Flotter Zweier
Beim Heimweltcup starten Elena Apel und Sideris Tasiadis im womöglich bald olympischen Canadier-Mixed-Wettbewerb. Ein Besuch bei der Trainingspremiere
So recht wissen Elena Apel und Sideris Tasiadis nicht, worauf sie sich da eingelassen haben. Vor rund zwei Wochen reifte in den beiden Slalomkanuten der Entschluss, sie könnten beim Heimweltcup in Augsburg als Paar antreten. Nun also steigen die Wildwassersportler ins Boot, schnallen sich knieend fest und zurren den Spritzwasserschutz fest. „Wahrscheinlich fehlt noch das Gefühl für den anderen“, sagt Tasiadis, ehe er sich mit seiner Partnerin vom Rand des Kanals abstößt. Ein paar Minuten der Eingewöhnung gönnen sich die Profisportler der Kanu Schwaben Augsburg (KSA) auf einem Nebenkanal, danach biegen sie links ab, passieren die Schleuse und stürzen sich in den Eiskanal.
Bisher sahen die Kanuten in der Canadier-Kombination aus Männlein und Weiblein eine spaßige Ergänzung ihres Wettkampfprogramms. Seit Anfang April verhält es sich anders. Der Internationale Kanuverband (ICF) hat ohne Vorankündigung die Disziplin Canadier-Zweier der Männer gestrichen, stattdessen soll neben den olympischen Disziplinen Canadier-Einer und Kajak-Einer für Männer und Frauen noch die Disziplin ZweierMixed gefahren werden. Dem Weltverband hat das Kritik eingebracht, Tasiadis, 2012 in London Silbermedaillen-Gewinner, kann den Entschluss des ICF hingegen nachvollziehen. „In erster Linie geht es um Gleichberechtigung“, betont der 28-Jährige. Zum Hintergrund: Das Olympische Komitee (IOC) setzt sich gezielt dafür ein, dass Sportarten gleiche Wettbewerbe für beide Geschlechter anbieten.
Hätte der ICF den CanadierWettbewerb nicht reformiert, wäre womöglich das Doppel komplett aus dem Programm genommen worden. So aber sind die Chancen gestiegen, weiterhin olympisch zu bleiben. Ob der Mixed-Wettbewerb bei den nächsten Sommerspielen in Tokio ausgetragen wird, darüber wird das IOC noch entscheiden.
Die Augsburger Tasiadis und Elena Apel zeigen sich jedenfalls offen, eine Olympia-Teilnahme im C2 schließen sie grundsätzlich nicht aus. Wobei gerade Vielfahrerin Apel – sie misst sich im Kajak und Canadier – gut ausgelastet ist. Vorerst geht es ihr und Tasiadis daher darum, in drei Wochen vor heimischem Publikum einen guten Eindruck zu hinterlassen. Zwingend erforderlich dafür: das Gefühl für den Mitfahrer.
Apel schildert ihre ersten Eindrücke, an das längere, teils trägere Boot musste sie sich gewöhnen. Auch daran, dass von hinten kräftig angeschoben wird, weil Tasiadis mit mehr Kraft, aber niedrigerer Frequenz paddelt. Nicht zu vergessen die persönliche Komponente. „Es ist extrem wichtig, sich gut zu verstehen. Man muss gemeinsam einen Plan umsetzen“, betont die 19-jährige Apel.
Während des Trainings gewöhnen sich die beiden im Boot aneinander. Passage um Passage durchkreuzen sie das wilde Wasser, während Wellen ans Boot peitschen. Wiederholt schieben sie sich mit ihren Stechpaddeln an den Betonrand, atmen durch, tauschen sich aus und kämpfen dabei mit ihren Stimmen gegen den rauschenden Bach an – ehe sie sich erneut in die Wellen stürzen. Teils von neuseeländischen Trainern beobachtet, die mit ihren Schützlingen in Augsburg trainieren. Krachend verhindert Tasiadis mehrmals mit dem Paddel, dass das Boot am Rand entlangschleift.
Nicht alles will bei der Premiere des Duos funktionieren – teils, weil das abgenutzte Boot nicht höheren Ansprüchen genügt. Mit einem Grinsen merkt Tasiadis an, vielleicht lasse sich sein Sponsor noch für ein neues Boot erweichen. Denn eines stellt der 28-jährige Modellathlet klar: Wenn er beim Weltcup antritt, will er gewinnen. „Das ist immer die Motivation“, betont er. Dafür trainiere er das ganze Jahr.
Wie die Chancen der Augsburger stehen, lässt sich schwerlich sagen. Zwei-, dreimal wollen sie noch gemeinsam trainieren, mehr gemeinsame Trainingseinheiten lässt der vollgepackte Wettkampfkalender in den nächsten Wochen nicht zu.
Erleichtert wird das Unterfangen dadurch, dass sich die KSA-Kombo nicht qualifizieren musste. Der Deutsche Kanu-Verband besitzt drei Startplätze im Canadier-Mixed, nur ein deutsches Team war qualifiziert. Apel/Tasiadis erhielten für ihr Heimrennen eine Wildcard.
„In erster Linie geht es um Gleichberechtigung.“Slalomkanute Sideris Tasiadis