Schwabmünchner Allgemeine

Das Schulessen bekommt sein Fett weg

Paniert, ölig, sahnig: Die Mittagsver­pflegung an Schulen ist oftmals schwere Kost. So war es auch im Gymnasium St. Stephan – bis die Augsburger Schule den Caterer wechselte und am Ernährungs­coaching teilnahm

- VON DORINA PASCHER

Weichgekoc­hte Nudeln in zähflüssig­er Pampe. Schnitzel und Fischstäbc­hen, bei denen sich die schwammige Panade ablöst. Dazu zuckrige Süßspeisen wie Dampfnudel­n oder Kaiserschm­arrn. Das Essen in Schulkanti­nen ist oftmals keine leichte und vor allem keine gesunde Kost. Zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viele Kohlenhydr­ate landen täglich auf den Essenstabl­etts der Schüler und Lehrer. Und das sorgt nicht nur für Bauchgrimm­en bei den Kindern, sondern auch bei ihren Eltern. Zu Hause achten viele auf eine bewusste Ernährung – in der Mittagspau­se essen die Schüler billiges Fleisch, fettige Soßen und trinken zuckerhalt­ige Getränke.

Ein Jahr ist es her, da hatte das Gymnasium St. Stephan ähnliche Probleme. „Die Qualität des Essens war sehr wechselhaf­t und es gab viele Standardge­richte wie labbrige Nudeln mit dicker Soße“, erinnert sich Lehrerin Andrea Losch. So richtig zufrieden waren weder die Schüler noch die Lehrkräfte. Viele von ihnen wichen aus. Mittags ging es statt zur Mensa in die umliegende­n Döner-Buden, Asia-Imbisse oder an die Pizza-Stände. „An manchen Tagen aßen zehn, an anderen

Vom kargen Speisesaal zum beliebten Treffpunkt

Tagen 100 Kinder in der Mensa“, sagt Losch. Das wurde für den Caterer zum Problem. Er kündigte.

Doch jedes Ende ist der Beginn von etwas Neuem. Bereits vor dem Wechsel zu einem neuen Essenslief­eranten hatte sich das Gymnasium im Augsburger Domviertel für das „Coaching Schulverpf­legung“beworben. In dem Projekt stellt das Bayerische Landwirtsc­haftsminis­terium kostenfrei eine Ernährungs­beraterin für Schulen zur Verfügung.

Für das Gymnasium St. Stephan schaut Anja Häußler aus Senden (Landkreis Neu-Ulm) in die Töpfe. Die Ernährungs­beraterin bewertet nicht nur die Qualität der angebotene­n Speisen, sondern beurteilt Räumlichke­iten und Organisati­onsabläufe. So war eines der größten Probleme in St. Stephan der ungastlich­e Speisesaal: keine Deko, ungemütlic­he Stühle, vier lange Tafeln. „Die Mensa hatte Kantinench­arakter“, erinnert sich Häußler. Die gelernte Diätassist­entin gab Tipps, wie der Raum eine angenehme Atmosphäre erhalten könnte. Nun, ein dreivierte­l Jahr nach dem Coaching, ist der Wandel sicht- wie spürbar: mehrere kleinere Tische, eine gemütliche Lounge mit braunen Ledersofas und Wandbehäng­e mit Naturmotiv­en. „Das hat nichts von Schulmensa“, sagt Lehrerin Losch. Mittlerwei­le sei die Mensa ein beliebter Treffpunkt. Die Schüler kommen zusammen, machen Hausaufgab­en oder quatschen miteinande­r. Und das ohne Gerangel und Gezanke, wie Häußler betont.

Nicht nur die weichen Sofas locken in die Mensa. Auch die Speisen des neuen Caterers kommen bei den Kindern an. „Im Vergleich zum vorigen Jahr hat sich die Zahl derer, die hier zu Mittag essen, verdoppelt“, sagt Losch, die Verpflegun­gsbeauftra­gte der Schule.

Nachdem der neue Caterer die Schulküche übernommen hat, ist das Essen frisch, saisonal und vor allem gesund. Fertiggeri­chte sind tabu, genauso wie Zusatzstof­fe und Geschmacks­verstärker. „Wir gehen nach dem 70 zu 30 Prinzip vor“, erklärt der Inhaber des Schülercaf­és „Breakx“, Peter Doehner. Das bedeutet: 70 Prozent der Speisen sind

Vollkornpr­odukte, frisches Gemüse, Salate und Rohkost. Doch Kinder können auch Muffins und Cookies (30-Prozent-Anteil) kaufen.

Dass Schüler gerne zu Ungesundem wie Pommes oder Schokolade greifen, das bezweifelt Doehner: „Kinder und Jugendlich­e wollen sich gesund ernähren.“Oftmals fehle ein ansprechen­des Angebot. Statt einem Apfel am Stück gibt es täglich frisch geschnitte­nen Obstsalat. Doehner freut sich: „Der ist als erstes weg“. Statt Schokorieg­eln verkauft „Breakx“selbstgema­chte Energierie­gel. Auch die sind sehr beliebt. „Am Anfang stellten wir noch eine halbe Schüssel von den Riegeln

hin“, sagt der 39-jährige SchulcaféI­nhaber. „Heute verkaufen wir täglich eine ganze Schale voll.“

Doehner sieht seine Aufgabe nicht nur darin, das Essen zuzubereit­en und zu verkaufen. Er will die Kinder zu einer gesünderen Lebensweis­e erziehen. Die Motivation liegt an seiner persönlich­en Vorgeschic­hte: Früher hatte der Friedberge­r mit Übergewich­t zu kämpfen. „Ich bin auf viele Diäten hereingefa­llen“, erzählt Doehner. Dann begann er, sich für Sport zu begeistern, kündigte nach 24 Jahren seinen Job als Auslandsmo­nteur für Dieselmoto­ren bei der MAN und machte eine Ausbildung zum Personal Trainer.

Mit dem gesunden Catering-Service hat er sich seinen Traum erfüllt. „Ich will Kindern mitgeben, wie eine ausgewogen­e Ernährung aussieht“, sagt der 39-Jährige, dessen Bizeps manchen Jugendlich­en staunen lässt. Erst kürzlich sei ein Schüler zu ihm gekommen und habe gefragt, ob er den Hamburger ohne Brot haben könne. Der Grund: Der junge Mann wollte keine Kohlenhydr­ate zu sich nehmen. „Aber die brauchen wir“, sagt Doehner und lacht. „Ich empfahl ihm, mehr Sport zu machen. Dann dürfe er sogar noch mehr essen.“Der Heranwachs­ende ließ sich überzeugen – und nahm eine Fleisch-Bulette extra.

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Foto: Ulrich Wagner Neuer Caterer und ein renovierte­r Speisesaal: Adrian, Elias, Jonathan (von links) und ihre Mitschüler am Gymnasium St. Stephan nehmen das verbessert­e Mittagsang­ebot an. Im Vergleich zum vergangene­n Schuljahr essen nun doppelt so viele Kinder in der...
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Foto: Dorina Pascher Sie kümmern sich um gesundes Essen am Gymnasium St. Stephan (von links): Ernäh rungscoach Anja Häußler, Schulcafé Inhaber Peter Doehner und Verpflegun­gsbeauf tragte Andrea Losch.
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Foto: Andrea Losch So sah der Speiseraum des Gymnasiums St. Stephan vor dem Umbau aus: vier lange Tafeln, ungemütlic­he Holzstühle, karge Wände. „Die Mensa hatte Kantinench­arak ter“, sagt Ernährungs­coach Anja Häußler.

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