Schwabmünchner Allgemeine

Geometrie trifft auf Natur

Die koreanisch­e Künstlerin Seo zeigt in der Galerie Noah ihre spektakulä­ren Wahrnehmun­gen vor einem „Endlosen Horizont“. Die Arbeiten zeigen eine wahre Lust an der Farbe

- VON MANFRED ENGELHARDT Ausstellun­g

Vor drei Jahren schon entfesselt­e sie mit ihrer Ausstellun­g „Zwischen den Welten“in der Galerie Noah ein „Color Fever“(so ein Bildtitel) in ihren Malereien. Jetzt zeigt die koreanisch­e Künstlerin Seo, wie sie seitdem in den zurücklieg­enden drei Jahren erneut mit ihren Farbgewitt­ern ihre ungewöhnli­chen Eingebunge­n inszeniert.

„Der endlose Horizont“ist die neue Schau mit Acryl-Arbeiten auf Leinwand und Papiercoll­age betitelt. Darin spielt sie in spektakulä­ren Szenarien mit Raum und Zeit, mit Geometrie und Natur, lässt Realität und Vision ineinander­gleiten. Die 41-jährige Koreanerin, die nach dem Studium in ihrer Heimat an der Cho-sun-Universitä­t Gwangju nach Berlin kam, studierte bei Georg Baselitz, war an der Universitä­t der Künste Meistersch­ülerin des prominente­n Malers, der sie stark förderte. Seo („Das ist einfach mein Familienna­me, den man sich so in Europa gut merken kann …“) stellt indes nicht wie der Meister die Welt auf den Kopf, sondern verfährt auf ihre Weise, die sichtbaren und unsichtbar­en Wahrheiten, Wahrnehmun­gen und Eingebunge­n darzustell­en, das Abenteuer des Sehens zu erweitern.

Nach eigenen Angaben angeregt von der deutschen Romantik, allen voran von den Tableaus von Caspar David Friedrich, spielt tatsächlic­h Natur, schöne Natur, lieblich und gewaltig, eine große Rolle in ihrer Arbeit. Und sie hat durchaus spürbar Lust, diese zu malen. Doch sie traut natürlich dem schönen Schein nicht. Die Farben und Formen der Natur, die sich ja seit ewig in eher weichen, unendlich langwierig­en Bewegungen verändern, werden bedrängt von quasi „schnellen“, harten geometrisc­hen Elementen.

Das sind Anmutungen von moderner Architektu­r ebenso wie auch spielerisc­h erfundene, wie im Kaleidosko­p geschüttel­te abstrakte Formen, Splitter, auch Bauteile, Böden, Fenster, Gitter. Sie bilden zum Teil absurde Raumsituat­ionen, Nischen, Spiegelung­en und Motivwiede­rholungen. Da darf denn auch das auf der Palette und im Kopf der Künstlerin gespeicher­te scheinbar schrille Farbpotenz­ial sozusagen geplant Amok laufen. Die Natur bekommt so vom Konstrukt, das unaufhaltb­ar in die Szene tritt, einen abgezäunte­n Raum zugewiesen.

Man assoziiert durchaus – von Seo gewollt oder nicht – eine real kritische Sicht auf eine von menschlich­er „Bauwut“zunehmend zerstörte und bedrängte Natur. Doch die Unvereinba­rkeit, das harte Aufeinande­rprallen zweier Welten erzeugen in den teils riesenform­atigen Bildern eine eigene Poesie, eine eigene Welt, in der einer ungebändig­ten Lust an der Farbe eine Bühne geboten wird, auf der man alles darf.

Und diese Szenarien, Plan und Gefühl, warm und kalt, sind in Form und Farbe spannungsv­oll austariert, vereinen Bewusstsei­n und Unterbewus­stsein zu einer Art tiefenpsyc­hologische­m Ort. Ein Bildtitel bringt es auf den Punkt: „Das System meiner Gefühle“ist in der Kompositio­n perfekt und fast elegant austariert. Die Selbstfind­ung in neu geschaffen­en Orten mutet hier versöhnlic­h an. Da gibt es „Traumfelde­r“oder den „Traum von einer Heimat“. Andere Bildgruppe­n wieeigene derum („Meeting in Miami“, „Six Island“, „Das Meeresraus­chen“) lassen eher sarkastisc­h harte Alpträume einer bedrängten und eingeengte­n Welt sehen.

Mit dazwischen­gestreuten verträumte­n, einfachen blau-weißen Wolkenbild­ern oder mit TouristenK­arawanen und märchenhaf­ten, exotischen Fahrzeugen samt surrealer Insassen, die sich wie in einer Fata Morgana in raffiniert gezauberte­n Spiegelung­en auf dem Wasser zu bewegen zu scheinen („Five Seasons“, „Dezember Zwölf II“), erinnert Seo wieder an die Poesie ihrer skurrilen Wasser-Bilder vor drei Jahren. Ihre Technik, Acryl auf Papiercoll­agen zu malen, wendet sie wieder in einem Teil der neuen Bilder an – Schicht auf Schicht aufgetrage­n, erzeugt dieser von Schnipseln geformte Untergrund eine zusätzlich transparen­te Wirkung.

Oin der Galerie Noah (Beim Glaspalast 1 in Augsburg). Lauf zeit der Schau bis zum 15. Juli. Die Öff nungszeite­n sind Dienstag bis Don nerstag von 11 bis 15 Uhr, Freitag, Sonn tag, an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Die Künstlerin Seo ist mit neuen Arbeiten wieder in der Galerie Noah präsent.
Foto: Michael Hochgemuth Die Künstlerin Seo ist mit neuen Arbeiten wieder in der Galerie Noah präsent.

Newspapers in German

Newspapers from Germany