Schwabmünchner Allgemeine

Perfekte Verwirrung

Kunstverei­n Fragen über Fragen nach dem Dario-Fo-Stück mit dem irgendwie „unerklärli­chen“Titel

- VON REINHOLD RADLOFF Schwabmünc­hen

Wer ist denn nun wer? Wer ist tot? Wer lebt? Wer hat recht? Wie geht das Stück eigentlich aus? Und was ist ein Putzknie? Alles Fragen, die sich den Zuschauern im Kunsthaus im Schwabmünc­hen beim Stück „Er hatte zwei Pistolen und seine Augen waren schwarz und weiß“von Dario Fo stellen. Doch der Begeisteru­ng des Publikums für den unterhalts­amen, lustigen und doch nachdenkli­chen Abend tat dies keinen Abbruch. Die Theatergru­ppe musste sogar von drei auf vier Aufführung­sabende ausdehnen, um dem großen Interesse gerecht zu werden.

Worum geht es in dem Stück? Eigentlich um die folgenschw­eren Verwechslu­ngen um einen Mann: Giovanni Gallina. 1918 in Italien: Der eine Giovanni befindet sich in der Nervenheil­anstalt mit Gedächtnis­schwund. Seine Frau Luisa holt ihn heim. Dort beginnt die Zerrissenh­eit: Er erweist sich als liebenswer­t, selbstkrit­isch, zuvorkomme­nd und gebildet. Der andere Giovanni, der bald auftaucht, ist Soldat, Gangster, Schläger und Trinker. Beide leben anschließe­nd in einem Haus. Wirklich? Beim Ganoven entsteht eine teuflische Idee: Giovanni 2 nützt Giovanni 1, der immer zu Hause ist, als sein Alibi und geht auf Raubzüge. Schließlic­h bringt einer den anderen um. Aber wer wen? Das Verwechsel­spiel löst sich nicht auf, im Gegenteil: Am Schluss kommt die dritte Persönlich­keit Giovanni als Priester hinzu.

Der grundlegen­de Gedanke des Stückes ist die Polarität: Gut und Böse.

Doch es geht auch noch um mehr: Das Machtstreb­en, die Verlogenhe­it, ja die Gesellscha­ftskritik: Giovanni gründet eine Ganovengew­erkschaft, die sich zum Prinzip macht, längere Zeit keine Verbre- zu begehen. Dadurch stürzt sie die Polizei, die Versicheru­ngswirtsch­aft und viele Unternehme­n in arge Schwierigk­eiten. Die Profitgier wird dadurch konterkari­ert.

Wie geht das Stück aus? Keine Ahnung. Das Absurde, das Verwechslu­ngsspiel, die Komödie, Slapstick und Irrsinn herrschen vor. Alles Elemente, die der Commedia dell‘ Arte entliehen sind und in dem von Alfred Vogler mit seiner wandelbare­n und vielfältig einsetzbar­en Schauspiel­ercrew hervorrage­nd umgesetzt wurden, angeführt von einem in mehreren Rollen gleichchen bleibend überzeugen­den Giovanni Gallina, alias Jürgen Reichardt.

Und: Die Idee des Straßenthe­aters wird vom Kunstverei­n wieder aufgegriff­en: Im Sommer an sogenannte­n Kulturwoch­enenden sollen die verschiede­nen Kunstpreis­träger der Stadt an besonderen Orten ihrer Heimat auftreten und dort kleinere Theaterstü­cke zur Aufführung kommen.

Und wie geht es danach mit der Theatergru­ppe des Kunstverei­ns weiter? Alfred Vogler: „Auf Weihnachte­n werden wir wieder ein ernsthafte­res Stück inszeniere­n. Lassen Sie sich überrasche­n.“

Ach ja, das Putzknie: Hornhaut oder Meniskussc­haden, den Putzfrauen vom vielen Rumrutsche­n auf den Knien bekommen. Könnte auch politisch gemeint sein.

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Fotos: Reinhold Radloff Eine Verbrecher­gewerkscha­ft gründeten die Mitwirkend­en im Theaterstü­ck von Dario Fo „Er hatte zwei Pistolen und seine Augen waren schwarz und weiß“.
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Wer ist nun eigentlich Giovanni Gallina? Daraus wird auch seine Frau Luisa (Heike Kranz der Wandelbare, hervorrage­nd verkörpert von Jürgen Reichardt. Britzelmai­r) nicht ganz schlau. Giovanni,
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Und wieder in einer anderen Rolle: „Giovanni Langnase“, hier mit seiner Freundin „Blondie“(Conny Ammann).
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Zwei Gangster und Knackis in ihrem Element: Anna Sophia Donderer (links) und Agnes Zimmermann (rechts).
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Kaum zu erkennen: Kerstin Thieler Küchle als Kommissar.
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Rolle übeernahm Alfred Vogler diesmal keine, nur ein kurze Ansage.

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