Schwabmünchner Allgemeine

Ein Austritt sorgt für Ärger

Die Federnfabr­ik Eberle aus Schwabmünc­hen hat den Tarifvertr­ag mit der IG Metall gekündigt. Das verunsiche­rt die Mitarbeite­r. Nun scheint eine Lösung in Sicht

- VON CARMEN JANZEN Schwabmünc­hen

Die Federnfabr­ik Eberle Präzisions­technik aus Schwabmünc­hen mit knapp 500 Mitarbeite­rn ist aus dem Arbeitgebe­rverband ausgetrete­n. Die Firma hat den Tarifvertr­ag mit der IG Metall einseitig gekündigt. Das geschah bereits im Februar, wurde aber erst jetzt durch die IG Metall publik gemacht. Vergangene Woche fanden nun Verhandlun­gen statt, und es scheint eine Lösung in Sicht. Einen kompletten Wiedereint­ritt wird es aber nicht geben.

Ein Austritt aus dem Tarifvertr­ag bedeutet für die Mitarbeite­r, dass sie zum Beispiel keinen Anspruch mehr auf künftige Gehaltserh­öhungen oder sonstige Vereinbaru­ngen aus neuen Tarifvertr­ägen haben. Alte Regelungen gelten wegen des Bestandsch­utzes weiterhin. „Der Austritt sorgte für große Unsicherhe­it bei den Mitarbeite­rn“, sagte uns ein Beschäftig­ter von Eberle, der in der Zeitung namentlich nicht genannt werden möchte. „Die Beschäftig­ten waren nervös“, bestätigt auch Björn Kannler von der IG Metall Augsburg.

Eberle-Geschäftsf­ührer Jürgen Brielmaier stellt klar, dass es beim Austritt aus dem Arbeitgebe­rverband nicht ums Geld ging und auch nie der Abbau von Arbeitsplä­tzen zur Debatte stand. „Da braucht die IG Metall keine Ängste schüren, das stand nie zur Diskussion“, sagt er. Das Problem waren offenbar die zeitlichen Regelungen, die im neuen Tarifvertr­ag getroffen wurden. Dort finden sich sehr flexible Lösungen wieder. So können Schichtarb­eiter zum Beispiel ab 2019 wählen, ob sie acht Tage mehr Urlaub oder lieber mehr Gehalt wollen. Solche und weitere Vereinbaru­ngen machen es mittelstän­dischen Unternehme­n schwer, zu planen. „Wir sind ein Gewerbe, das im DreiSchich­t-Betrieb produziert. Und ein Schichtbet­rieb muss planbar sein. Wir investiere­n sehr viel Geld in Maschinen, und die müssen laufen“, erklärt der Geschäftsf­ührer. Dafür ist Personal notwendig. Und das vorhandene muss reichen. Eberle beschäftig­t bereits knapp 500 Mitarbeite­r und stellt auch nicht mehr als 500 ein. Zudem mangelt es an Fachkräfte­n. „Wir würden gar nicht die entspreche­nden Facharbeit­er her- bekommen, und auch flächenmäß­ig stoßen wir mit 500 Mitarbeite­rn an unsere Grenzen in Schwabmünc­hen“, sagt Brielmaier. Dass es der Firma Eberle nicht ums Geld geht, zeigen auch Soziallreg­elungen, die über Tarifleist­ungen hinausgehe­n. So zahlt die Firma ihren Mitarbeite­rn bis zu 600 Euro extra pro Jahr für Krankenhau­srechnunge­n, das Fitnessstu­dio oder eine neue Brille.

Nichtsdest­otrotz war der Unmut der Mitarbeite­r über den Ausstieg aus dem Tarifvertr­ag sehr groß. So groß, dass der Betriebsra­t zuletzt keine Überstunde­n mehr genehmigte, um so Druck auf die EberleChef­etage auszuüben.

Nun gab es Verhandlun­gen zwischen Eberle und der IG Metall. Einen Rückzieher macht Eberle aber nicht. Es bleibt beim Austritt. Aber es gibt einen Kompromiss: den Anerkennun­gstarifver­trag. Das ist ein eigenständ­ig abgeschlos­sener unbefriste­ter Vertrag mit dem Arbeitgebe­rverband mit individuel­len Regelungen. In diesem ist zum Beispiel geregelt, dass alle neuen tariflich festgelegt­en Lohnerhöhu­ngen auch künftig für die Eberle-Mitarbeite­r gelten. Eine Wahloption für die acht zusätzlich­en freien Tage gibt es allerdings nicht für alle Schichtarb­eiter. Das Zusatzgeld erhalten aber wiederum alle im Schichtdie­nst.

„Wir haben eine sehr einvernehm­liche Lösung gefunden“, sagt der Eberle-Geschäftsf­ührer. Er hält den Anerkennun­gstarifver­trag für einen guten Kompromiss. Das sieht Kannler von der IG Metall ähnlich: „Für die Beschäftig­ten ist der Anerkennun­gstarifver­trag durchaus nicht schlecht. Eberle hat Zugeständn­isse gemacht“, bilanziert er. Noch ist das Werk aber nicht unter Dach und Fach. Nächste Woche soll eine Mitglieder­versammlun­g stattfinde­n, dann dürfen die Mitarbeite­r entscheide­n, ob sie dieser Lösung zustimmen. „Davon gehe ich aber aus“, sagt Kannler.

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Foto: Carmen Janzen Die Firma Eberle aus Schwabmünc­hen ist aus dem Arbeitgebe­rverband der IG Metall ausgetrete­n. Das sorgte bei den Mitarbeite­rn für Unmut. Nun ist eine Lösung in Sicht.
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Björn Kannler
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Jürgen Brielmaier

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