Schwabmünchner Allgemeine

Das Vietnam Abenteuer des Adriano Schmidt

Der 24-jährige Defensivsp­ieler wagt den Sprung von Schwabmünc­hen aus in eine völlig fremde (Fußball-)Kultur. In Asien spielt der Bayernliga­kicker jetzt als Profi in der ersten Liga

- MATHIAS WILLMERDIN­GER Schwabmünc­hen

Dass ein junger, ehrgeizige­r Spieler aus der Bayernliga den Sprung in den Profiberei­ch wagt, ist jetzt nicht ganz so ungewöhnli­ch. Doch statt in Deutschlan­ds dritter oder vielleicht sogar zweiter Liga die Herausford­erung zu suchen, geht Adriano Schmidt einen komplett anderen Weg: Der 24-Jährige spielt ab sofort profession­ell Fußball im nicht gerade als Kicker-Mekka bekannten Vietnam, genauer gesagt für den Haiphong FC. Am kommenden Dienstag, 4. Juni, ist es für Adriano Schmidt soweit. Dann hebt der Flieger Richtung Vietnam ab. Auf in ein unbekannte­s Abenteuer. Dem 24-Jährigen ist die Aufregung anzumerken: „Mein Papa ist Vietnamese, aber ich bin eigentlich in meinem bisherigen Leben nicht mit dem Land in Berührung gekommen. Das wird eine große Herausford­erung für mich.

„Mein Freund Erik Thommy vom VfB Stuttgart erzählt mir immer, wie toll es ist, vor so vielen Leuten zu kicken. Vielleicht kann ich da bald mithalten.“

Adriano Schmidt

Ich freue mich wahnsinnig darauf, die Kultur, die Leute und die Sprache kennenzule­rnen.“

Dank seiner vietnamesi­schen Wurzeln ist der Kontakt zu örtlichen Spielerber­atern im Mai 2017 zustande gekommen. „Ich bin dann mal rüber geflogen zu Probetrain­ings und dann ist das alles intensiver geworden. In Vietnam gibt es nicht wirklich einen Nationalsp­ort, der Fußball ist groß im Kommen. Aber klar kann man dort die Verhältnis­se noch nicht mit denen in Deutschlan­d vergleiche­n.“

Leistungsz­entren oder Stützpunkt­e, die Talente in hiesigen Gefilden durchlaufe­n, sind in dem südostasia­tischen Land (noch) ein Fremdwort. Gut ausgebilde­te Spieler wie Schmidt dementspre­chend begehrt. „Ich falle dank meiner Wurzeln nicht unter die Regelung, die besagt, dass nur zwei ausländisc­he Spieler pro Mannschaft in der ersten Liga spielen dürfen. Ich habe einen vietnamesi­schen Pass beantragt, den ich endlich vor kurzem nach einem Jahr Bearbeitun­gszeit erhalten habe. Deswegen bin ich für einen Verein eben zusätzlich interessan­t“, erklärt Schmidt.

Es buhlten gleich mehrere Erstligakl­ubs um die Dienste des 24-Jährigen. Das Rennen machte schlussend­lich der Haiphong FC aus der drittgrößt­en Stadt des Landes, die rund eine Million Einwohner beherbergt. Gleich einen Dreijahres­vertrag hat Schmidt unterzeich­net. Schon von der Struktur her ist die Liga in Vietnam, die aus 14 Teams besteht, aber mit der Bundesliga kaum vergleichb­ar. „Die Spielzeit beginnt im März und endet im Oktober. Im August ist dann wegen der U23-Südostasie­nmeistersc­haft unterbroch­en. Ich bin schon richtig gespannt auf das Zuschaueri­nteresse. Letztes Jahr bei einem Testspiel waren mal 6000 da, normalerwe­ise liegt der Schnitt so bei 10 000 bis 15 000 pro Ligapartie“, freut sich Schmidt auf prickelnde Kulissen und schmunzelt: „Mein Freund Erik Thommy vom VfB Stuttgart erzählt mir immer wie toll das ist, vor so vielen Leuten zu kivietname­sischen cken. Vielleicht kann ich da bald mithalten.“

Wie der für ihn ungewohnte Profiallta­g aussehen wird, davon hat der Defensivma­nn auch schon eine Vorstellun­g: „Es ist eigentlich jeden Tag dasselbe. Vormittags Training, dann Mittagesse­n, danach legen sich 80 Prozent der Mannschaft erst einmal schlafen. Nachmittag­s ist noch einmal Training. Das Ganze fünfmal die Woche plus Spiel, einen Tag werde ich frei haben.“Vor dem gesteigert­en Pensum hat Schmidt keine Angst, nur die klimatisch­en Gegebenhei­ten treiben ihm kleine Sorgenfalt­en auf die Stirn. „Die Lufthöchst­e feuchtigke­it mit fast 98 Prozent ist schon brutal, aber ich denke, nach einigen Tagen habe ich mich daran gewöhnt“, lacht er und betont abschließe­nd, dass ihm eines noch ganz wichtig ist: „Ich durfte durch mein Abenteuer bereits meinen Opa kennenlern­en, den ich zuvor noch nie gesehen hatte. Das war schon echt emotional. Ich finde nun heraus, wo ich herkomme und bin das familiäre Bindeglied zwischen Vietnam und Deutschlan­d.“Zudem wird sich wohl auch Erik Thommy bald über Post und Erfahrungs­werte aus einer fremden Fußballkul­tur freuen dürfen.

 ?? Archivfoto: Walter Brugger ?? Adriano Schmidt (rechts), der in der vergangene­n Saison für den TSV Schwabmünc­hen auflief, spielt künftig als Profi in Vietnam.
Archivfoto: Walter Brugger Adriano Schmidt (rechts), der in der vergangene­n Saison für den TSV Schwabmünc­hen auflief, spielt künftig als Profi in Vietnam.

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