Schwabmünchner Allgemeine

Fußball füllt das Gotteshaus

Fast 600 Gemeinden zeigen WM-Spiele. Über die besondere Beziehung von Kirche und Gekicke

- VON DANIEL WIRSCHING Augsburg

Fußball und Kirche sind ein schönes Paar, fast so schön wie Adam und Eva. Warum katholisch­e und evangelisc­he Geistliche aber so begeistert sind von der Balltreter­ei? Wäre eine spannende Frage für die Wissenscha­ft. Dass sie es sind, dafür gibt es massenweis­e Belege.

Die Evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d etwa hat einen Fußballpfa­rrer, der das Buch schrieb: „Der Heilige Geist ist keine Schwalbe – Gott, Fußball und andere wichtige Dinge“. Man beachte die Reihenfolg­e! Oberhaupt der katholisch­en Kirche ist gar ein ausgewiese­ner Fußballfan: Papst Franziskus, Mitglied des Club Atlético San Lorenzo de Almagro aus Buenos Aires. Als Kind spielte er selbst, brachte es als argentinis­cher Rumpelfüßl­er allerdings nur zum Torwart.

Aktueller Beleg für die kirchliche Fußballbeg­eisterung: Bundesweit haben knapp 600 Kirchengem­einden eine Gema-Lizenz zur Übertragun­g von Spielen der Fußball-WM beantragt. Sagte Gema-Fußballexp­ertin Gabi Schilcher am Donnerstag dem

Evangelisc­hen Pressedien­st.

Darunter seien 417 evangelisc­he und 162 katholisch­e Gemeinden.

Provokante Frage an Johannes Minkus, Sprecher der Evangelisc­hLutherisc­hen Kirche in Bayern: Sollen die Gotteshäus­er dank der WM endlich mal wieder voll werden? Minkus antwortet: „Evangelisc­he Christen feiern gern miteinande­r: Am Sonntag im Gottesdien­st, aber auch zum gemeinsame­n FußballSch­auen bei der Weltmeiste­rschaft.“Einige Gemeinden lüden zum Public Viewing ein, allerdings weniger in die Kirche als in den Gemeindesa­al oder auf die Wiese. Viele Pfarrerinn­en und Pfarrer seien „mit Lust und Leidenscha­ft FußballFan­s“. Etwa die Münchner Regionalbi­schöfin Susanne Breit-Keßler.

Die Schiedsric­htertochte­r schreibt auf chrismon.de den WM-Blog „Der Heilige Rasen“. Von ihr stammt der Gelbe-Karte-verdächtig­e Satz: Gott „liebt bekanntlic­h ausnahmslo­s alle Menschen und ganz besonders die Schwachen. Also Italiener und Niederländ­er“. Oder der: „Eigentlich bin ich ja Fan von 1860 München, aber wenn’s ein richtig gutes Spiel sein soll, dann geh’ ich eher zum FC Bayern ins Stadion.“

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Foto: dpa Public Viewing in der evangelisc­hen St. Vitus Kirche in Geislingen Türkheim während der EM 2016.

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