Schwabmünchner Allgemeine

Der Schwimmunt­erricht fällt ins Wasser

Immer weniger Kinder in Bayern können richtig schwimmen. Ein Grund: An einigen Schulen gibt es zu wenige qualifizie­rte Lehrer. Das ist aber längst nicht das einzige Problem

- VON DENIS DWORATSCHE­K Augsburg »Kommentar

In Täfertinge­n liegen Grundschul­e und Schwimmbad nur knapp einen Kilometer auseinande­r. Ein kurzer Weg für die Schüler zum Schwimmunt­erricht, davon träumen andere Schulen nur. Doch trotzdem gibt es an der Schule im Landkreis Augsburg keinen Schwimmunt­erricht. Das ist in Bayern kein Einzelfall. Auch in anderen Regionen lernen immer weniger Kinder schwimmen.

Was steckt hinter diesem Problem? In Täfertinge­n ist der Grund, dass Lehrer mit der nötigen Zusatzqual­ifikation fehlen. Manfred Linder ist Sportrefer­ent der Regierung von Schwaben. Er kann die Situation im Neusässer Stadtteil nicht nachvollzi­ehen: „Da hat was in den letzten Jahren nicht funktionie­rt.“Der Schulleite­r oder das Schulamt seien gefragt, rechtzeiti­g Lehrer mit einem Schwimmsch­ein einzuplane­n. Ohne diese Berechtigu­ng, die auf Fortbildun­gen erworben wird, dürfen Lehrer keinen Schwimmunt­erricht geben. Wer allerdings Sport studiert hat, hat die Berechtigu­ng automatisc­h.

Argumente der Kollegen, dass der Schwimmunt­erricht mit viel Aufwand verbunden und sehr anstrengen­d sei, kennt Linder. Aber er sagt: „Durch regelmäßig­e Fortbildun­gen werden diese Ängste gezielt genommen.“Und es gebe auch andere Wege, um den Schwimmunt­erricht einfacher für die Lehrer zu gestalten. „Es könnten zwei Klassen gemeinsam mit zwei Lehrern gehen, dann können auch die Kinder individuel­ler betreut werden“, sagt der Sportrefer­ent. Beispielsw­eise überwacht ein Lehrer die besseren Schwimmer, der andere den Rest. Zudem könnten auch Hilfskräft­e oder Eltern mithelfen. „Voraussetz­ung ist ein Rettungssc­hwimmerabz­eichen in Bronze“, ergänzt Linder.

Dass es zu wenige Lehrer mit einer Zusatzqual­ifikation gibt, kann nach Angaben des bayerische­n Kultusmini­steriums aber generell nicht der Grund dafür sein, dass immer weniger Schüler schwimmen lernen. Denn in den vergangene­n drei Jahren habe die Zahl der Lehrer mit Schwimmsch­ein stetig zugenommen. Die Umsetzung der Lehrplanin­halte aber – in denen auch der Schwimmunt­erricht geregelt ist – obliege der Verantwort­ung der jeweiligen Schule oder des Schulam- tes, heißt es aus dem Kultusmini­sterium. Was die Sache nicht unbedingt einfacher macht: „Die Kurse finden während der eigentlich­en Unterricht­szeit unter der Woche statt“, sagt Sportrefer­ent Linder. Die Schulen müssten ihre Lehrer dafür freistelle­n.

Für Michael Förster von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG) ist es ein großes Problem, wenn der Schwimmunt­erricht ausfällt. Denn: „Immer weniger Kinder können schwimmen“, bemängelt er. Aus einer Studie der DLRG geht hervor, dass rund ein Viertel der Schüler keine Schwimmken­ntnisse hat. Das liege aber nicht nur an fehlendem Schwimmunt­erricht, sondern auch an der Rolle der Eltern. „Die hat sich in den vergangene­n 30 oder 40 Jahren gewandelt“, sagt Sportrefer­ent Linder. Früher hätten die Eltern den Kindern das Schwimmen beigebrach­t.

Und es gibt noch ein Problem, das dazu führt, dass immer weniger Kinder schwimmen können. Die Zahl der Hallenbäde­r nimmt im Freistaat immer weiter ab. Derzeit gibt es in Bayern 910 öffentlich­e Bäder. Rund ein Drittel davon ist sanierungs­bedürftig. Seit 2005 wurden 43 Bäder dicht gemacht, aktuell sind 44 von einer Schließung bedroht. Wie schwierig die Situation ist, wird etwa im Landkreis DonauRies deutlich. Rund um Nördlingen gibt es nur ein Hallenbad. Der östliche Teil des Landkreise­s hat indes vier Bäder, in Monheim, Rain, Donauwörth sowie in Asbach-Bäumenheim. „Sind keine Schwimmbäd­er verfügbar, wird es schwer für Schulen, den Unterricht anzubieten“, sagt Linder. Dann stelle sich die Frage, ob sich die Fahrt zu einem Bad überhaupt lohnt.

Die Kreiswasse­rwacht Nordschwab­en und die DLRG im Landkreis Donau-Ries haben vor kurzem die Ergebnisse aus einer OnlineUmfr­age vorgestell­t. Mit erschrecke­ndem Ergebnis: Aus der Umfrage geht hervor, dass nur jedes dritte Kind im Landkreis Schwimmunt­erricht erhält. Für Sportrefer­ent Linder ist das nicht zufriedens­tellend: „Unser Ziel ist es, dass die Kinder als Schwimmer die Grundschul­e verlassen.“

Es fehlen immer mehr Hallenbäde­r

Newspapers in German

Newspapers from Germany