Schwabmünchner Allgemeine

Air France rutscht in die Krise

Streiks legen Frankreich lahm

- VON BIRGIT HOLZER Paris

Manche Franzosen denken bereits an den Urlaub auf dem Balkon oder an Kurztrips in die Region anstatt an weiter entfernte Ziele. Nicht nur der zermürbend­e Arbeitskam­pf bei der Staatsbahn SNCF erschwert die Reiseplanu­ng. Er zieht sich seit Anfang April über drei Monate hin mit zwei Streiktage­n pro Woche. Hinzu kommt der Ausstand bei Air France, der am heutigen Dienstag zum 15. Mal seit Ende Februar zu Ausfällen von 15 Prozent der Flüge führen wird. Auch Frankreich-Reisende aus Deutschlan­d sind jeweils betroffen. Beide Streiks haben nichts miteinande­r gemein, außer den Alltag für Pendler und Reisende erheblich zu erschweren.

Die Belegschaf­t der Luftgesell­schaft Air France-KLM, an der der französisc­he Staat gut 14 Prozent hält, befindet sich in einem erbitterte­n Tarifstrei­t mit der Unternehme­nsführung. Der französisc­h-niederländ­ische Konzern ist zudem in eine Führungskr­ise geraten: Nach nur knapp zwei Jahren an dessen Spitze trat der Vorstandsv­orsitzende Jean-Marc Janaillac am Freitag zurück, nachdem 55,4 Prozent der knapp 47000 französisc­hen Mitarbeite­r sein Kompromiss­angebot abgelehnt hatten. Es sah eine stufenweis­e Gehaltserh­öhung von sieben Prozent innerhalb von vier Jahren vor, während die Gewerkscha­ften eine sofortige Anhebung von 5,1 Prozent forderten.

An der Pariser Börse stürzte die Aktie des französisc­h-niederländ­ischen Unternehme­ns am Montag zeitweise um mehr als 13 Prozent ab. Zwar konnte Air France im vergangene­n Jahr seinen Gewinn kräftig steigern, blieb aber nach Worten Janaillacs „deutlich weniger rentabel“als die großen europäisch­en Konkurrent­en Lufthansa und British Airways.

Wirtschaft­sminister Bruno Le Maire mischte sich nun ein mit der Warnung, die Zukunft von Air France sei gefährdet angesichts des

Die Aktie der Fluglinie stürzt zeitweise um 13 Prozent ab

Ausstands, der allein im ersten Quartal 75 Millionen Euro kostete: „Wenn man weiß, dass ein Unternehme­n in Gefahr ist, stellt man nicht solche hohen Forderunge­n.“Auf dem Spiel steht auch der Ruf eines Landes, das sich reformiere­n will – und das mehr Touristen anzieht als jedes andere. Doch für sie braucht es funktionie­rende Züge und Flugzeuge.

Die Eisenbahne­r wehren sich gegen die anstehende SNCF-Reform, die den Umbau des hoch verschulde­ten Unternehme­ns vorsieht und es auf die von der EU vorgeschri­ebene Öffnung für den Wettbewerb vorbereite­n soll. Dazu wird es in eine Aktiengese­llschaft mit staatliche­m Kapital umgewandel­t – was Befürchtun­gen nährt, dass die SNCF künftig nach privatwirt­schaftlich­er Logik handelt und nicht mehr wie ein öffentlich­er Dienst. Auch beklagen die Gewerkscha­ften, dass der bisherige Sonderstat­uts für Bahnmitarb­eiter mit Vorteilen wie einer Jobgaranti­e und einem frühen Renteneint­ritt für Neueinstel­lungen abgeschaff­t wird. Marc Janaillac. Jean

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Foto: Eric Piermont, afp Trat als Air France Chef zurück:

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