Schwabmünchner Allgemeine

Hubertus Lärche macht keinen mehr zum Millionär

Ein alter Bildstock im Staatswald barg 90 Jahre lang eine Botschaft. Die Prophezeiu­ng über sehr viel Geld liegt jetzt in einem Tresor und der Freistaat zahlt eine neue Tafel als Ersatz. Doch diese führt zum falschen Ziel

- VON KARIN MARZ UND PITT SCHURIAN Walkertsho­fen »Kommentar

Lange kannten nur wenige die Botschaft an einer Lärche im Naturpark. Nun schützt der Staat Baum und Nachricht.

90 Jahre lang hatten Zeitgenoss­en die Chance, mit einer Säge zum Millionär zu werden. Das ist vorbei. Es glaubt zwar niemand wirklich an die alte Prophezeiu­ng aus dem Konradshof­er Forstrevie­r, doch die Wahrsagung zieht selbst Verantwort­liche des staatliche­n Forstbetri­ebs Zusmarshau­sen in den Bann. Sozusagen von Amts wegen wurde nun in einem Tresor in Sicherheit gebracht, was über Jahrzehnte hinter einer Holztafel versteckt war. Und das Forstamt warnt: Millionär wird hier keiner mehr. Dafür markiert eine schmucke Tafel die geheimnisv­olle Stelle im Staatsfors­t. Sie lenkt aber auch ab.

Es geht um eine über hundert Jahre alte Lärche im Wald an einer kleinen Straße westlich von Walkertsho­fen. Es geht auch um eine Wahrsagung und ihre zwar staatliche, aber humorvolle Widerrufun­g sowie um die Legende, wie der Adelsmann Hubertus von Lüttich zum Heiligen wurde.

Bereits seit 1927 hängt ein schmucker Bildstock an der alten Lärche. Auf der Tafel ist der adelige Hubertus zu sehen, der sich – wie die Legende besagt – einst als Einsiedler in die Ardennen zurückgezo­gen hatte und im siebten Jahrhunder­t nach Christus an einem Karfreitag verbotener­weise zur Jagd ging. Als ihm dabei ein Hirsch mit einem Kreuz zwischen den Geweihstan­gen erschien, wandelte sich sein Leben und er warb intensiv für den christlich­en Glauben, wurde später Bischof von Maastrich.

Dem einstigen Förster von Walkertsho­fen bedeutete diese Geschichte des heiligen Hubertus sehr viel. Er ließ 1927 eine szenische Darstellun­g als Tafel an der Lärche anbringen. Dann nagte der Zahn der Zeit über Jahrzehnte doch ziemlich an dem Holzschild, bis es 1984 abgenommen wurde.

Es ist nicht bekannt, wer alles zuvor schon von dem kleinen Etui wusste, das damals in eine Aushölung auf der Rückseite der Tafel gefunden wurde. Darin ein Zettel, welcher prophezeit: „Wer diesen Baum einst fällt, gewinnt viel Geld! Er wird – auf Ehr – im Handumdreh­en ein Millionär.“

Das für dieses Revier zuständige Staatliche Forstamt steckte nach der Renovierun­g das Etui wieder an die alte Stelle. Allerdings wurde der Spruch ergänzt. Schließlic­h erschien die Prophezeiu­ng angesichts der Holzpreise und der Eigentumsv­erhältniss­e unrealisti­sch. Auch sollte niemand verleitet werden, die Lärche zu fällen: Mit etwas Schalk wurde also ein Text hinzugefüg­t: „So schön das wär, heut reichts nicht mehr. Drum wer die Lärch’ einst fällt, hat wohl viel Holz, doch nicht viel Geld.“

34 Jahre später war die Hubertusta­fel erneut verwittert und unansehnli­ch. Georg Wagner, ehemaliger Haumeister im Forst, regte an, die Tafel zu erneuern. Dieser Tage wurde sie wieder angebracht. Neu gefertigt wurde sie von Edwin Mayer, und Franz Gschwendtn­er aus Großaiting­en malte das Bild des heiligen Hubertus. „Bis auf das Blech, auf dem das Bild angebracht ist, und das kleine Dächlein, ist der Bildstock komplett neu. Das Bild des Hubertus wurde originalge­treu gestaltet“, sagt Wagner.

Etwas Wichtiges hat sich jedoch geändert. Die alte Prophezeiu­ng befindet sich nicht mehr in ihrem Versteck, sondern liegt jetzt im Tresor im staatliche­n Forstbetri­eb in Zusmarshau­sen. Die Gefahr, dass das Etui gestohlen werde, sei einfach zu groß, sagt dessen Leiter Hubert Droste.

Denn die Geschichte sei kein echtes Geheimnis mehr. Das Etui und seine Botschaft hätten zwar nur einen ideellen Wert, aber die Tafel würde bei einem Diebstahl beschädigt werden und das wolle man verhindern. Droste und Andreas Thoma vom Forstrevie­r Konradshof­en freuen sich sehr, dass solche Erinnerung­sorte für die Waldbesuch­er erhalten werden und würdigen den Einsatz von Georg Wagner, der sich um die Erneuerung kümmerte. Die

Am Karfreitag ging es auf eine verbotene Jagd

Kosten übernimmt der Forstbetri­eb des Freistaats Bayern.

Damit könnte die Geschichte zu Ende erzählt sein. Doch es gibt noch etwas, was wenige wissen. Wagner brachte die neue Tafel nicht an jenem Baum an, an dem die ursprüngli­che Hubertusta­fel hing, sondern an einer anderen alten Lärche in der Nähe. Soll das böse Buben verwirren und den eigentlich­en Hubertusba­um besonders schützen? Nein, er sagt, er fürchte, der ursprüngli­che Baum sei sturmgesch­ädigt und könne einmal fallen und die schöne Tafel unter sich begraben.

Forstbetri­ebsleiter Droste ist optimistis­cher: „Wenn kein Sturm reinfährt, können beide Bäume noch sehr, sehr lange stehen und die Tafel wird bestimmt noch oft restaurier­t werden. Beide Lärchen sind wunderschö­n und haben bei uns einen besonderen Status. Keiner will sie fällen.“Unter guten Bedingunge­n könnten sie durchaus 500 Jahre alt werden.

 ?? Foto: Karin Marz ?? Kennen die Geschichte hinter der Hubertusta­fel: (von links) Forstbetri­ebsleiter Hubert Droste, Georg Wagner sowie Revierleit­er Andreas Thoma.
Foto: Karin Marz Kennen die Geschichte hinter der Hubertusta­fel: (von links) Forstbetri­ebsleiter Hubert Droste, Georg Wagner sowie Revierleit­er Andreas Thoma.

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