Ein Tüftler, der alles in die Luft bringt
Rudolf Martin ist mit Leidenschaft Modellflugbauer. Der besondere Reiz stellt für ihn das Lösen von bautechnischen Problemen dar. Dazu kennt er alle Tricks
Rudolf Martin aus Wehringen ist leidenschaftlicher Modellbauer. Er bringt sogar Rasenmähern das Fliegen bei.
Ein Tüftler sei er schon, meint Rudolf Martin aus Wehringen. Zudem einer, der sich Herausforderungen stelle. Beide Aspekte kommen dem Hobby des 67-Jährigen zugute. Sie seien für den Modellflugbau unentbehrlich, betont er. Vor allem dann, wenn man ein Steckenpferd ausübe, bei dem nahezu alles in Eigenbau erfolgt.
Der Modellflugbau ist für den Wehringer mehr als nur ein Zeitvertreib. „Es ist eine Sucht, eine Leidenschaft“, verrät er. Der Zusammenbau von gekauften Baukastensystemen war nie sein Ding. „Viele Flieger scheuen den Weg zum Selbstbau und bevorzugen Fertigmodelle“, macht er aufmerksam. Doch Rudolf Martin wollte schon immer selbst kreieren und eigene Vorstellungen und Ideen verwirklichen.
Nach und nach schaffte er sich für seine Werkstatt im Keller die dafür not- wendigen Maschinen an. Seine Vorteile sind, dass er handwerklich begabt ist, mit räumlichen Perspektiven etwas anfangen kann und auch schwierige und komplexe Aufgaben rasch durchschaut. „Der besondere Reiz stellt für mich das Lösen von bautechnischen Problemen und die Fertigstellung einer eigenen Konstruktion dar.“
Zum Modellflugbau ist Rudolf Martin durch seinen Schwager gekommen. Das war Anfang der 1970er-Jahre. „Er baute mit viel Herzblut Freiflugmodelle“, erzählt Martin. Das sei damals noch mit einer Portion Abenteuer verbunden gewesen. „Oft wurden seine Modelle von Windböen erfasst. Dann durfte ich mit, die verschollenen Flieger zu suchen.“Das Herzblut seines Schwagers sei anscheinend auf ihn übergegangen, lächelt er. Als Rudolf Martin ernsthaft mit dem Hobby anfing, verfügte er bereits über eine VierKanal-Fernsteuerung. „Das war schon fast professionell“, erinnert er sich. Die ersten Modelle hatten eine Spannweite von 1,2 bis 1,5 Meter. Aber auch er musste anfangs Lehrgeld bezahlen. Flugmodelle seien abgestürzt und die Investitionskosten in den Sand gesetzt worden.
Aufwärts ging es mit dem Hobby nach dem Eintritt in den Modellflug-Club Wehringen. Dort tauschte sich Rudolf Martin mit Gleichgesinnten aus, erhielt Tipps und Verbesserungsvorschläge, aber auch das Gespür dafür, ein Problem aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Fortan widmete er fast jedes Wochenende dem Modellflugbau. „Meine Frau Gisela brachte dem Hobby, das ja auch ein kostspieliges ist, immer sehr viel Verständnis entgegen“, berichtet er. „Bis heute hat sich daran nichts geändert.“Nur, dass er jetzt mehr Zeit dafür aufwenden könne. Dem Ruhestand sei gedankt.
Mehr als 100 Modelle hat Rudolf Martin bislang gebaut. In den vergangenen Jahren waren so illustre Namen wie Maxi-Puma und Snoopy II dabei. Letzteres Fluggerät sei mit einer Spannweite von 2,8 Metern und dem Umbau auf zwei Motoren nach Martins Worten ein „Spitzenmodell“gewesen. Die größte Spannweite mit 8,3 Meter wies der Hochleistungssegler Twin-Acro III auf. In den vergangenen beiden Jahren nahm er den Storch MS 505 in Angriff. „Ein ästhetisch schönes Flugzeug mit elastischen Federbeingelenken, daher auch sein Name“, schwärmt er. Der komplette Eigenbau bringt es auf eine Spannweite von 4,1 Meter. Er ist mit einem Moki-Sternmotor 300 ccm ausgestattet. Mehr als 1000 Arbeitsstunden steckte Rudolf Martin in dieses Fluggerät.
Viel Spaß bereitete ihm auch der Bau der Bellanca Decathlon. Ein Flugzeug, das es dem Tüftler ebenfalls sehr angetan hatte. So sehr, dass er es in mehreren Spannweiten fertigte, von 2,56 bis 3,85 Meter. Selbstverständlich stammt auch hier alles – vom Bauplan über Bausatz bis hin zur Farbgestaltung – von ihm selbst. Sie sei sein absoluter Liebling, äußert er. Zwölf Exemplare hat er bisher davon gefertigt und sie immer weiterentwickelt.
Ein weiterer Hingucker in seiner Flugflotte ist ein fliegender Rasenmäher. Das sei für ihn eine besondere bautechnische Herausforderung und eine äußerst diffizile Angelegenheit gewesen, resümiert Martin.
Oberste Devise ist, das Fluggerät mit möglichst niedrigem Gewicht zu konstruieren. Bei ihm wiegen die Flieger maximal 24 Kilogramm. Priorität hat zudem eine gute FlugEtliche eigenschaft. Das größte Problem hatte Martin in diesem Zusammenhang mit dem Großsegler TwinAcro III: „Immer wieder habe ich mich beim Einfliegen gefragt, ob Anstellwinkel und Schwerpunkt stimmen.“
Auch wenn er mit einem fliegenden Rasenmäher aufwarten kann, sieht sich Rudolf Martin nicht als Showpilot, ebenso wenig als Kunstflieger:
Eine Spannweite über acht Meter
Hingucker ist ein fliegender Rasenmäher
„Das überlasse ich anderen.“Er bezeichnet sich bodenständig als Segler oder Schleppflieger. Nichtsdestotrotz kennt er als erfahrener Pilot in seinem Metier alle Tricks und Kunstflugfiguren.
Was macht bei ihm der Reiz des Fliegens aus? „Die Geschwindigkeit, die die Flieger erreichen und die Kunst, sie sicher in der Luft zu halten“, antwortet er.
Stolz ist er, dass die „Nachfolge“gesichert ist. Rudolf Martin konnte die Begeisterung für sein faszinierendes Hobby an seine beiden Söhne Jürgen und Thomas sowie an Enkel Lukas vermitteln. Seine angepeilten Ziele habe er alle verwirklicht, verdeutlicht er. „Manches ist aber noch in Planung.“Und das sei gut so.