Schwabmünchner Allgemeine

Das Glück liegt in der Musik

Wolfgang Scherer hat mit seinen Orchestern die Welt bereist und Tausende Zuhörer begeistert. Morgen feiert der Königsbrun­ner seinen 65. Geburtstag. Was ihn weiter antreibt

- VON ADRIAN BAUER Königsbrun­n

Glück muss der Mensch haben – diesen Sinnspruch kann Wolfgang Scherer nur unterstrei­chen. Am Sonntag feiert der preisgekrö­nte Musiker seinen 65. Geburtstag gemeinsam mit seiner Frau, die am selben Tag 59 Jahre alt wird. Doch genau wie es in der Musik mit Talent allein nicht getan ist, steckt auch im ganzen Leben hinter den glückliche­n Momenten einiges an harter Arbeit.

„In der Musik macht das Talent 25 Prozent aus, der Rest sind Übung und harte Arbeit“, sagt Scherer. In seiner eigenen musikalisc­hen Ausbildung bekam er das stark zu spüren. Die Eltern ließen nicht zu, dass der Sprössling die Geigenstun­den zu locker nahm. Zwischen dem fünften und 15. Geburtstag wurde jeden Tag geübt. „Andere Aktivitäte­n waren nicht erlaubt, kein Fußball, kein Skifahren. Und bei jedem Verwandtsc­haftsfest wurde man auf den Tisch gestellt und musste vorspielen“, sagt Wolfgang Scherer. Auf der anderen Seite gingen aber sicher viele Talente verloren, weil sich die Eltern eine intensive Förderung des Kindes nicht antun wollen: „Von nichts kommt eben auch nichts. Da muss man als Eltern auch jeden Tag dabei sein, beim Üben und bei den Aufführung­en.“

Zuhause fühlt er sich in allen musikalisc­hen Genres. Deshalb schloss er sich einer Tanzkapell­e aus dem Ulmer Vorort Oberelchin­gen an, während er studierte und am Konservato­rium in Augsburg unterricht­ete. Scherer brachte sich in kurzer Zeit Saxofon und Akkordeon bei, um mitspielen zu können. Die Gruppe hatte schon einen guten Namen und bundesweit­e Auftritte: „Wenn ich am Freitagnac­hmittag Feierabend hatte, ging es auf die Autobahn und zu Auftritten, Sonntagabe­nd habe ich die Kollegen in Oberelchin­gen abgesetzt und bin zurück nach Augsburg gefahren.“

Unzählige Kilometer habe er auf der Autobahn verbracht und zwei Autos zu Schrott gefahren. Bei einem Unfall 1975 an der Donau war er froh, dass er einen Baum traf und nicht im Wasser landete – sonst hätte es richtig gefährlich werden können. Doch das Glück ging noch weiter: Sein Geigenkast­en samt Noten, der in der Donau gelandet war, wurde in einem Stauwehr bei Leipheim gefunden und ihm zurückgege­ben. Und er bekam sogar noch einen Sicherheit­s-Preis von unserer Zeitung, weil er angeschnal­lt am Steuer gesessen hatte.

Neben der eigenen musikalisc­hen Tätigkeit war für Wolfgang Scherer schon immer die Arbeit mit Jugendlich­en eine Herzensang­elegenheit. Und das Organisier­en – als Gemeindera­t in Oberelchin­gen, der die 850-Jahr-Feier des Ortes auf die Beine stellte. Als Leiter des Orchesters am Augsburger Gymnasium Maria Stern, das er zuerst aufbaute, um mit den Musikerinn­en um die Welt zu reisen und bei Großereign­issen wie den Olympische­n Spielen in Peking oder der Jugend-Weltausste­llung in Shanghai aufzutrete­n. Als Chef des Lech-Wertach-Orchesters, das er mit Stolz als „PrimaVista-Orchester“bezeichnet, weil die jungen Musiker nach dem ersten Blick auf die Noten Stücke auf höchstem Niveau darbieten können.

Bei der Förderung verlassen die Scherers durchaus die gewohnten Pfade, konfrontie­ren die jungen Musiker mit neuem Publikum – zum Beispiel bei Mitmachkon­zerten in Altenheime­n, in Flüchtling­sunterkünf­ten oder vor magersücht­igen Jugendlich­en in der Jugendpsyc­hiatrie der Charité in Berlin. „Das ist die Domäne meiner Frau, sie kann solche Auftritte sehr einfühlsam moderieren. Nach dem Konzert waren die Ärzte begeistert, dass am Ende jedes der Mädchen ein Instrument in der Hand hatte und mitgemacht hat.“

Froh ist er, dass die Söhne Valentin und Dominik sich schon früh für Trompete und Schlagzeug entschiede­n haben: „Hätten Sie auch Geige gespielt, hätte ich vermutlich daneben gestanden und sie ständig korrigiert. So waren es Instrument­e, von denen ich keine Ahnung hatte.“Dass am Ende selbststän­dige Musiker herauskomm­en, Dominik Scherer sogar als Shootingst­ar am Schlagzeug gilt, freut ihn umso mehr – ebenso wie die Tatsache, dass beide weiterhin in der Nähe leben, sodass sich die Familie nicht nur regelmäßig sieht, sondern auch gemeinsam die Konzerte junger Talente organisier­en kann. Dabei sind über die Jahre 87000 Euro für die Kartei der Not zusammenge­kommen, das Leserhilfs­werk der Augsburger Allgemeine­n und ihrer Heimatzeit­ungen.

In Pension ist Wolfgang Scherer zwar schon, kürzertret­en will er aber noch lange nicht. Er plant eine Orchesterr­eise nach Japan, eine weitere nach Köln. Im November steht das nächste Konzert junger Talente an (24./25. November). Zudem hat er mittlerwei­le ein Enkelkind, das ihn auf Trab hält. Er kümmert sich um Haus und Garten und im Keller steht eine Modelleise­nbahn, der er „schubweise Zuneigung“widmet. „Ich habe viel Glück gehabt im Leben. Aber ich bin noch lange nicht ausgepower­t“, sagt Wolfgang Scherer. Auf solch ein Fazit lässt es sich zum Geburtstag im Kreise der Familie sicher gut anstoßen.

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Wolfgang Scherer ist berühmt für seine „Konzerte junger Talente“in Schwabmünc­hen.
Archivfoto: Marcus Merk Wolfgang Scherer ist berühmt für seine „Konzerte junger Talente“in Schwabmünc­hen.

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