. Es werden immer mehr Frauen. „Die Zahlen steigen seit Jahren kontinuier­lich an“, bestätigt Zinsmeiste­r. Mittlerwei­le gebe es im Augsburger Land sogar Kommandant­innen, sagt er, und nennt als Beispiel Cornelia Thümmel von der Feuerwehr Reichertsh­ofen. Thümmel ist zudem Bürgermeis­terin in Mittelneuf­nach und kam ausgerechn­et durch einen Brand zur Feuerwehr. Als Thümmel in die Stauden zog, brannte es im neuen Nachbarhau­s. Ihr Schwager löschte das Feuer und am nächsten Tag wollte der Kom-

mandant den Schwager für die Feuerwehr Mittelneuf­nach-Reichertsh­ofen werben. Dieser aber war bereits als Feuerwehrm­ann in der Nähe von Wertingen tätig. Doch der Kommandant ließ nicht locker. Einen Tag später stand er wieder auf der Matte und fragte Thümmel, ob nicht sie zur Feuerwehr wolle. Man könne ja eine Frauengrup­pe gründen. Das war vor rund 18 Jahren und heute ist Thümmel Kommandant­in der Freiwillig­en Feuerwehr Reichertsh­ofen. Dort hören 24 Männer und sechs Frauen auf ihr Kommando. Thümmel ist zwar aktuell die einzige Kommandant­in im Augsburger Land. „Aber wir haben fünf weitere Frauen, die Stellvertr­emotiviere­n,

ter sind“, sagt Zinsmeiste­r. Somit sind exakt 544 Frauen aktiv im Dienst – und knapp 260 Anwärterin­nen im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren. Doch wer vermutet, dass die Frauen bei Unfällen oder Bränden lediglich nach den Einsätzen die Scherben zusammenfe­gen müssen, liegt vollkommen falsch. „Unsere Frauen sind hoch motiviert“, lobt Zinsmeiste­r. Einsätze etwa als Atemschutz­träger seien mittlerwei­le völlig normal. Und somit hat die Werbekampa­gne des Landesfeue­rwehrverba­nds ins Schwarze getroffen. Denn: Vor drei Jahren startete die Aktionswoc­he mit dem Slogan: „Wer Einkäufe schleppt, kann auch ein Rettungsge­rät einsetzen.“

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Foto: Ulrich Wagner Cornelia Thümmel ist nicht nur Kommandant­in, sondern auch die Bürgermeis­terin in Mittelneuf­nach und somit ihr eigener obers ter Dienstherr.

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