Ein Blick in das Kriegsjahr 1943
Neuerscheinung Die Bauernhöfe wurden genau erfasst, um Erträge abzuschöpfen. Für die Gennacher Höfe gibt es eine Dokumentation
Langerringen/Gennach Vor zwei Jahren brachte ein Bürger aus Schwabmühlhausen ein Milchmengenbuch aus dem Jahr 1943 zum Langerringer Gemeindearchiv. Die dort ehrenamtlich arbeitenden Archivare Wendelin Hämmerle und Peter Zacher erkannten schon aus den Formulierungen im Vorwort, dass es sich nicht nur um eine landwirtschaftliche Statistik, sondern um ein historisches Dokument handelt. Der einzige Grund für die Erstellung dieses Milchmengenbuches war, mit der Veröffentlichung der erfassten Zahlen Druck auf die Bauern auszuüben, um die Milchproduktion zu steigern. Die nationalsozialistische Regierung brauchte die Milch dringend für die Butter- und Fettproduktion, um die städtische Bevölkerung und vor allem auch die vielen Soldaten an der Kriegsfront zu versorgen. Aus diesem Grund wurde die Anzahl der Kühe und Kälber erfasst, die täglichen Produktionszahlen gemessen und die Qualität der Milch festgehalten. Der letzte Satz des Vorworts „Nahrung ist Waffe“machte die beiden Archivare besonders betroffen. „Den Sinn der ebenfalls erfassten Personen, die auf den Höfen lebten, haben wir erst begriffen, als wir ein Schreiben an die Sennereigenossenschaft Gennach vom 3. April 1940 entdeckten“, sagen Zacher und Hämmerle. Aus dieser Anweisung des Milchwirtschaftsverbandes Allgäu geht hervor, dass der Milchlieferant für jede auf seinem Hof lebende Person maximal 750 Gramm Butter von der Genossenschaft zurückerhalten durfte. Weitere Dokumente, wie die Verpflichtung von Frauen zum Feuerwehrdienst oder die Erfassung und Ablieferung von „Kraftfahrzeug-Luftbereifungen“, werfen Schlaglichter auf die ländlichen Lebensumstände in der Kriegszeit. Die bürokratisch exakte Erfassung der damaligen Reichsbehörden diente als Bestandsaufnahme. So wurden in Langerringen 165, in Gennach 66 und in Schwabmühlhausen 51 Bauernhöfe gezählt. Damit diese früheren Höfe nicht ganz in Vergessenheit geraten, haben sich Zacher und Hämmerle an die Arbeit gemacht, deren Werdegang zu dokumentieren. Sie sammelten bei den heutigen Bewohnern alte Fotos ein und ergänzten die Daten von 1943 mit den Angaben, bis wann der jeweilige Hof betrieben wurde. So entstand eine eindrucksvolle Dokumentation darüber, welch ungeheuren Wandel die Landwirtschaft in den vergangenen 75 Jahren vollzogen hat.
Der erste Band „Bauernhöfe in Gennach im Kriegsjahr 1943“mit 82 Seiten und 220 historischen Fotos ist schon fertig und kann zum Preis von 10 Euro bei der Gemeinde Langerringen unter Telefon 08232/960310 oder bei Wendelin Hämmerle in Gennach unter Telefon 08249/756 erworben werden. Die Dokumentationen für Langerringen und Schwabmühlhausen sind noch in Bearbeitung.