Elektroautos in der Diskussion
Fachleute berichten über Reichweite, Ladedauer und Energiekosten. Schwabmünchen will Stromtankstellen
Der Betrieb von E-Autos ist „schwäbisches Diridari“, wenn man Thomas Scharf von der Unterallgäuer Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität (IFEU) Glauben schenkt. Ein vergleichbarer Benziner oder selbst Diesel seien bei den Kilometerkosten bis zu dreimal teurer, rechnet der Referent dem Bürgerstammtisch in der Schwabmünchner Wertachau vor. Auch die reale Reichweite sei weniger ein Problem, denn laut Teslafahrer Scharf liegen 98 Prozent der Fahrten unter 100, bayernweit bei etwa 40 Kilometer pro Strecke. Dies sei für die heutige Stromergeneration gar kein Problem.
Eingeladen hatten zu der Veranstaltung im Restaurant Wertachau der regionale Klimaschutzmanager des Augsburger Landratsamtes, Jonas Fricke, und seine Kollegin Margit Spöttle (Kreisklimaschutzbeauftragte) in Kooperation mit der Stadt Schwabmünchen.
Zum einen weckt das Thema zunehmend hohes Interesse, zum anderen bot sich für diese Veranstaltung Schwabmünchen besonders an, weil dort aktuell ein Nahmobilitätskonzept entwickelt wird. Bürgermeister Lorenz Müller freute sich über den gewählten Ortsteil, denn hier hatte der Stromversorger Lechwerke 2017 das deutschlandweit einmalige Projekt „Smart Operator“zur Erprobung intelligenter Technologien durchgeführt.
Ziele des Nahmobilitätskonzeptes Schwabmünchen sind ähnlich wie in Augsburg unter anderem die Steigerung der Fahrradfreundlichkeit sowie die Geschwindigkeitsreduzierung im Stadtbereich. Weiterentwickelt bedeute dies auch die Vernetzung verschiedener Mobilitätsformen, von der E-Mobilität über Fußgänger bis hin zu den öffentlichen Nahverkehrsmitteln. Müller wies darauf hin, dass selbst der ruhende Verkehr durch den benötigten Parkraum einen wichtigen Faktor darstelle.
Der Fokus von IFEU-Vertreter Scharf lag eher auf der Darstellung von Kosten und dem aktuell Machbaren bei E-Autos. Er fährt seit acht Jahren Tesla, die langjährig erfolgreiche Symbolmarke für E-Autos. In seiner Firma laufen vier weitere Elektroautos. Für seine Erläuterungen legte er allerdings ein E-Auto mit der kleinsten Batteriekapazität zugrunde, mit 22 Kilowattstunden (kWh). Je nach Ladetechnik kann eine solche Batterie schon nach einer Stunde für eine Strecke von bis zu 120 Kilometern geladen sein.
In Schwabmünchen sind mehrere Stromtankstellen im Rahmen des Nahmobilitätskonzeptes in der Planung. Die Nachfrage eines Zuhörers zur Verfügbarkeit von Schnellladestationen wurde aber von Müller wenig konkret beantwortet. Im weiteren Verlauf des Abends veranlasste dies den Eigentümer eines Landsberger Autohauses zu der Bemerkung, dass die Kommunen zwar Tausende Euro in die Aufkiesung von Feldwegen steckten, aber keine 18 000 Euro für eine Schnellladesäule investieren wollten. Bei den Energiekosten kam IFEU-Vertreter Scharf zu dem Rechenergebnis, dass ein kleines Elektroauto auf 100 Kilometer knapp fünf Euro an Ladestrom koste. Also je nach Spritpreisen rund ein Drittel eines vergleichbaren konventionellen Antriebes. Eine reelle Kosteneinschätzung erscheint schwierig, fehlt bei diesen Berechnungen doch zum Beispiel der durchweg höhere Anschaffungspreis. Auf Batterieprobleme angesprochen, verwies er auf eine inzwischen lange Lebensdauer, oft durch Herstellergarantien abgedeckt. Tesla, bisher ein Anbieter im Hochpreissektor, ist durch Unfälle, Brände und Lieferprobleme in letzter Zeit vermehrt in Negativschlagzeilen geraten. Unabhängig davon würden statistisch gesehen wesentlich weniger E-Autos als konventionelle Fahrzeuge, auch Busse, brennen. Bei etwa 0,5 Prozent der Zulassungsrate lägen E-Brände.
Mehr aus der Praxis für die Praxis waren die Erfahrungen des Schwabmünchner Biobauern Johann Pfänder und seiner beiden Söhne mit einem betrieblich genutzten E-Renault Kangoo. Seit etwa zwei Jahren nutzt der landwirtschaftliche Betrieb das Gebrauchtfahrzeug, benutzt beim Stromtanken eine der eigenen drei Solaranlagen. Etwa 12 000 Kilometer legen Pfänders jährlich mit dem E-Fahrzeug der ersten Generation zurück – ein Ladevorgang reiche für etwa 80 Kilometer, sagen seine Söhne. Der Senior weiß die Vorzüge durchaus zu schätzen, denn der E-Antrieb funktioniert stufenlos und benötigt keine Kupplung. Allerdings gäbe es auch ein Problem: Die Heizung funktioniere viel träger als bei einem normalen Fahrzeug.
Natürlich gibt es inzwischen auch zahlreiche kleine Modelle bei den Elektroautos bis hin zu Elektromopeds. Und alle Klassen üben eine physikalische Faszination aus – die geringe Geräuschkulisse und das extrem hohe Drehmoment des Elektroantriebes. Bei allem Enthusiasmus der Anhänger dieser Technik sind aber wohl noch zahlreiche Klippen zu umfahren, bis diese Antriebsart die breite Masse erreichen wird. So gibt es noch keinen einheitlichen Standard für die Ladekabelanschlüsse und die ausreichende Abdeckung mit angemessenen (Schnell-)Ladeeinrichtungen wird noch lange dauern.