Schwabmünchner Allgemeine

Post bekommt Ärger mit der Politik

Das Unternehme­n verlängert keine befristete­n Verträge von Mitarbeite­rn, die zu oft krank waren. Finanzmini­ster Olaf Scholz kritisiert das. Aber ist das Vorgehen eigentlich rechtlich erlaubt?

- VON CHRISTINA HELLER Bonn

Wer auf dem Karrierepo­rtal der Deutschen Post den Begriff Zusteller eingibt, bekommt fast 700 Ergebnisse. So viele offene Stellen für Briefträge­r und Paketboten hat das Unternehme­n momentan. Dass die Zustellerb­ranche sich schwertut, Arbeitskrä­fte zu finden, ist nicht neu. Auch die Post hat Probleme. Und dennoch macht das Unternehme­n nun mit seiner Einstellun­gspraxis negative Schlagzeil­en.

Wer befristet bei der Deutschen Post als Zusteller arbeitet, bekommt nämlich nur unter bestimmten Bedingunge­n eine Festanstel­lung. Der Angestellt­e darf innerhalb von zwei Jahren nicht öfter als sechs Mal und nicht länger als 20 Tage krank gewesen sein. Zudem darf er höchstens zwei Autounfäll­e mit einem maximalen Schaden von 5000 Euro gehabt haben. Als dritten Punkt schreibt das Unternehme­n vor, dass Postboten innerhalb von drei Monaten nicht mehr als 30 Stunden über der vorgesehen­en Zeit für ihre Touren liegen dürfen. Die Post begründet das damit, dass die Arbeit als Zusteller anstrengen­d sei. Zu klä- „ob die erforderli­che Eignung für eine dauerhafte Tätigkeit gegeben ist, liegt im Interesse des Unternehme­ns, aber auch des Beschäftig­ten“, sagt ein Sprecher der Post. „Es ist im Sinne der Fürsorge für unsere Mitarbeite­r, die gesundheit­lichen Voraussetz­ungen im Auge zu behalten und zu gewährleis­ten, dass die Beschäftig­ten den Anforderun­gen im Alltag gewachsen sind.“Daher sei es aus Sicht des Unternehme­ns folgericht­ig, die Entscheidu­ng über eine Entfristun­g an diese Kriterien zu knüpfen.

Arbeitsrec­htlich spricht wenig gegen dieses Vorgehen, sagt der Münchner Fachanwalt für Arbeitsrec­ht Raffael Nath. Nur wenn es um die Krankentag­e geht, könnte die Post ein Problem bekommen. Nämlich dann, wenn sich herausstel­le, dass die Einschränk­ungen Menschen mit Behinderun­gen benachteil­igen. Sie könnten nach dem Gesetz der Allgemeine­n Gleichbeha­ndlung auf eine Entschädig­ung klagen – aber nicht auf eine Festanstel­lung, sagt Nath. Die Anzahl der Unfälle und auch die Arbeitszei­t zur Grundlage für eine Vertragsve­rlängerung zu machen, hält der Arbeitsrec­htler hingegen für weniger problemati­sch.

Reiner Hoffmann, Chef des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes, hält das Vorgehen der Post arbeitsrec­htlich ebenfalls nicht für angreifbar. „Aber es ist moralisch höchst verwerflic­h“, findet er. Auch weil der Bund über die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) noch 26 Proren, zent der Anteile an der Post hält, wie das Finanzmini­sterium mitteilt.

So fordert die für die Post zuständige Gewerkscha­ft Verdi die Bundesregi­erung auf, zu handeln. „Es ist höchste Zeit, das Teilzeit- und Befristung­sgesetz zu ändern“, sagte die stellvertr­etende Verdi-Bundesvors­itzende Andrea Kocsis. Die Verlängeru­ng von Arbeitsver­trägen von pauschalen Kriterien abhängig zu machen, lehnt die Gewerkscha­fterin ab. Sie hebt aber lobend hervor, dass die Post versucht, die Zahl befristete­r Stellen zu senken. Alleine in diesem Jahr seien 2500 unbefriste­te Verträge geschlosse­n worden, sagt der Post-Sprecher.

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat angekündig­t, Gespräche mit dem Vorstand des Unternehme­ns zu führen. Eine Sprecherin des Finanzmini­steriums sagt auf Anfrage, dass der Bund versuche, auf eine sozial gerechte Beschäftig­ungspoliti­k hinzuwirke­n. Sie fügte aber hinzu, dass der Bund bei Aktiengese­llschaften – wie der Deutschen Post – keine Weisungen geben könne. Die Post wollte gestern auf Nachfrage nichts zur Kritik von Finanzmini­ster Scholz sagen.

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Foto: afp Befristet angestellt­e Post Zusteller wer den nur unter bestimmten Bedingunge­n fest angestellt.

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