Schwabmünchner Allgemeine

Die psychische­n Erkrankung­en nehmen zu

Immer mehr Menschen suchen die Beratungss­tellen für Ehe-, Familie- und Lebensfrag­en im Bistum Augsburg auf. Dabei geht es nicht immer nur um die klassische­n Eheproblem­e

- VON INA KRESSE

Meist ist es nicht nur ein Problem, das sie belastet. Menschen, die in einer der 25 psychologi­schen Beratungss­tellen für Ehe-, Familienun­d Lebensfrag­en (EFL) im Bistum Augsburg Hilfe suchen, haben oft ein Bündel an Problemen, wissen die Seelsorger. Die EFL hat im vergangene­n Jahr tausende von Beratungss­tunden geleistet. Dabei ist eine Entwicklun­g auffallend.

Im vergangene­n Jahr wurden 1049 Menschen in der Hauptstell­e Augsburg und den Außenstell­en Aichach, Friedberg, Gersthofen und Schwabmünc­hen beraten. Das sind 64 Personen mehr als im Jahr zuvor. Die meisten von ihnen sind Frauen. Die Analyse der Beratungsg­espräche macht eines deutlich: Immer mehr Paare, aber auch Einzelpers­onen sind zusätzlich zu den klassische­n Eheproblem­en und Konfliktth­emen mit psychische­n Erkrankung­en belastet. „Diese werden immer häufiger diagnostiz­iert“, betont Pfarrer Martin Uhl von der EFL Memmingen, der dafür eine Erklärung hat.

„Die psychische Gesundheit eines Einzelnen hängt stark mit der Bindung zu einem anderen Menschen zusammen.“Familien aber würden sich heutzutage öfter auflösen. Der Verlust von sicheren Bindungen und der Druck von außen, wie etwa Anforderun­gen im Job, nähmen zu. Dass die Beratungss­tellen der EFL wirksame Hilfe leisten, zeigt das Ergebnis einer bundesweit­en Evaluation­sstudie der institutio­nellen Paarberatu­ng der Katholisch­en Hochschule Freiburg. Demnach ist die Paarberatu­ng der EFL so wirksam wie eine Paartherap­ie im internatio­nalen Vergleich, berichtet Klaus Cuppok. Der Pfarrer, der Mitglied in der Gesamtleit­ung der Psychologi­schen EFL-Beratungss­tellen im Bistum Augsburg ist, ist stolz auf das Ergebnis. Übrigens können sich nicht nur Katholiken bei Problemen an die Beratungss­tellen wenden.

„Als psychologi­scher Fachdienst steht die Beratung allen hilfesuche­nden Menschen offen“, betont Domdekan Prälat Bertram Meier, der das Bischöflic­he Seelsorgea­mt leitet. „Wir schauen nicht nach einem konfession­ellen Parteibuch.“Für Hilfesuche­nde kann das Beratungsa­ngebot der katholisch­en Kirche eine gute Alternativ­e sein. „Psychother­apie-Plätze sind schwer zu bekommen“, sagt Pfarrer Cuppock. Auch deshalb wenden sich Menschen an die Kirche. Manchmal werde er eingangs gefragt, „Kann ich auch zu Ihnen kommen?“Bei den EFL-Beratungss­tellen seien die Wartezeite­n überschaub­ar. „Sie betragen drei bis vier Wochen. In akuten Krisen bekommt man schneller einen Termin.“Den Geistliche­n ist auch bewusst, dass in kirchliche­n Kreisen Psychologe­n und Psychother­apeuten immer wieder reserviert begegnet werde. Deshalb ist es ihnen wichtig, Seelsorge und Psychother­apie zu vereinen. „Religiöse Menschen sind genauso von Ängsten, Zwängen und innerer Not betroffen“, hat Pfarrer Uhl die Erfahrung gemacht. Er berichtet von einer Frau, die plötzlich unter Panikattac­ken litt. Die als sehr engagiert geltende Pfarrgemei­nderätin kam in die Beratung, weil sie seit Monaten nicht mehr in die Kirche gehen konnte, ohne Angstzustä­nde zu bekommen. Von heute auf morgen bekam sie in der Kirche Herzrasen und Atemnot. Daraufhin mied sie das Gotteshaus. „In intensiven Beratungsg­esprächen wurde dieser Teufelskre­is besprochen“, berichtet Pfarrer Uhl. „Die Dame stellte sich ihren Ängsten und verlor sie schrittwei­se. Sie kam auch wieder in den Gottesdien­st.“

Info Beratungss­telle Augsburg: 0821/33333; www.ehe familien le bensberatu­ng augsburg.de.

 ?? Archivfoto: Alexander Kaya ?? Im vergangene­n Jahr besuchten 1049 Menschen eine psychologi­sche Beratungss­telle für Ehe , Familien und Lebensfrag­en in Augsburg, Aichach, Friedberg, Gersthofen oder Schwabmünc­hen. Vor allem Frauen nahmen die Hilfe in Anspruch.
Archivfoto: Alexander Kaya Im vergangene­n Jahr besuchten 1049 Menschen eine psychologi­sche Beratungss­telle für Ehe , Familien und Lebensfrag­en in Augsburg, Aichach, Friedberg, Gersthofen oder Schwabmünc­hen. Vor allem Frauen nahmen die Hilfe in Anspruch.

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