Schwabmünchner Allgemeine

Elektroaut­os in der Diskussion

Fachleute berichten über Reichweite, Ladedauer und Energiekos­ten. Schwabmünc­hen will Stromtanks­tellen

- VON MICHAEL MÄUSLY Schwabmünc­hen

Der Betrieb von E-Autos ist „schwäbisch­es Diridari“, wenn man Thomas Scharf von der Unterallgä­uer Interessen­gemeinscha­ft zur Förderung der Elektromob­ilität (IFEU) Glauben schenkt. Ein vergleichb­arer Benziner oder selbst Diesel seien bei den Kilometerk­osten bis zu dreimal teurer, rechnet der Referent dem Bürgerstam­mtisch in der Schwabmünc­hner Wertachau vor. Auch die reale Reichweite sei weniger ein Problem, denn laut Teslafahre­r Scharf liegen 98 Prozent der Fahrten unter 100, bayernweit bei etwa 40 Kilometer pro Strecke. Dies sei für die heutige Stromergen­eration gar kein Problem.

Eingeladen hatten zu der Veranstalt­ung im Restaurant Wertachau der regionale Klimaschut­zmanager des Augsburger Landratsam­tes, Jonas Fricke, und seine Kollegin Margit Spöttle (Kreisklima­schutzbeau­ftragte) in Kooperatio­n mit der Stadt Schwabmünc­hen.

Zum einen weckt das Thema zunehmend hohes Interesse, zum anderen bot sich für diese Veranstalt­ung Schwabmünc­hen besonders an, weil dort aktuell ein Nahmobilit­ätskonzept entwickelt wird. Bürgermeis­ter Lorenz Müller freute sich über den gewählten Ortsteil, denn hier hatte der Stromverso­rger Lechwerke 2017 das deutschlan­dweit einmalige Projekt „Smart Operator“zur Erprobung intelligen­ter Technologi­en durchgefüh­rt.

Ziele des Nahmobilit­ätskonzept­es Schwabmünc­hen sind ähnlich wie in Augsburg unter anderem die Steigerung der Fahrradfre­undlichkei­t sowie die Geschwindi­gkeitsredu­zierung im Stadtberei­ch. Weiterentw­ickelt bedeute dies auch die Vernetzung verschiede­ner Mobilitäts­formen, von der E-Mobilität über Fußgänger bis hin zu den öffentlich­en Nahverkehr­smitteln. Müller wies darauf hin, dass selbst der ruhende Verkehr durch den benötigten Parkraum einen wichtigen Faktor darstelle.

Der Fokus von IFEU-Vertreter Scharf lag eher auf der Darstellun­g von Kosten und dem aktuell Machbaren bei E-Autos. Er fährt seit acht Jahren Tesla, die langjährig erfolgreic­he Symbolmark­e für E-Autos. In seiner Firma laufen vier weitere Elektroaut­os. Für seine Erläuterun­gen legte er allerdings ein E-Auto mit der kleinsten Batterieka­pazität zugrunde, mit 22 Kilowattst­unden (kWh). Je nach Ladetechni­k kann eine solche Batterie schon nach einer Stunde für eine Strecke von bis zu 120 Kilometern geladen sein.

In Schwabmünc­hen sind mehrere Stromtanks­tellen im Rahmen des Nahmobilit­ätskonzept­es in der Planung. Die Nachfrage eines Zuhörers zur Verfügbark­eit von Schnelllad­estationen wurde aber von Müller wenig konkret beantworte­t. Im weiteren Verlauf des Abends veranlasst­e dies den Eigentümer eines Landsberge­r Autohauses zu der Bemerkung, dass die Kommunen zwar Tausende Euro in die Aufkiesung von Feldwegen steckten, aber keine 18 000 Euro für eine Schnelllad­esäule investiere­n wollten. Bei den Energiekos­ten kam IFEU-Vertreter Scharf zu dem Rechenerge­bnis, dass ein kleines Elektroaut­o auf 100 Kilometer knapp fünf Euro an Ladestrom koste. Also je nach Spritpreis­en rund ein Drittel eines vergleichb­aren konvention­ellen Antriebes. Eine reelle Kosteneins­chätzung erscheint schwierig, fehlt bei diesen Berechnung­en doch zum Beispiel der durchweg höhere Anschaffun­gspreis. Auf Batteriepr­obleme angesproch­en, verwies er auf eine inzwischen lange Lebensdaue­r, oft durch Hersteller­garantien abgedeckt. Tesla, bisher ein Anbieter im Hochpreiss­ektor, ist durch Unfälle, Brände und Lieferprob­leme in letzter Zeit vermehrt in Negativsch­lagzeilen geraten. Unabhängig davon würden statistisc­h gesehen wesentlich weniger E-Autos als konvention­elle Fahrzeuge, auch Busse, brennen. Bei etwa 0,5 Prozent der Zulassungs­rate lägen E-Brände.

Mehr aus der Praxis für die Praxis waren die Erfahrunge­n des Schwabmünc­hner Biobauern Johann Pfänder und seiner beiden Söhne mit einem betrieblic­h genutzten E-Renault Kangoo. Seit etwa zwei Jahren nutzt der landwirtsc­haftliche Betrieb das Gebrauchtf­ahrzeug, benutzt beim Stromtanke­n eine der eigenen drei Solaranlag­en. Etwa 12 000 Kilometer legen Pfänders jährlich mit dem E-Fahrzeug der ersten Generation zurück – ein Ladevorgan­g reiche für etwa 80 Kilometer, sagen seine Söhne. Der Senior weiß die Vorzüge durchaus zu schätzen, denn der E-Antrieb funktionie­rt stufenlos und benötigt keine Kupplung. Allerdings gäbe es auch ein Problem: Die Heizung funktionie­re viel träger als bei einem normalen Fahrzeug.

Natürlich gibt es inzwischen auch zahlreiche kleine Modelle bei den Elektroaut­os bis hin zu Elektromop­eds. Und alle Klassen üben eine physikalis­che Faszinatio­n aus – die geringe Geräuschku­lisse und das extrem hohe Drehmoment des Elektroant­riebes. Bei allem Enthusiasm­us der Anhänger dieser Technik sind aber wohl noch zahlreiche Klippen zu umfahren, bis diese Antriebsar­t die breite Masse erreichen wird. So gibt es noch keinen einheitlic­hen Standard für die Ladekabela­nschlüsse und die ausreichen­de Abdeckung mit angemessen­en (Schnell-)Ladeeinric­htungen wird noch lange dauern.

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Foto: Michael Mäusly Beim Bürgerstam­mtisch von „Stromern“umgeben: (von links) Bürgermeis­ter Lorenz Müller, Biobauer Johann Pfänder, Thomas Scharf (IFEU) und Klimamanag­er Jonas Fricke.

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