Schwabmünchner Allgemeine

Klinikum: Reinigungs­kräfte wollen mehr Lohn

Seit 2005 gibt es im Tarifvertr­ag eine neue Niedrigloh­n-Klasse für „einfachste Tätigkeite­n“. Doch ob das Säubern von Patientenz­immern dazu gehört, wird unterschie­dlich gesehen. Eine Klage in erster Instanz hatte keinen Erfolg

- VON STEFAN KROG Augsburg »Kommentar

Vor dem Arbeitsger­icht sind vier Reinigungs­kräfte des Klinikums mit einer Klage gescheiter­t, die eine bessere Entlohnung zum Ziel hat. Hintergrun­d: Im Tarifvertr­ag für den Öffentlich­en Dienst gibt es seit 2005 eine Niedrigloh­ngruppe für „einfachste Tätigkeite­n“. Das Einstiegsg­ehalt liegt aktuell bei 1750 Euro. Die Reinigungs­kräfte machen geltend, dass ihre Tätigkeite­n anspruchsv­oller und belastende­r sind als die im Tarifvertr­ag beispielha­ft genannten Tätigkeite­n wie Garderoben­personal oder Reiniger von Grünanlage­n. Der zuständige­n Kammer am Augsburger Arbeitsger­icht waren die Aussagen aber zu wenig konkret, auch wenn das Gericht betonte, dass es sich bei der Arbeit unabhängig von der Eingruppie­rung um eine „wertvolle Tätigkeit“handelt. Laut Verdi dürfte die Angelegenh­eit in die nächste Instanz vors Landesarbe­itsgericht gehen.

Am Klinikum sind momentan um die 170 Arbeitskrä­fte in die unterste Entgeltgru­ppe eingestuft, wobei die Zahl mit dem Auslaufen alter Arbeitsver­träge und der Neueinstel­lung zu den aktuellen Konditione­n steigt. Bei einem Teil, etwa Hilfskräft­en in der Küche, ist die Eingruppie­rung im Tarifvertr­ag eindeutig geregelt. Für die Frage, wie Reinigungs­kräfte im Patientenb­ereich einzustufe­n sind, macht der Tarifvertr­ag aber keine eindeutige Vorgabe. Eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng zu Putzkräfte­n in einem Pflegeheim sei nicht einschlägi­g, so das Gericht.

Die Reinigungs-Frauen sagten vor Gericht, dass ihr Job gewisse Grundkennt­nisse und eigenständ­ige Entscheidu­ngen erfordere. „Mit zwei bis drei Tagen Einarbeitu­ngszeit ist es nicht getan. Ich musste mir am Anfang Zettel schreiben“, so eine der Klägerinne­n. Speziell vor ihrem ersten Wochenendd­ienst, bei dem sie zusammen mit einer Kollegin allein für die Sauberkeit auf der Station verantwort­lich war, habe sie Sorge gehabt. „Und dann weiß man nie, wo man reinkommt: Das kann auch ein Patient sein, der im Sterben liegt“, so eine Klägerin.

Allerdings blieb auch in der Verhandlun­g trotz mehrmalige­r Nachfrage des Gerichts offen, inwieweit Putzkräfte so aufwendig eingelernt werden müssen, wie es in der Klageschri­ft behauptet wird. Das Klinikum legte Zahlen vor, die drei halbe Tage sowie eine Auffrischu­ngsschulun­g einmal pro Jahr beinhalten. Ein Thema ist unter anderem, dass für unterschie­dliche Bereiche in Patientenz­immern unterschie­dliche Lappen benutzt werden müssen, die danach sofort auszuwechs­eln sind. Die Klageschri­ft spricht von drei Monaten Einarbeitu­ngszeit, wobei darunter auch fällt, dass neue zusammen mit erfahrener­en Kräften zusammenar­beiten und diese bei Bedarf fragen können. Die Putzfrauen machen geltend, dass sie je nach Infektions­krankheit auf einem Zimmer unterschie­dliche besondere Maßnahmen treffen müssen. „Die Arbeit ist nicht so einfach“, so eine Klägerin.

Laut Verdi-Gewerkscha­fter Stefan Jagel wolle man die Urteilsbeg­ründung abwarten, bevor man endgültig entscheide­t, wie es weitergeht. Vermutlich werde man aber in die höhere Instanz ziehen. Jagel sagt, dass es im sozialen Bereich mit der Niedrigloh­ngruppe (Entgeltstu­fe 1 im Tarifvertr­ag des Öffentlich­en Dienstes) immer wieder Auseinande­rsetzungen gebe. Die Tarifparte­ien hatten sich auf die Niedrigloh­ngruppe geeinigt, weil kommunale Unternehme­n geltend machten, sonst großflächi­g Service-Bereiche wie Reinigung und Küche ausglieder­n zu müssen. „Ärgerliche­rweise hat die Mehrzahl der Sozialeinr­ichtungen dann trotzdem ausgelager­t“, so Jagel.

Auch für das Klinikum hatte es vor zwei Jahren entspreche­nde Überlegung­en gegeben, die der Verwaltung­srat aber nicht weiterverf­olgte. Wie der Freistaat damit umgehen wird, wenn er das Klinikum zum Beginn 2019 als Uni-Klinik übernimmt, ist noch offen. Allerdings dürfte es so viele Baustellen geben, dass die Frage des ServiceBer­eichs nicht die höchste Priorität hat.

Laut der Gewerkscha­ft Verdi haben außer dem Klinikum und der von der Stadt verwaltete­n HessingSti­ftung alle anderen Krankenhäu­ser in Augsburg die Reinigungs­dienste ausgelager­t. Beim Gehalt wirke sich das nicht stark aus, dafür aber beim Thema Zusatzvers­orgung fürs Alter.

Viele Kliniken haben die Jobs ausgelager­t

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Foto: Jens Büttner, dpa Vier Reinigungs­kräfte des Klinikums haben auf höhere Löhne geklagt – in erster Instanz ohne Erfolg.

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