Heiße Liebe zum Club wiederentdeckt
Die Fans bereiteten dem 1. FC Nürnberg nach dem Aufstieg einen feurigen Empfang. Für die Rückkehr ins Oberhaus gibt es zahlreiche Gründe. Hier sind die sechs wichtigsten
Welche kraftvollen Emotionen der 1. FC Nürnberg freisetzen kann, ist spätestens an diesem Sonntag wieder deutlich geworden. Nicht nur in den sozialen Netzwerken, in denen die Zahl der ClubBeiträge förmlich explodierte, sondern auch im richtigen Leben. Tausende von Fans bereiteten der Mannschaft am Abend nach der Rückkehr vom 2:0-Sieg in Sandhausen am Valznerweiher einen beeindruckenden Empfang. Vom Dach des Vereinsheims aus feierten die Profis mit den Anhängern das Bundesliga-Comeback. Für die Kicker ging es danach bis 6 Uhr morgens in einer Nürnberger Bar weiter.
Es gibt gute Gründe, warum der Club nach vier Jahren Abstinenz ab August wieder erstklassig sein wird, warum Bayern München und Borussia Dortmund nun wieder ins Max-Morlock-Stadion kommen und warum viele Franken eine heiße Liebe gerade neu entdecken.
1. Der Trainer
„Das Werk ist getan“, sagte Michael Köllner am Sonntag. Er nutzte mit Besessenheit die Chance, im fortgeschrittenen Alter von 47 Jahren endlich mit Profis all das Wissen umzusetzen, das er sich angeeignet hatte. Im letzten Drittel der Vorsaison sicherte er den Klassenerhalt mit dem Club, dann verpasste er der Mannschaft ein offensives Spielsystem und eine klare Struktur. Dass nicht jedes personelle und taktische Experiment aufging, schmälert Köllners Verdienste nicht. Er ist der Vater des Aufstiegs. Seine Volkstümlichkeit und seine Redseligkeit kommen bei Fans zweifellos besser an als bei manchen Journalisten.
2. Das Management
Sportvorstand Andreas Bornemann muss noch immer ausbaden, dass das Vertrauen der Club-Fans in die Fähigkeiten der sportlichen Leitung seit den Zeiten eines Martin Bader begrenzt ist. Dass merkte Bornemann, als er in der Winterpause lieber Eigengewächs Cedric Teuchert an Schalke 04 verkaufte, als ihn ein paar Monate später ablösefrei abzugeben. Doch Bornemanns Transfers aus dem letzten Sommer haben eingeschlagen. Der Brasilianer Ewerton wurde zusammen mit Georg Margreitter zur Stütze der Innenverteidigung, Rückkehrer Enrico Valentini bildete mit (dem endlich verletzungsfreien) Tim Leibold ein kongeniales Außenverteidiger-Duo. Und Tobias Werner, der nach dem Kreuzbandriss des glänzend gestarteten Sebastian Kerk kostengünstig aus Stuttgart geliehen wurde, war eine wichtige Ergänzung.
3. Der Kapitän
Dass Köllner Hanno Behrens mit der Binde betraute, war eine eminent wichtige Entscheidung. Das Nordlicht aus Elmshorn ging in seiner dritten Club-Saison in vielen Spielen mit seinem Willen voran. 14 Saisontore bedeuten den geteilten Rang zwei in der Zweitliga-Rangliste – eine sensationelle Ausbeute für einen Mittelfeldspieler. Köllner war gut beraten, Behrens im Saisonfinale nur noch mit der offensiveren Rolle zu betrauen. Auch als Vorsänger und Stimmungskanone ist Behrens mittlerweile unersetzlich.
4. Mikael Ishak
Als sich der schwedische Stürmer im Februar das Innenband riss, verfiel der Club in eine Krise. Fünf Spiele lang gab es keinen Sieg, bei seiner Rückkehr kam der Club mit dem 3:2 gegen Heidenheim wieder in die Spur. Ishaks 13 Saisontore datieren zwar alle aus dem Kalenderjahr 2017, dennoch ist der als Zielspieler mit seiner Ballbehauptung und seinem großen Aktionsradius unersetzlich. Tore wird er sicher irgendwann auch wieder machen.
5. Das Binnenklima
Der Star beim 1. FC Nürnberg ist die Mannschaft. Dafür haben Bornemann und Köllner mit ihrer Personalauswahl gesorgt. Wer nicht zum Einsatz kam, wurde nicht vergessen. Das dankten Laszlo Sepsi, der seinen Stammplatz als Linksverteidiger verloren hatte, und der ewige Reservist Ondrej Petrak mit guten Leistungen in der Endphase der Saison. Der Club muss sich mit bundesligaerfahrenen Kräften verstärken. Aber der Teamgedanke, sagt Sportvorstand Bornemann, werde weiter im Vordergrund stehen.
6. Die schwache Konkurrenz
In der Vorsaison waren die beiden direkten Aufstiegsplätze an die Bundesliga-Absteiger Hannover 96 und VfB Stuttgart mehr oder minder fest vergeben. In der kommenden Saison wird das mit dem 1. FC Köln und – wahrscheinlich – dem Hamburger SV kaum anders sein. Nürnberg hat das Machtvakuum dieser Runde zu seinen Gunsten genutzt.