Vater Beimer verlässt die Lindenstraße
Mehr als drei Jahrzehnte spielte Joachim H. Luger in der Kult-Seifenoper mit. Warum der 74-Jährige nun damit aufhören will und wie er aus der Serie ausscheidet
Im Dezember 1985 ist die Welt noch in Ordnung in der „Lindenstraße“: In der ersten Folge ist Hans Beimer mit Helga Beimer verheiratet. Und bald schon werden die beiden nur noch „Mutter“Beimer und „Vater“Beimer genannt – was viel über den Stellenwert des Paares aussagt. Die Beimers sind die deutsche Serien-Familie schlechthin.
Der inzwischen 74-jährige Joachim H. Luger, der den Hans spielt, sagte erst kürzlich, dass es für die Zuschauer „ein langer und steiniger Weg“gewesen sei, zu akzeptieren, dass Hans seine Helga 1988 wegen der Nachbarin verlässt. Der nächste Schock kommt für Fans 30 Jahre später: „Vater Beimer“steigt komplett aus der „Lindenstraße“aus. Luger hat sich entschieden, die
auf eigenen Wunsch zu verlassen, wie der am Montag mitteilt. Er soll das klassische Ende großer Serien-Figuren bekommen: den Serientod. Wie genau Hans aus dem Leben scheidet, ist jedoch noch ein Geheimnis. Fest steht, dass es am 2. September so weit sein wird. Titel der Folge: „Die Ruhe nach dem Sturm“. „Im Oktober werde
ARD-Serie WDR
75 Jahre alt, und da möchte ich noch einmal Neues wagen“, erklärt Luger. „Einfach freier in meinen Möglichkeiten und Entscheidungen sein, mehr Theater spielen oder vielleicht auch in andere Rollenfiguren schlüpfen. Und ich möchte gern mehr Zeit für meine Frau, meine Kinder und Enkelkinder haben.“
In der „Lindenstraße“gab und gibt es wie in jeder Seifenoper eine nicht enden wollende Reihe spekta- kulärer Entwicklungen. Zum Markenzeichen der Serie gehört es, gesellschaftlich relevante Themen anzupacken: Der Schwulenkuss zwischen Carsten Flöter und Robert Engel war ein Meilenstein im deutschen Fernsehen. Der Tod von Hans ist dennoch etwas Besonderes. Luger war seit der ersten Folge dabei, seit mehr als drei Jahrzehnten.
Wenn man nach einem Fixpunkt in der an Figuren reichen „Lindenich straße“suchte, dann waren es die Beimers. Auch, weil sie immer ein bisschen so waren, wie sich Deutschland selbst sieht. Produzent Hans W. Geißendörfer beschreibt es so: „Ein Paar, wie ich es mir erträumt hatte: zwar ein bisschen spießig, aber zugleich auch weltoffen; konservativ, aber auch wieder modern.“Als Luger vor ihm gestanden habe, habe er gedacht: „Helga Beimer hat ihren Hans!“Der Schauspieler habe die Figur stets ernst genommen: „Er hat sie akzeptiert wie sein zweites Ich.“
Hans Beimer hat eine bewegte Geschichte hinter sich, nicht nur die Scheidung von der ewig Spiegeleier bratenden Helga. Vor allem hat er viele Kinder. Aus erster Ehe sind es drei, zusammen mit seiner zweiten Frau Anna Irene Fischer – dem damaligen Scheidungsgrund – fünf. Und mit fast 70 Jahren ist er 2013 nochmals Vater eines Sohnes geworden. Wenig später erfährt er, dass er an Parkinson erkrankt ist. Trotz der vertrackten Beziehungsgeschichte – für Mutter Beimer dürfte es ein schwerer Abschied werden. Für die Fans auch.