Die Angst der Vereine
Das Thema Datenschutz sehen viele Vereine in der Region als sinnvoll an. Wird über das Ziel hinausgeschossen?
Seit gestern gilt die neue Datenschutzgrundverordnung. Vielen Ehrenamtlichen in Vereinen macht sie Angst: Warum das so ist, lesen Sie heute auf
Wer mit Vereinen zu tun hat, dem begegnet dort derzeit ein neues Schimpfwort. Eigentlich ist es nur eine Abkürzung, doch die hat es in sich: EU-DSGVO. Dahinter verbirgt sich die neu eingeführte Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union. Sie regelt in elf Kapiteln und 99 Paragrafen, wie soziale Netzwerke, Internetkonzerne, kleine Unternehmen und sogar Pfarreien oder Vereine mit „personenbezogenen Daten“umgehen müssen. Viele Ehrenamtliche äußern darüber offen ihren Unmut oder schütteln vielsagend den Kopf. Andere wiederum sehen die verschärften Richtlinien sportlich und meinen, da müsse man durch. Wir fragten einige Vereine in der Region, wie bei ihnen die Umsetzung der neuen Verordnung ablief.
Klaus Bronner ist Vorsitzender der rund 140 Mitglieder aufweisenden Freiwilligen Feuerwehr Langenneufnach. „In Zukunft muss jedes Neumitglied eine spezielle Datenschutzerklärung unterzeichnen“, verdeutlicht er. „Allerdings müssen wir auch von Bestandsmitgliedern schriftlich eine Erklärung einholen.“Wichtig sei, dass der Vordruck zur Einverständniserklärung so formuliert ist, dass ihn auch jeder verstehen kann. „Die ganze Sache ist für den Verein eine zeitaufwendige Angelegenheit.“Hinzu komme, dass man sich keinen Fehler erlauben darf. „Der Vereinsvorsitzende ist in der Haftung und die Bußgelder sind laut Gesetzestext enorm hoch.“Das sei keine Werbung für das Ehrenamt. Trotz allem wertet Bronner die neue Datenschutzrichtlinie als sinnvoll. Er verweist dabei auf den Facebook-Skandal um und mit Cambridge-Analytica.
Bei den Kleintierfreunden Schwabmünchen sei die neue Verordnung noch nicht zu 100 Prozent umgesetzt, berichtet Vorsitzender Mathäus Bauernfeind. Ein Rundschreiben dazu gehe im Juni an die Mitglieder raus. „Mal sehen, ob es dann bei den Rückmeldungen zu Problemen kommt“, sagt er. Persönlich hält er den Datenschutz für wichtig. Es müsse verhindert werden, dass Unbefugte Zugriff auf Namen, Anschriften und Kontoverbindungen haben. „Die Arbeit zur Umsetzung der Verordnung hält sich in Grenzen“, resümiert Bauernfeind. Er gibt aber zu, dass er sich intensiv mit dem Papier auseinandergesetzt und dazu recherchiert habe. In diesem Zusammenhang hätte er sich gerne Hilfestellung von außen gewünscht. Doch vom Dachverband sei bislang noch nichts gekommen, bedauert Bauernfeind. So könne er sich gut vorstellen, dass sich viele Ehrenamtliche in kleinen Vereinen von der Verordnung überfordert fühlen. „Vor allem jene, die noch über eine Internetpräsenz verfügen“, ergänzt er.
Glück mit der DSGVO-Umsetzung hat dagegen Jörg Kallmeyer vom Schwabmünchner Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (AWO). „Unsere zentrale Mitgliederverwaltung ist in Berlin“, nennt er den Grund. Deshalb tangiere ihn die neue Regelung kaum direkt. Dennoch ist er auf sie nicht gut zu sprechen. Die kontinuierlich anwachsende Bürokratie mache das Leben der Ehrenamtlichen immer schwerer, ärgert er sich. „Einmal will die Gema einen ausbremsen, dann muss man sich mit Rundfunkgebühren auseinandersetzen, nun mit der neuen EU-Regel.“Das alles ärgere, binde Kräfte und Zeit, die für die eigentliche Vereinsarbeit dringend notwendig wäre.
Locker blickt Günther Wagner vom Motorrad- und Autosportclub (MAC) Königsbrunn im ADAC mit seinen 350 Mitgliedern auf die Datenschutzrichtlinien. „Bereits in der Vergangenheit haben wir im Aufnahmeantrag die Einverständniserklärung eingeholt, dass wir bei Wettkampfergebnissen die Namen der Sportler und deren Foto veröffentlichen dürfen“, nennt Wagner ein Beispiel. Lediglich auf der Homepage des Vereins müsse noch die eine oder andere Wortwahl angepasst werden. Bedauerlich findet er, dass der Verwaltungsaufwand für Vereine immer größer werde. „Wir machen die Vereinsarbeit ja nicht hauptberuflich.“
Ähnlich reagiert Michael Lang. Der stellvertretende Vorsitzende des SSV Bobingen verdeutlicht, dass die DSGVO so angelegt sei, dass sie vor allem auf große Unternehmen abzielt. Doch die neuen Richtlinien gelten auch für kleinere Organisationen und Vereine. Diese Regelung halte er für übertrieben. Der Aufwand für die Umsetzung sei im Rahmen, obwohl der SSV mit rund 700 Mitgliedern zu den größeren Vereinen zähle, so Lang. „Wir müssen lediglich etwas an den Strukturen der Datenverarbeitung ändern.“Das Landesamt für Datenschutzaufsicht hat für Sportvereine eine Art Checkliste herausgegeben. Sie bietet eine Orientierung für alle, die sich mit den neuen Regelungen auseinandersetzen müssen. Dabei geht es auch um Datenschutzpannen.
Vermehrte Dokumentationspflicht
Die Gersthofer Spatzen, der Trägerverein der Sing- und Musikschule Gersthofen mit seinen mehr als 800 Schülern, monieren ebenfalls, dass die eigentlich auf Unternehmen und Behörden abzielende neue Verordnung auch Vereine in dieser strikten Form einhalten müssen. Vorsitzender Armin Gaurieder nennt ein Beispiel: „Im Verarbeitungsverzeichnis müssen sämtliche Prozesse, die im Zusammenhang mit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten bestehen, aufgeführt und genau beschrieben werden.“Hinzu komme, dass die DSGVO diverse Informationspflichten des Datenverarbeiters gegenüber den Betroffenen, deren personenbezogene Daten erhoben oder verarbeitet werden, statuiere. Ansonsten habe sein Verein den Vorteil, viele Informationen und Handlungshilfen über den Rechtsanwalt des Dachverbands erhalten zu haben.