Man trägt Heimat mit Dirndl und Lederhose
Im Zweifel setzt sich bei uns die Gebirgstracht durch. Sonst könnten Volkstumsfreunde nicht Schuhplatteln. Die Musiker sind hingegen Botschafter des schwäbischen Gwands. Noch bunter geht es im Alltag zu
Mal ist es einfach Trachtenmode, mal ein Stück streng am Original orientierte Tradition: Ob im Bierzelt oder bei der Hochzeit, Dirndl und Lederhosen, gehören dazu. Parallel dazu stehen die Mitglieder von Heimat- und Volkstrachtenvereinen sowie Musikkapellen mit ihrer Kleidung für Heimatverbundenheit und Tradition. Doch welche Stile sind das, die da getragen werden? Sind die Trachtler im Augsburger Land und der Region noch schwäbisch oder schon bayerisch? Oder gar nichts von beidem?
Alles nicht so einfach zu beantworten, meint Monika Hoede. Sie ist Trachtenberaterin beim Bezirk Schwaben in Krumbach und versteht viel von schwäbischer Volkskultur. Fakt sei, dass viele Vereine dafür sorgen, dass das Brauchtum rund um die regionaltypische Kleidung auch heute noch gepflegt wird.
Gleich eins vorweg: Die „bayerische Tracht“gibt es genauso wenig wie die typisch „schwäbische“. Es sind im Laufe der Zeit vielmehr verschiedene Trachtenstile entstanden, die sich von Gebiet zu Gebiet unterscheiden, unzählige Varianten, die sich sogar örtlich herausgebildet haben. „Einzelne Regionen haben jedoch bestimmte Trachtenformen so sehr in den Vordergrund gerückt, dass diese für dieses Gebiet als ty- pisch gelten, aber auch in anderen Landstrichen zu finden sind“, stellt Monika Hoede fest.
Mit dem Begriff der bayerischen Tracht wird bei uns in erster Linie die oberbayerische Gebirgstracht, die weitgehend die Miesbacher Tracht kopiert, in Verbindung gebracht. Das heißt: graue Lodenjoppe, Lederhose und Hut mit prachtvollem Gamsbart für den Mann und Dirndlgewand mit dunklem Mieder, Schnürkette und Schürze für die Frau.
Diese Gebirgstracht wurde auch Augsburger Land heimisch. Grund dafür war nicht selten die Arbeitsmigration, die auf die wachsende Industrialisierung in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zurückging. Beispiel: Gersthofen. Damals siedelten sich dort Männer unter anderem aus dem oberbayerischen Raum an und gründeten den Gebirgstrachten-Erhaltungsverein D’ Lechtaler. Da es in Gersthofen nachweislich keine historische Tracht gab, entschieden sich die heimatbewussten Bürger für die Miesbacher Tracht. Ähnlich war es in Königsbrunn.
Ganz anders dagegen beim Trachten- und Volkstanzverein Lechfeld. Seine Mitglieder tragen das Lechfelder Gewand, das dort seit dem 17. Jahrhundert beheimatet ist, sagt Vereinsvorsitzende Elfriede Graalheer aus Obermeitingen. Und das unterscheidet sich von der oberbayerischen Tracht in vielen Details. „Die Frauen tragen Bockelhaube, schwarzes Flortuch, weiße Bluse, Mieder, Goller, langen Rock, Seidenschürze, Moireeband um die Taille, farbige Strümpfe und Schnallenschuhen“, so Graalheer. „Die Farben von Rock, Mieder und Schürze sind den Frauen selbst überlassen.“
Auch die Männer pflegen hier einen eigenen Stil: Dazu gehören offener Dreispitz, schwarzes Flortuch, weißes Hemd, rote Weste, Lederoder Wollkniebundhose, Mantel mit Silbertalern und handgestrickte weiße Kniestrümpfe. Und was wird im Augsburger Land überwiegend bei den Heimatvereinen getragen? „Die Gebirgstracht“, antwortet Elfriede Graalheer ohne Umschweife. Wichtig sei diese Tracht in unserer Region auch deshalb, weil sie für das Schuhplatteln benötigt wird, ergänzt Trachtenexpertin Elfriede Hoede: „Nur mit ihr können Trachtenvereine Bühnenerfolge feiern und auf sich aufmerksam machen.“
Die schwäbische Volkstracht steht im Landkreis jedoch nicht auf verlorenem Posten. Im Raum Augsburg haben etliche Vereine neben der Gebirgstracht auch eine schwäim bische Version, meint Graalheer. Unterstützung erhält sie von Gabriele Straßner vom Königsbrunner Trachtenverein D’Lechauer: „Einige Vereine setzen auf beide Varianten und halten beiden die Treue.“
Zwischen historischer schwäbischer und südbayerischer Tracht gebe es keine gravierenden Unterschiede, meint Trachtenexpertin Monika Hoede: „Die süddeutsche Tracht ist in Regensburg sehr ähnlich wie in München, Augsburg oder in anderen Reichsstädten.“
Elfriede Graalheer hat in den nicht so alten Volkstrachten allerdings einige unterschiedliche Details festgestellt. So wurden im schwäbischen Raum keine kurzen Hosen getragen. Hier trage man Kniebundhosen. Ein Glanzpunkt in Bayerisch-Schwaben seien auch die farbigen doppelreihig geknüpften Westen der Männer mit Münzknöpfen, dem Dreispitz und die Reginahauben der Frauen. Die oft mit Silberoder Goldfäden und Perlen bestickten Kopfbedeckungen seien insbesondere im mittelschwäbischen Bereich getragen worden.
Die weibliche Tracht ist sowohl in Schwaben als auch in Bayern wadenoder bodenlang gewesen. Die Beinstutzen, sogenannte „Loferl“, sind wiederum ein typisches oberbayerisches
Merkmal.
Mehr Aufwind habe die schwäbische Tracht in unserer Region bemerkenswerterweise bei den Musikkapellen. Worauf das zurückzuführen ist? Blasmusiker und Dirigenten verweisen in diesem Zusammenhang auf die Arbeit des Heimatbundes Allgäu, des Allgäu-Schwäbischen Musikbundes (ASM) und die zunehmend verstärkte Verbundenheit der Musiker zur eigenen Heimat.
Im Alltag, bei Volksfestbesuchen oder Vereinsfesten, jedoch ebenso bei Familienfesten und sogar im Geschäftsleben kommt neben dem historisch verwurzelten Festtagsgewand auch die Trachtenmode zur Geltung. Und diese ist nicht minder vielfältig. Von einer „reinen modischen Sache“spricht in diesem Zusammenhang Werner Sedlmeier vom gleichnamigen Trachtenhof in Schwabaich bei Schwabmühlhausen. Die Beliebtheit der Tracht sorge jede Saison für eine unendliche Vielfalt an neuen modischen Modellen, sagt er. Jedoch auch Vereine kleiden sich hier nach ihrer Vorstellung ein.
Ogeht es mit einem ty pisch schwäbischen Thema weiter: dem Häuslebau. Wir zeigen dann einige beson ders gelungene Objekte.