So diszipliniert wie sonst selten
Teilnehmer eines spannenden Projekts an der Grundschule West in Königsbrunn erleben einen besonderen Nachmittag
Ungewöhnliche absolute Ruhe herrscht in der Sporthalle der Grundschule West in Königsbrunn. Neun Kinder in Judoanzügen knien auf relativ harten Matten, ihnen gegenüber zwei Übungsleiter, dahinter einige Eltern auf Langbänken: Es ist Prüfungstag nach einem ganz besonderen Projekt.
Ruhig sitzen oder knien, Mund halten, die Augen schließen, sich konzentrieren. Für bewegungs- und mitteilungshungrige Grundschüler eine extrem schwierige Übung. Günter Trautmann hat sie so weit gebracht, es zu schaffen. Er ist eigentlich Rentner, war nie Lehrer, unterrichtet aber trotzdem seit Jahren einmal die Woche Grundschüler im Judo. Der Polizei SV Königsbrunn trat vor etwa zwei Jahren an die Grundschule West wegen eines Judo-Schnupperkurses heran. Schulleiter Jürgen Naßl unterstützte die Initiative sofort. Aus ein wenig in die fernöstliche Sportart hineinschnuppern ist viel mehr geworden: eine wöchentliche nachmittägliche Trainingsstunde außerhalb des eigentlichen Stundenplans, zu der bis zu 30 Kinder kamen und kommen, freiwillig, „weil’s Spaß macht“, „weil’s toll ist“, „weil man so schön kämpfen kann“, sagen die Kinder und Trautmann nickt freundlich dazu.
Die besondere Stunde beginnt kniend und ruhig. Ein Schüler sagt: „Mokuso“(konzentrieren). Eine Minute absolute Stille. Dann das Kommando „Rei“, und alle verneigen sich zum Trainer.
Dann erfolgen die Anweisungen zur allerersten Gürtelprüfung der Grundschüler: Vorzuführen sind ein paar Fallübungen alleine und kleine Kampfszenen zu zweit. Die Aufregung ist den Kindern anzumerken, trotzdem: Was die Prüfer zu sehen bekommen, ist wirklich gut. Erstaunt bewundern auch die Eltern den Mut, den Einsatz und das Kön- nen ihrer Sprösslinge. Was ebenso wichtig ist, stellt man erst auf den zweiten Blick fest: „Ich habe mir viel Zeit und Mühe damit gegeben, den Kindern gegenseitigen Respekt und Rücksicht beizubringen, den Gruß vor und nach jeder Aktion auf der Matte, Verhaltensweisen, die beim Judo einfach üblich sind und verlangt werden“, so Trautmann.
Prüfer Hannes Daxbacher stimmt zu und erklärt den Eltern zusätzlich: „Bei uns geht es nicht um wildes Raufen, sondern um kultivierten Kampf, um sportliche Fairness, um Bewegungen, die auch im Alltag helfen, geschickt zu fallen und sich möglichst wenig zu verletzten, vor allem am Kopf.“
Aber die Kinder lernen auch Bewegungen, um den Gegner möglichst gut zu überlisten, für die man viel Übung braucht. Und noch etwas lernen sie: schnell jegliche Scheu vor dem anderen Geschlecht abzulegen. Denn auch das einzige Mädchen in der Gruppe ist bestens integriert, erfährt keine Sonderbehandlung.
Daxbacher geht von Schüler zu Schüler und kämpft mit ihnen, ganz locker versteht sich, und gibt ständig Tipps. Auch Kleine können Große im Judo dank hervorragender Technik besiegen. Nicht in diesem Fall, denn dass ein Anfänger gegen einen Weltmeister etwas ausrichten kann, das ist dann doch sehr unwahrscheinlich. Macht nichts, umso stolzer sind die Kleinen, mal gegen so einen Könner auf der Matte gestanden zu haben und schließlich von ihm die Prüfungsurkunde überreicht zu bekommen.
Der Gipfel des großen Moments: erstmals den Weiß-Gelb-Gurt, der für den 8. Kyu steht, tragen zu dürfen, und dann noch umgebunden von Hannes Daxbacher, der mit einem Augenzwinkern zu den Eltern meinte: „Ich mache das nur, weil: Den neuen Gürtel binden ist schwieriger als Judo.“
Mit großer Aufmerksamkeit verfolgt Schulleiter Jürgen Naßl die gesamte Prüfung und betonte: „Judo ist eine tolle Sportart für unsere Schüler. All die dort erlernten Werte sind im täglichen Leben wichtig und anwendbar und helfen, den Werteverlust einzudämmen. Auch deshalb begeistert mich, was an unserer Schule aus der anfänglichen Schnupperstunde entstanden ist.“
Wie geht dieser besondere Nachmittag an der Grundschule West zu Ende? Natürlich mit jeder Menge Erinnerungsfotos.
„Bei uns geht es nicht um wildes Raufen, sondern um kultivierten Kampf, um sportliche Fairness, um Bewegungen, die auch im Alltag helfen, geschickt zu fallen und sich möglichst wenig zu verletzten, vor allem am Kopf.“Prüfer Hannes Daxbacher